Verwaltungsgericht

Die St. Hedwigs-Kathedrale darf umgebaut werden

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Hans H. Nibbrig
Der Zugang zur Unterkirche der St.-Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz in Mitte soll geschlossen werden.

Der Zugang zur Unterkirche der St.-Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz in Mitte soll geschlossen werden.

Foto: Reto Klar

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Umbau der Hedwigs-Kathedrale als unzulässig abgewiesen.

Berlin. Vor drei Jahren hat das Erzbistum Berlin beschlossen, den Innenraum der St.-Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz komplett neu zu gestalten. Seither gibt es massiven Widerstand gegen den geplanten Umbau, bei mehreren Berliner Gerichten gingen Klagen ein. Wie groß das Interesse am Thema und den heftig umstrittenen Baumaßnahmen ist, zeigte sich am Mittwoch am Verwaltungsgericht. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Richter Marcus Rau eine Klage wegen vermeintlicher Verletzung des Denkmalschutzes verhandelte. Und am Ende verkündete: Die Klage wird abgewiesen.

Der Richterspruch ist ein erster Rückschlag für die Kläger in einer Auseinandersetzung, bei der es im Kern um ein Loch geht. Das befindet sich – derzeit noch – in der Mitte des Rundbaus der Bischofskirche und gibt den Blick in die sogenannte Unterkirche frei. Durch seine Größe (etwa 15 Meter Durchmesser) und seine künstlerische Gestaltung lockt dieser Blickfang seit jeher Besucher an und verleiht der St.-Hedwigs-Kathedrale einen Hauch von Einzigartigkeit.

Entstanden ist die Bodenöffnung beim Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstörten Sakralbaus zwischen 1956 und 1963. Im Zuge der jetzigen Umbaumaßnahmen soll das Loch geschlossen werden. Damit würde auch ein Großteil seiner von mehreren Künstlern geschaffenen prunkvollen Gestaltung verschwinden. Für die insgesamt fünf Kläger war das Grund genug, die Gerichte anzurufen. In ihrer am Mittwoch abgewiesenen Klage werfen sie dem Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Mitte, vor, mit der Genehmigung der Umbauarbeiten gegen Denkmalschutzbestimmungen verstoßen zu haben.

Kläger verweisen auf Bedenken bei Genehmigung

Fünf Einsprüche gegen die Genehmigung wurden zurückgewiesen, daraufhin zogen die Kläger vor Gericht. Dort führten ihre beiden Anwälte am Mittwoch unter anderem aus, Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) habe die Genehmigung gegen die Bedenken der Fachleute seiner eigenen Behörde erteilt. Richter Marcus Rau folgte dieser Darstellung nicht. Er sprach von einer Abwägungsentscheidung der Behörde. Die habe zwischen dem Denkmalschutz und dem liturgischen Interesse des Erzbistums als Eigentümer der Kathedrale abwägen müssen und rechtlich zulässig zugunsten des Eigentümers entschieden.

Das Erzbistum hatte der Denkmalbehörde gegenüber angegeben, man wolle die Bodenöffnung schließen, um die Altarinsel in die Mitte des Kirchenraums verlegen zu können. So solle eine engere Verbindung zwischen Priester und Gläubigen entstehen.

Einer der fünf Kläger, die nicht nur das Verwaltungsgericht angerufen haben, ist der inzwischen hochbetagte Goldschmied Hubertus Förster. Er fertigte beim Wiederaufbau der Kathedrale unter anderem das im Zentrum des Lochs stehende vergoldete Altarkreuz. Bei den anderen vier Klägern handelt es sich um Nachfahren von weiteren am Wiederaufbau beteiligten Künstlern. Darunter ein Neffe des bekannten Architekten Hans Schwippert, nach dessen Entwürfen der gesamte Innenraum der Kirche gestaltet wurde. Schwippert war auch der Architekt des Bundeshauses in Bonn und einiger Gebäude am Berliner Hansaplatz.

Die weiteren Kläger sind Erben des Goldschmieds Fritz Schwerdt, der zusammen mit Förster für die Goldarbeiten zuständig war sowie des Berliner Kunstschmieds Fritz Kühn, der die Balustrade der Erdöffnung schuf und der Textilgestalterin Margaretha Reichardt, von der ein Wandteppich in der Kathedrale stammt. Sie alle mussten am Mittwoch eine erste deutliche Niederlage hinnehmen. Verwaltungsrichter Marcus Rau stellte unmissverständlich fest, das Denkmalschutzgesetz Berlin diene in erster Linie dem allgemeinen kulturstaatlichen Interesse, nicht aber den Interessen Einzelner. Das gelte auch für die Künstler, die an der ursprünglichen Gestaltung des Kirchenraums mitgewirkt hätten, insbesondere aber für deren Erben und Rechtsnachfolger.

Für die Gegner des Umbaus ist das Thema noch nicht erledigt

Richter Rau wies die Klage des Quintetts damit als unzulässig ab. Er äußerte allerdings während der Beweisaufnahme, in dem Fall spielte auch das Selbstbestimmungsrecht der Kirche als Eigentümerin der Kathedrale eine entscheidende Rolle. Ginge es um eine „normale“ unter Denkmalschutz stehende Immobilie, könnte die Entscheidung durchaus anders ausfallen.

Für die Kläger und die zahlreichen anderen Gegner des Umbaus ist das Thema mit dieser Klageabweisung allerdings noch lange nicht erledigt, es ist in ihren Augen lediglich ein Rückschlag. Parallel zu dem am Mittwoch entschiedenen Verfahren sind noch weitere Klagen vor Zivilkammern des Landgerichts anhängig. In denen geht es um Fragen des Urheberrechts und der Kunstfreiheit. Mehreren Experten zufolge sind die Erfolgsaussichten der Kläger in diesen Verfahren deutlich größer. Termine für die laufenden Verfahren sind bislang noch nicht benannt, die mündlichen Verhandlungen sollen aber noch in diesem Jahr stattfinden. Die kontroverse Debatte um das Loch geht damit weiter.

Die katholische Kirche in Berlin

Die St.-Hedwigs-Kathedrale ist die Bischofskirche des Erzbistums Berlin. Sie steht am Bebelplatz nahe dem Boulevard Unter den Linden. Erbaut wurde der charakteristische Rundbau zwischen 1747 und 1773 nach Plänen von Georg von Knobelsdorff.

Das katholische Erzbistum Berlin umfasst die Hauptstadt, den zentralen und nördlichen Teil Brandenburgs, Vorpommern und einen kleinen Teil Sachsen-Anhalts. Oberhaupt von etwa 450.000 Katholiken ist seit 2015 Erzbischof Dr. Heiner Koch.

Die 2015 beschlossene Umgestaltung der Kathedrale ist bis heute heftig umstritten. Derzeit laufen die Vorbereitungen, demnächst beginnen die Ausschreibungen. Das Gebäude ist bereits geschlossen. Der Umbau der Kirche soll voraussichtlich fünf Jahre dauern

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