Pläne vorgestellt

Tram auf Leipziger Straße könnte Autoverkehr lahmlegen

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Christian Latz
Straßenbahn in Mitte

Straßenbahn in Mitte

Foto: Soeren Stache / dpa

Zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz sollen in einigen Jahren Straßenbahnen verkehren. So sehen die Pläne aus.

Berlin.  Seit langem schon ist eine Tramverbindung zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz im Gespräch. Richtig konkret wurden die Pläne bisher jedoch nicht. Am Mittwochabend hat die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in der Marienkirche in Mitte Anwohnern und Interessierten nun erstmals ihre bisherigen Planungen vorgestellt.

Haltestellen soll es demnach am Alexanderplatz, am Roten Rathaus und am Molkenmarkt geben. Nach einer Fahrt über die Mühlendammbrücke soll die Tram dann zunächst am Spittelmarkt halten, bevor die Haltepunkte an der Jerusalemer Straße, der Friedrichstraße, Wilhelmstraße und dem Potsdamer Platz folgen. Vielleicht, so Holger Kölling-Orb, bei der Verkehrsverwaltung für den Straßenbahnbau zuständig, könnte die Tram auch bis zum Kulturforum führen. „Wir haben uns vorgenommen, das nochmal zu prüfen.“Ein besonderes Augenmerk legten die Planer bei der Vorstellung ihrer Entwürfe jedoch auf den kritischsten Bereich der Strecke zwischen Friedrichstraße und Potsdamer Platz.

Straßenbahnbau zu Lasten der Autospuren

Hier ist die Straße wie eingepfercht zwischen den Häuserreihen. Der Straßenbahnbau wird deshalb wohl zu Lasten des Autoverkehrs gehen, zumal in beiden Fahrtrichtungen breite Radwege geplant sind. Um die Engstelle zu lösen, haben die Planer zunächst zwei Varianten erarbeitet. Die erste sieht vor, dass der Kfz-Verkehr zwischen Friedrichstraße und Leipziger Platz künftig nur noch über eine Spur je Richtung läuft. Diese müssten sich die Autos zudem mit dem Gleisnetz der Tram teilen.

Dafür erhielte die Straßenbahn über entsprechende Ampelschaltungen an der Zufahrt zum engen Bereich Vorfahrt. Die Autos müssten ihr in diesem Abschnitt folgen und könnten auch nicht an den Haltestellen überholen. „Euphemistisch gesprochen ist das eine Zuflussdosierung durch die Straßenbahn“, sagte Kölling-Orb. Mit anderen Worten: So viele Autos wie bisher können die Straße dann nicht mehr nutzen. Zudem werden sie durch die Haltestellen der Tram weiter ausgebremst. Genau das entspricht jedoch der Vorstellung der Senatsverkehrsverwaltung. Berlin sei eine staugeplagte Stadt, sagte Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese bei der Vorstellung. „Es gibt zu viele Autos mit zu vielen Abgasen. Deswegen müssen wir umsteuern.“ Die Berliner kämen trotzdem über die Strecke. Schließlich befördere ein Straßenbahnzug so viele Menschen wie 145 durchschnittlich besetzte Pkw, zeigen Rechnungen der Senatsverwaltung.

Die zweite Variante sieht weiterhin zwei Spuren je Richtung für den Kfz-Verkehr vor. Auf einer davon würde im engen Abschnitt jeweils auch die Tram geführt. Wegfallen würden dadurch aber alle Linksabbiegespuren zwischen Leipziger Platz und Friedrichstraße. „Linksabbiegen geht dann nicht mehr“, sagte Planer Kölling-Orb. Zudem würden die beiden Fahrspuren je Richtung dann nur auf schmalen fünf Metern geführt.

Planung der neuen Radwege könnte zu heftigen Diskussionen führen

Was in beiden Varianten zu Problemen führen könnte: Die neuen Radwege sollen abwechselnd in je einer Richtung im Haltestellenbereich zwischen Tram und Wartehäuschen geführt werden. Solche Varianten gibt es schon heute bei einigen Tram- und Bushaltestellen in Berlin. Nur sorgen sie immer wieder auch für gefährliche Situationen, da Fußgänger auf dem Radstreifen warten, oder Radfahrer nicht anhalten, wenn Fahrgäste aus der Tram aus- und einsteigen. „Ich weiß, dass die Planung der Radwege zu heftigen Diskussionen führen wird“, sagte Kölling-Orb.

Die Planer betonten daher, dass die Entwürfe erst vorläufig seien. „In der Vergangenheit wurden nicht immer alle Straßenbahnen gut geplant“, gestand Hartmut Reupke, Abteilungsleiter Verkehr in der Senatsverwaltung. Bei der frühzeitigen Beteiligung der Bürger gehe es darum, es besser zu machen. Diese können nun vom 6. Bis zum 20. Juni unter mein.berlin.de schriftliche Anregungen zu dem Projekt übermitteln.

Tramlinie könnte noch Jahre auf sich warten lassen

Die Reaktionen des seit langem für die Tramlinie kämpfende Verkehrsbündnis Changing Cities fiel gemischt aus. „Changing Cities unterstützt die Straßenbahnpläne auf der Leipziger Straße sehr“, sagte Stefan Lehmkühler. Die bisherigen Entwürfe stellten das Bündnis jedoch nicht zufrieden. „Wir arbeiten an einem dritten Konzept, das sicherstellt, dass der Autoverkehr fließen kann und trotzdem der Radverkehr geschützt ist und die Tram eine eigene Gleisanlage bekommt.“ Scharfe Kritik kam vom ADAC. Der Automobilclub befürchtet massive Einschränkungen für den Autoverkehr. Schon jetzt stocke es regelmäßig, insbesondere im Berufsverkehr. „Kaum vorstellbar, wie es hier aussieht, wenn Autos nur auf einer Spur unterwegs sein können und dann im Pulks hinter der Straßenbahn“, sagte ADAC-Sprecherin Sandra Hass. Der Verein befürchte extreme Rückstaus. An einen flächendeckenden Umstieg der Autofahrer auf die Tram glaubt Hass nicht. „Es ist utopisch, davon auszugehen, dass mit dem Start der Straßenbahn alle Autofahrer umsteigen.“

Wann genau die erste Tram über die Leipziger Straße rollen wird, ist derzeit indes noch völlig offen. Die Planer sprechen aktuell von einer Fertigstellung bis 2027. Festlegen wollte sich darauf jedoch keiner der Planer. Zunächst muss unter anderem die marode Mühlendammbrücke neugebaut werden. Damit wird allerdings nicht vor 2025 begonnen.

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