Berlin. Das Engelbecken erholt sich. Die ersten Sanierungsmaßnahmen zeigen Wirkung. Es sehe ganz so aus, als sei man auf einem guten Weg, das Engelbecken langfristig zu erhalten, sagt die zuständige Umwelt-Stadträtin Almut Neumann (Grüne) vom Bezirksamt Mitte.
Das ökologische Gleichgewicht des Engelbeckens ist seit Jahren gestört. Anwohner hatten schon im Jahr 2017 auf die „trübe Brühe“ hingewiesen. Der kleine See an der Grenze von Mitte zu Kreuzberg drohe zu verrotten, die schmalen Liegewiesen am Wasser seien vermüllt, die Rede war von Brennnessel- und Graffiti-Wildwuchs.
Kontaminierter Schlamm
Die ersten Untersuchungen ergaben: Das Engelbecken ist in Gefahr „umzukippen“, es könne zu einem Fischsterben kommen. Der Beckenboden sei mit 20 Zentimeter Schlamm bedeckt, hieß es im ersten Gutachten vor drei Jahren. Diese Schlammschicht wird jedes Jahr um etwa ein Zentimeter dicker und ist erheblich kontaminiert, vor allem mit Blei, aber auch Kupfer und Polyaromatische Wasserstoffe.
Hole man den Schlamm heraus, müsste er als Sonderabfall entsorgt werden, so gefährlich sei er, berichteten Fachleute kürzlich bei einer Sitzung des Umweltausschusses im Bezirk Mitte am Engelbecken. Das Blei sei überwiegend im Sediment gebunden. Doch auch im Wasser sei zu viel Blei, mit der Trinkwasserverordnung gehe das nicht konform.
Phosphor in Fischen und Algen
In Fischen und Algen wurden bei beiden Gutachten sehr hohe Phosphorwerte gemessen. Sie seien weit höher als bei Fischen in anderen Berliner Gewässern, hieß es in einem zweiten Gutachten vor zwei Jahren. Die Phosphate im Wasser seien verantwortlich für die trübe Brühe. Und sie seien der Hauptgrund für die starke Algenentwicklung. Das Gutachten sagte auch, wie die Phosphate in den Teich gelangen: vor allem über die Ausscheidungen der Wassertiere, aber auch über „permanentes Füttern“ - also durch Engelbecken-Besucher, die Enten und Fische füttern.
Einen Fisch, der mehr Schaden als andere anrichten soll, machten die Fachleute noch aus: Der karpfenartige Friedfisch würde durch „Gründeln“ am Boden die Phosphate immer wieder hochwühlen und wieder in den Kreislauf bringen. Das überfordere die Selbstreinigungskraft des Wassers. Die Friedfische würden Kleinkrebse und Wasserflöhe dezimieren, und eben die benötige man eigentlich als Algenverspeiser.
Abfischen soll Fischsterben verhindern
Seitdem wurde einiges versucht: Das Umweltamt Mitte ließ Schilder aufstellen, die Besuchern klarmachen sollen, dass das Füttern schädlich ist. Zweimal wurden Röhrichtinseln neu angepflanzt. Die Mitarbeiter des Fischereiamtes setzten Raubfische, Hechte und Flussbarsche ein, sie sollen die Weißfische fressen und so ihren Bestand damit reduzieren. Außerdem wurde zweimal eine „Reduktionsfischung“ durchgeführt. Beim ersten Mal vor zwei Jahren wurden zwölf Kilo herausgeholt, diesmal lediglich rund fünf Kilogramm.
Umwelt-Stadträtin Almut Neumann kündigte an, dass in nächster Zeit nicht mehr abgefischt werde. Berücksichtige man die Ergebnisse, könne man davon ausgehen, dass der Fischbestand derzeit ein verträgliches Maß hat.
Tausend Kilogramm Fische
Das Fischereiamt hatte vor einigen Jahren nach einer „Probefischung“ errechnet, dass in dem knapp ein Hektar großen und ein Meter tiefen Becken tausend Kilogramm Fische leben: Überwiegend Plötzen, Giebel, afrikanisch Zwergwelse. Beide Reduktionsfischungen deuteten allerdings nicht auf so große Fischmengen im Engelbecken hin. Das wurde von den Fachleuten vor allem darauf zurückgeführt, dass der Einsatz der Raubtierfische sich offensichtlich bewährt habe.
Gegen das Abfischen hatte es immer wieder Protest gegeben. Zwar wurden die Raubfische danach wieder ins Wasser eingesetzt, aber eben nicht die Weißfische. Sie wurden wegen der hohen Belastungen getötet und entsorgt. Tierschützer hatten sich dagegen gewehrt. Neumann argumentiert, die Befischung sei als „Zwischenlösung“ sehr wichtig gewesen um das Sterben sämtlicher Fische zu verhindern.
Als nächstes ist das Algenproblem dran
In einem nächsten Schritt soll die Nährstoffbelastung und das Algenproblem angegangen werden. Das Umwelt- und Naturschutzamt Berlin Mitte hat aktuell ein Gutachten ausgeschrieben, welches weitere Sanierungsmaßnahmen konkretisieren soll. Ziel sei eine „passgenaue Maßnahme“, die Nährstoffe im Wasser zu reduzieren, sagte Neumann. Laut Plan soll diese Maßnahme im Jahr 2024 umgesetzt werden.