Berlin. Zeltlager im Invalidenpark in Berlin-Mitte ist „erlaubnisfrei“. Warum das so ist und welche Auflagen dennoch gelten, erklären wir.

Angemeldete Demonstrationen, aber auch Aktionen des zivilen Ungehorsams stehen im Zentrum der „Frühlings-Rebellion“ der Klimaaktivisten von Extinction Rebellion (XR). Zuletzt am Freitagmorgen besetzte die Abspaltung Animal Rebellion den Sitz des Deutschen Bauernverbandes in Berlin-Mitte. Zentraler Treffpunkt der Klimaschützer ist dabei das Protestcamp im Invalidenpark. Nach Veranstalterangaben nächtigen hier derzeit 200 Menschen, ungefähr 500 Personen halten sich tagsüber dort auf. Warum es aus Sicht der Polizei zulässig ist, welche Bedenken der Bezirk hat und wer für mögliche Schäden aufkommt, hat die Berliner Morgenpost bei den zuständigen Behörden nachgefragt.

„Versammlungen unter freiem Himmel sind nicht genehmigungs-, sondern lediglich anzeigepflichtig“, heißt es dazu von der Pressestelle der Polizei. Entsprechendes regele Paragraf 12 des Versammlungsfreiheitsgesetzes von Berlin. Dass diese „Erlaubnisfreiheit“ auf öffentlichen Flächen auch für ein über mehrere Tage geplantes Zeltlager gilt, liegt an der Auslegung des Rechts. Das Protestcamp sei eine „neuere, zunehmend Verbreitung findende Form des kollektiven Protests“, zitiert die Polizei ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem vergangenen Jahr.

Berlin: Protestcamp ist „erlaubnisfreie Veranstaltung“

Eine Beschränkung, ein Verbot oder eine Auflösung nach Beginn sind nach Berliner Recht dennoch möglich. Da es sich bei der Versammlungsfreiheit um ein Grundrecht handelt, liegen die Hürden dafür jedoch sehr hoch. Dazu muss „die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet“ sein, heißt es in dem Gesetz.

Mehr zum Klima-Protest in Berlin:


Selbst wenn das am Ort des Protestcamps nicht der Fall ist, könnte ein Hebel sein, wenn die Veranstaltung „geeignet oder dazu bestimmt ist, Gewaltbereitschaft zu vermitteln“. Bevor es jedoch auch nur zu Beschränkungen kommen darf, muss die Polizei als Versammlungsbehörde versuchen, „Unstimmigkeiten“ mit den Veranstaltern zu klären. Sie hat dazu eine „Kooperationspflicht“.

Das Protestcamp von Extinction Rebellion im Invalidenpark.
Das Protestcamp von Extinction Rebellion im Invalidenpark. © bm-infografik | Babette Ackermann-Reiche

Da es sich beim Invalidenpark um eine geschützte Grünanlage handelt, tauschen sich Polizei und das zuständige Bezirksamt Mitte üblicherweise im Vorfeld aus. Im konkreten Fall hat Extinction Rebellion die lokale Behörde bereits am 6. Februar selbst über ihr Vorhaben informiert.

Eine offenbar vom Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks gewünschte räumliche Beschränkung ist dabei von der Polizei vor dem Hintergrund der Rechtsprechung jedoch abgelehnt worden. Durchgewunken wurden jedoch andere Auflagen.

Laut Bezirksamt ist etwa die „Anzahl der Aufbauten so gering wie möglich zu halten, um Schäden an der Vegetation und der Bodenökologie zu vermeiden“, heißt es aus der Pressestelle in Mitte. Außerdem dürfen die Zelte nicht durch Heringe oder vergleichbare Elemente befestigt werden, zulässig sind nur Gewichte. Hintergrund ist, dass sich laut Bezirksamt unter der Rasenfläche eine Beregnungsanlage befindet, die sonst beschädigt werden könnte.

Bezirksamt Mitte macht Extinction Rebellion Auflagen

Außerdem müssen anfallender Müll, Plakate und verbleibendes Info-Material und die Zelte nach Ende der Veranstaltung selbstständig entfernt werden. Jeglicher Lärm ist zu vermeiden, um Vögel in der sensiblen Brutphase nicht zu beeinträchtigen. Um Schäden später nachweisen zu können, führt der Bezirk im Vorfeld eine Zustandserhebung durch. Verstöße, wie mit Heringen befestigte Zelte, gibt es offenbar bereits jetzt.

Klimaaktivisten beim Aufbau des Protestcamps im Berliner Regierungsviertel am Mittwoch.
Klimaaktivisten beim Aufbau des Protestcamps im Berliner Regierungsviertel am Mittwoch. © epd | Juergen Blume

Für den Bezirk Mitte und seine Grün- und Erholungsanlagen sind die meist im Berliner Regierungsviertel aufgebauten Protestcamps nach eigenen Angaben eine große Belastung. Demnach sind regelmäßig Großer Tiergarten, Spreebogenpark und Platz der Republik betroffen. Seit Aufkommen der Klimabewegung um Fridays for Future gehöre dazu auch der Invalidenpark.

Mehr aus Mitte, Gesundbrunnen und Wedding lesen Sie hier:


Bei den Veranstaltungen von Fridays for Future handele es sich in der Regel um eintägige Ereignisse nur mit einer Bühne, die bisher keine nennenswerten Schäden verursacht hätten. „Zelte und Aufbauten bei Camps haben aber eine andere Qualität.“ Die Behörde befürchtet deswegen eine Vermüllung, die Verdichtung von Oberflächen und Schäden an der Beregnungsanlage. Die Beseitigung Letzterer allein könnte mehrere tausend Euro kosten.

Geplant ist, dass die „Frühlings-Rebellion“ am Montag, den 17. April, endet. Klimaschutzaktivisten der „Letzten Generation“ haben aber bereits weitere Aktionen direkt im Anschluss und verschärft ab dem 24. April bis Anfang Mai angekündigt. Die von Extinction Rebellion unabhängige Gruppe macht vor allem mit Straßenblockaden von sich Reden und will Berlin „zum Stillstand“ bringen.