Ein Bohrer schafft unter dem Mauerpark Platz für einen umweltschonenden Wasserkanal.
Lange erkannte man auf der Baustelle an der Bernauer Straße nur eine 13 Meter tiefe Grube. Am Montag nun ging im Bezirk Mitte die Bauphase des Abwasser-Großprojektes der Berliner Wasserbetriebe (BWB) und der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in die entscheidende Runde. Unter dem Mauerpark wird ein 654 Meter langer Tunnel gegraben. Ein Stauraumkanal soll bei starken Regelfällen bis zu 7400 Kubikmeter Abwasser aufnehmen und so ein Überlaufen von Berliner Gewässern wie Spree und Panke verhindern. Gegen 13.30 Uhr wurde am Montag der Kopf der riesigen Bohrmaschine, die den Namen „Kerstin“ erhalten hatte, in die Baugrube gesenkt.
Unwetter sind in Berlin ein Dauerproblem
Schwere Regenfälle sorgen in Berlin häufig für Chaos. Die Bilder von 2016 etwa haben noch viele Berliner vor Augen. Infolge von Regenfällen waren Kanalisation und Rückhaltebecken der Stadt völlig überlastet. Zahlreiche Keller, Straßen und U-Bahnhöfe liefen voll, der öffentliche Nahverkehr brach teilweise zusammen. Besonders die Überflutung des Gleimtunnels in Gesundbrunnen sorgte für Aufsehen. Nach einem heftigen Unwetter waren durch die Wassermassen im Tunnel parkende Autos fortgespült worden oder standen am Ende wie Spielzeugwagen übereinander.
Beim aktuellen Projekt sollen in der kommenden Woche weitere Teile des Bohrers in den Untergrund gehoben werden. Dort werden sie zusammengesetzt. In voller Größe soll das tonnenschwere Gerät zwölf Meter lang sein, so ein Sprecher der Wasserbetriebe.
„Dieser Tunnel ist eine gute Idee“
„Wir müssen uns für die Zukunft mit solchen Ereignissen auseinandersetzen und Lösungen herbeiführen. Dieser Tunnel ist eine gute Idee“, sagte der Staatssekretär der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Jens-Holger Kirchner (Grüne). Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) erklärte: „Solche Investitionen, mit denen sich Berlin an den Klimawandel anpasst, werden in Zukunft verstärkt nötig sein.“
Fast neun Meter unter dem Park wird der Tunnel zwischen Bernauer Straße und Gleimstraße errichtet. 218 Rohre, von denen jedes 32 Tonnen wiegt, werden dafür benötigt. Nach ersten Schätzungen soll der Abwasserspeicher bis zu 50 Mal pro Jahr entleert werden.
Vor Start der Arbeiten wurde die Tunnelbohrmaschine am Montag auf „Kerstin“ getauft. Namenspatin ist Kerstin Oster, Personalvorständin der Wasserbetriebe. Acht bis zehn Wochen soll der Vortrieb dauern, rund 50 Bauarbeiter werden 24 Stunden am Tag im Einsatz sein.
Anwohner fürchteten um das Parkgelände
Das Projekt war in der Vergangenheit heftig kritisiert worden. Ein Gegner etwa ist Alexander Puell (43), Vorsitzender des Vereins „Freunde des Mauerparks“. Er hatte sich dafür eingesetzt, die Arbeiten an einem anderen Orten zu realisieren, da die Baustelle den Park zerstören werde. Doch dies sei nicht möglich gewesen, erfuhr Puell. Die Bauherren entschieden zumindest, die Anmutung des Areals mit einer ansprechend gestalteten Umzäunung zu verbessern. Für den bunten Zaun wurde eine Kreativ-Agentur hinzugezogen.
Anwohnerin Sabine Strom besucht den Park häufig. Sie ist dann mit ihrem Hund Eddi unterwegs. Strom hält den Stauraumkanal für eine Notwendigkeit. „Statt die Baustelle zu kritisieren, sollte man sich lieber um die Sauberkeit des Parks kümmern“, so die 56-Jährige. Auch Kerstin Wittig geht dort oft spazieren. Die 51-jährige Stadtführerin lebt schon seit 30 Jahren in Prenzlauer Berg und hält den Bau des Kanals für wichtig: „Gerade hier in Berlin ist es sinnvoll, so etwas zu bauen. Gut, dass das hier geschieht – und der Zaun ist doch schön gestaltet“, findet Wittek.
Das Projekt wird im Rahmen des Sanierungsprogramms für die Berliner Mischwasserkanalisationen realisiert. Bis Ende 2019 investieren die Berliner Wasserbetriebe und das Land Berlin rund 20 Millionen Euro. Jörg Simon, Vorstandschef der Berliner Wasserbetriebe, verwies auf weitere Vorhaben: „Für die sichere Ver- und Entsorgung bauen wir in diesem Jahr Anlagen im Wert von 320 Millionen Euro, davon 160 im Bereich der Rohr- und Kanalnetze. Zwei Drittel davon entstehen im grabenlosen Verfahren.“