Berliner Rentner

Kampf gegen Mieterhöhung: „Ich lasse mich nicht vertreiben“

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Gudrun Mallwitz
Rentner Wolfgang Hoth soll während der Modernisierung aus seiner Wohnung ausziehen

Rentner Wolfgang Hoth soll während der Modernisierung aus seiner Wohnung ausziehen

Foto: Gudrun Mallwitz

Weil der Eigentümer modernisieren will, soll Wolfgang Hoth statt 773 Euro 1216 Euro warm zahlen. Der Berliner will das nicht hinnehmen.

Wolfgang Hoth wohnt seit 40 Jahren in der Lützowstraße. Für die 75 Quadratmeter große zweieinhalb Zimmerwohnung mit Balkon bezahlt der 80-Jährige derzeit 773 Euro warm, nach der Modernisierung des Hauses und der Wohnung soll seine Miete auf 1216 Euro steigen. Der frühere Ingenieur bei der Berliner Bauverwaltung hat sich deshalb an den Berliner Mieterverein gewandt. „Ich habe natürlich Widerspruch eingelegt“, sagt Hoth. „Meine Kaltmiete würde von 545 Netto auf 988 Euro steigen.“

Sein Vermieter, eine Invest GmbH aus Manchester, hat angekündigt, die Wohnungen in dem 1977 erbauten Haus zu modernisieren. Auch eine Asbestsanierung sei geplant. Die Mieter sollen während der nunmehr auf acht Monate prognostizierten Bauzeit aus ihren Wohnungen ausziehen. Auch Hoth und seine Frau. „Ich lasse mich nicht vertreiben“, sagt er.

Wie Hoth wehren sich derzeit viele. Mehr oder weniger erfolgreich. Der Berliner Mieterverein präsentierte am Dienstag eine Analyse von 200 Fällen, die einen erheblichen Anstieg der Mietpreise wegen Modernisierungen und Energieeinsparmaßnahmen beweisen. „Wir haben die aufgewendeten Baukosten 2012 bis 2013 und 2015 bis 2016 nach Art der Maßnahme und die Mietentwicklung nach Modernisierung untersucht“, sagte der Geschäftsführer des Mieterbundes, Reiner Wild. „Das Ergebnis macht einen erheblichen Handlungsbedarf deutlich.“

Nur fünf Prozent der Vermieter nehmen Fördermittel in Anspruch

Die vom Mieterverein vorgelegte Liste mit 23 Fällen sehr hoher Mietsteigerungen führt die Wohnsiedlung Am Steinberg in Reinickendorf an. Dort steigt die Miete nach Modernisierung um 16,10 Euro pro Quadratmeter. Um 13,44 Euro erhöhte sich die Miete in einem Haus in der Immanuelkirchstraße in Pankow. 13,07 Euro sind es in einem Mietshaus an der Niebuhrstraße in Charlottenburg.

Der Mieterverein fordert unter anderem, dass Vermieter künftig auch bei Modernisierungsmaßnahmen die Miete nur in Bezug auf die ortsübliche Vergleichsmiete erhöhen dürfen. Bis dahin schlägt er vor, dass der Vermieter statt elf Prozent künftig nur noch vier Prozent der Modernisierungskosten auf den Mieter abwälzen dürfe. Auch das Fördersystem gehört laut Reiner Wild auf den Prüfstand: Die Strategie, Belastungen für Mieter bei energetischen Maßnahmen durch Fördermittel zu minimieren, greife nicht. „Vermieter gehen davon aus, dass sie auch sehr hohe Mietsteigerungen ohne Probleme realisieren können“, konstatiert er. Die Studie habe gezeigt, dass nur etwa fünf Prozent der Vermieter Fördermittel in Anspruch nahmen.

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