Das Geschäft “Heimwerk“ besteht seit über 50 Jahren. Nun kündigte der Investor dem Betreiber. Bei anderen Läden ging er ähnlich vor.

Weiße Handschuhe wolle er, sagt ein Kunde, der das Moabiter Handwerksgeschäft „Heimwerk“ gerade betreten hat. Inhaber Michael Mikoleyczak hat gerade eine Lieferung bekommen, genau was der Kunde sucht. Zufrieden bezahlt er, froh, genau hier gekauft zu haben. „Die brauchbaren Geschäfte verschwinden ja immer“, sagt er beim Rausgehen.

Verschwinden: Dieses Schicksal könnte trotz aller Tradition auch Mikoleyczak treffen. Über 50 Jahren existiert das Handwerksgeschäft bereits in Alt-Moabit. Seit 1997 verkauft Mikoleyczak hier Zangen, Lacke, oder auch einzelne Schrauben. Im Kiez ist der Laden eine Institution. Stammkunden kommen in das Geschäft seit vielen Jahren. „Ich kenne Kunden, die damals schon als Kinder hier waren und heute mit ihren Kindern kommen“, sagt Mikoleyczak. Wie lange noch ist unklar. Im Juni erhielt er die Kündigung für den Laden. Zum Jahresende soll er raus mit seinem Geschäft.

Investor nicht an Weitervermietung interessiert

Die Suche nach Ersatzräumen machte ihm schnell klar, wie schwer es werden würde, etwas Bezahlbares im Kiez zu finden. Also wandte er sich in einem Brief an die Hausverwaltung mit der Bitte um Vertragsverlängerung – ohne Antwort. Später versuchte er es erneut und bat in einem Schreiben um Aufschub der Kündigung um ein paar Monate, weil er bis zum Jahresende keinen neuen Laden finden würde – die Hausverwaltung lehnte ab. „Ich habe Angestellte und Familie“, sagt Mikoleyczak. „Hier hängen Existenzen dran.“

Ein neues Vertragsangebot zu höherer Miete sei ihm nie unterbreitet worden. Offenbar geht es dem Besitzer nicht um eine Vermietung des Ladenlokals. Das Haus werde in Eigentumswohnungen umgewandelt. Sobald eine Wohneinheit leer stehe, werde sie Wohneinheit verkauft, sagt er. „Das ist ein knallhartes Geschäft. Es geht nur darum, mit maximalem Profit zu verkaufen.“

Gleicher Investor kündigte auch dem Syndikat in Neukölln

Offenbar eine Praxis, die der Investor des Hauses reihenweise anwendet. Das Haus gehört der in Luxemburg sitzenden Longan Properties S.A.R.L., offensichtlich eine Briefkastenfirma, wie Recherchen anderer betroffener Mieter zeigen. Dahinter verbirgt sich die Pears Global Real Estate, ein von eine Immobilienunternehmen aus London, dem laut eigener Präsentation in Deutschland über 6200 Wohnungen gehören, der Großteil davon in Berlin.

So hatte das Unternehmen stadtweit Gewerbemietern zum Jahresende gekündigt. Neben dem „Heimwerk“ waren es zwischenzeitlich etwa eine Galerie in der Wilsnacker Straße in Moabit und der Blumenladen „Pusteblume“ in der Samariterstraße in Friedrichshain. Auch die linke Szene-Kneipe „Syndikat“ in der Neuköllner Weisestraße, die zum Besitzer Recherchen angestellt hat, erhielt eine Kündigung.

Mikoleyczak hofft noch auf einen Formfehler

Weil die Kündigung des Blumenladens jedoch von der Hausverwaltung Klingsöhr ausgesprochen wurde, die dafür überhaupt keine Vollmacht hatte, stellte sich diese als rechtlich nicht zulässig heraus. Nun wurde der Mietvertrag überraschend um drei Jahre bei einer Mietsteigerung von 15 Prozent verlängert. Auch im Fall der Galerie wurde die Kündigung inzwischen zurück genommen. Auf Ähnliches hofft nun Mikoleyczak. Bei ihm kam die Kündigung ebenfalls von Klingsöhr. Die Prüfung durch seinen Anwalt laufe gerade.

Bei der trotzdem noch laufenden Suche nach einem anderen Laden, bekommt er viel Unterstützung von Nachbarn und Kunden. „Viele Leute zeigen ihre Betroffenheit und wollen helfen“, sagt er. Das sei es, was Kiezleben ausmache. Er möchte mit seinem Geschäft weiter Teil davon sein.

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