Berlin. Alexis lacht, Charlotte, Nino und Lisa auch: Im Eingangsbereich kleben die Mitarbeiter des Berliner Online-Einkaufsportals Monoqi als Polaroid-Bilder auf einer schwarzen Wand. Rechts oben in der Ecke prangt in goldenen Lettern der große Schriftzug der Firma. Doch die goldenen Zeiten liegen bei Monoqi längst zurück. Innerhalb von sechs Jahren war der Shopping-Club, der seinen Mitgliedern Wohnaccessoires und Designer-Möbel verkauft, zwar stark gewachsen. Auf dem Weg nach oben hatten die Gründer allerdings das Geld verdienen vergessen: Mehr als 20 Millionen Euro Verlust hatte Monoqi in den zurückliegenden Jahren aufgefahren.
Im Frühjahr dieses Jahres zogen Gründer und Investoren die Notbremse
Das Management um Simon Fabich meldete zunächst Insolvenz an. Hinter den Kulissen waren aber vor allem die Investoren für einen klaren Schnitt bei der Internet-Plattform. Ein paar Tage später war die alte Geschäftsführung passé und ein neuer Chef da: Niels Nüssler, ein erfahrener Internet-Unternehmer, sollte bei Monoqi zunächst für Ruhe sorgen.
Nüssler zog die Insolvenzanmeldung zurück und organisierte neues Geld von den Investoren. Rund drei Millionen Euro sind als Finanzspritze in die klamme Monoqi-Kasse geflossen. Jetzt will der gebürtige Däne den Shopping-Club wieder auf Kurs bringen. Doch bereits Ende des Jahres wollen die Investoren eine erste Bilanz ziehen. Der Druck bleibt also hoch. Kann Nüssler seine Aufgabe erfüllen?
Im dritten Stockwerk des Monoqi-Hauptsitzes in der Nähe des hippen Rosenthaler Platzes sitzt Niels Nüssler auf einem blauen Sofa. Hier will der 50 Jahre alte Geschäftsmann das neue Monoqi erklären. Monoqi, sagt Nüssler, habe sich das Leben selbst schwer gemacht. Dass Einkaufen erst nach der Anmeldung möglich war, habe viele potenzielle Kunden abgeschreckt.
Die Mitarbeiter hätten sich zudem wie in einem „Hamsterrad“ gefühlt, erklärt er. Weil viele Verkaufsaktionen nur bis zu zwölf Tage liefen, sei der Durchlauf bei den Produkten viel zu hoch gewesen. Der kurze Verkaufszeitraum sei auch der Grund für die Verluste gewesen, so Nüssler. „Wir hatten nur diese eine Chance, das Geld wieder einzuspielen“, sagt der Däne.
Nüssler hat deswegen an vielen Schrauben gedreht
Monoqi ist seit Anfang August kein geschlossener Shopping-Club mehr. Das heißt, Kunden können jetzt auch ohne Anmeldung bei den Berlinern bestellen. Dafür hat Nüssler dem Internet-Unternehmen auch ein dauerhaftes Sortiment verpasst. Weil 40 Prozent des Monoqi-Umsatzes mit großen Design-Möbeln gemacht werden, sollen die Kunden mehr Zeit für den Einkauf bekommen. Gleichzeitig ist es aber auch weiterhin möglich, Mitglied bei Monoqi zu werden.
Immerhin 3,4 Millionen Kunden hatten die Berliner seit der Gründung eingesammelt. Für angemeldete Nutzer solle es weiterhin zeitbegrenzte Verkaufsaktionen geben – allerdings weniger als bislang. Nüssler will so auch ein wenig Geschwindigkeit aus dem Monoqi-„Hamsterrad“ nehmen.
Denn für das Unternehmen ist das Aufspüren von schicken, aber nicht allzu teuren Designer-Möbeln aufwendig. 25 Mitarbeiter fahnden täglich in unterschiedlichen Ländern nach neuen Produkten, besuchen Messen, knüpfen Kontakte. In Berlin lässt der Shopping-Club dann jeden Artikel fotografieren. Auf der Internet-Seite präsentiert das Portal zudem Geschichten über die Designer.
Nüssler sagt, seitdem Monoqi nicht mehr ausschließlich ein geschlossener Einkaufs-Club ist, seien die Verkäufe gestiegen. Doch für eine Entwarnung ist es zu früh. Fraglich ist auch, wie viel Geduld die Investoren aufbringen. Ein Jahr habe Monoqi bekommen, um „richtig in Fahrt zu kommen“, sagt Niels Nüssler. Das war im Februar. Doch selbst kleines, aber gesundes Wachstum reicht im Internet-Handel manchmal nicht aus. Das hatte in Berlin zuletzt das Beispiel Dawanda gezeigt. Der Online-Marktplatz für handgemachte Raritäten hatte Ende August dichtgemacht.
Als Internet-Pionier mit „Ad Pepper“ erfolgreich
Auch Niels Nüssler hat eine Dawanda-Vergangenheit. Der Däne führte den Marktplatz zwischen Januar 2016 und Oktober 2017 in die schwarzen Zahlen. Davor leitete er den Hamburger Stoffe-Online-Shop „fabfab“, Europas führenden Tuch- und Kurzwarenhändler. Der Unternehmer hat aber auch eine Vergangenheit als Internet-Pionier. Im Jahr 2000 brachte er den Online-Werbevermarkter „Ad Pepper“ an die Frankfurter Börse. Das war kurz bevor die sogenannte Dotcom-Blase platzte, die Millionen-Verluste für viele Anleger brachte. Doch Nüssler und seine Mitstreiter hatten Glück. Weil bei „Ad Pepper“ noch viel Geld floss, gelang es, das Unternehmen neu aufzustellen.
Bei Monoqi muss sich Niels Nüssler jetzt aber auch gegen mächtige Konkurrenten wehren: Die Möbel-Onlinehändler Westwing und Home24 kommen auf deutlich mehr Umsatz als die kleine Berliner Design-Plattform. Beide Unternehmen sind aus dem Hause der Berliner Beteiligungsgesellschaft Rocket Internet. Nüssler ist dennoch optimistisch, Monoqi wieder auf Kurs bringen zu können. Für den Shopping-Club ist es wohl die letzte Chance. Gelingt der Umschwung nicht, dürfte eine mögliche Pleite auch dem Dänen selbst etwas wehtun: Nüssler hält seit seinem Einstieg bei Monoqi einen Minderheitsanteil an dem Unternehmen.