Neues Stadtquartier in Mitte

Tacheles-Areal im Trockenen: Jetzt geht’s in die Tiefe

| Lesedauer: 6 Minuten
Sabine Gundlach
Auf dem Tacheles-Areal in Mitte beim Baustart vergangenen April. Jetzt beginnt die nächste Bauphase zur Vorbereitung des Erdaushubs im Juli

Auf dem Tacheles-Areal in Mitte beim Baustart vergangenen April. Jetzt beginnt die nächste Bauphase zur Vorbereitung des Erdaushubs im Juli

Foto: Massimo Rodari

Ab Juli beginnt der Aushub von 200.000 Kubikmeter Erde, täglich sollen bis zu 50 Lastkraftwagen im Einsatz sein.

Die Baugenehmigung liegt vor, jetzt geht’s in die Tiefe. Nachdem bereits seit vergangenem April unter anderem alte Fundamente und verschüttete Gebäudereste aus dem 22.500 Quadratmeter großen Baufeld des Tacheles-Areal entfernt wurden, beginnt die nächste Bauphase für das neue Stadtquartier in Mitte. „Die sogenannte Baufeldfreimachung ist abgeschlossen, so dass wir jetzt mit den bauvorbereitenden Maßnahmen für den Erdaushub starten können“, sagt Christian Bauß. Der Projektleiter des Projektentwicklers pwr development (pwr) bestätigte der Berliner Morgenpost, dass die Baugrube dann ab Juli ausgehoben wird.

Zuvor müssen erst einmal noch letzte tiefer liegende Restbauwerke der ehemaligen Friedrichstadtpassage entfernt und dann Grundwassersicherung erstellt werden. Das war bislang nicht möglich, weil dafür eine weitere Genehmigung vorliegen muss, um tiefer als die bislang auf drei Meter begrenzten Arbeiten in die Erde gehen zu können.

Baugrube geht 11,5 Meter in die Tiefe

„Die noch vorhandenen Restbauwerke liegen etwa in sechs Mieter Tiefe“, so Bauß. Sind diese letzten Bauteile beseitigt, wird es dann im März mit dem Einbringen von sogenannten Schlitzwänden weitergehen, die später dafür sorgen, dass die Baugrube im Trockenen bleibt. Schließlich geht der Erdaushub 11.5 Meter in die Tiefe.

Die Herstellung der Schutzwände ist recht aufwendig, wie Christian Bauß erläuterte. Zunächst werde mit Hilfe eines Baggers ein gerader Schlitz ausgehoben, in den eine Suspension gefüllt werde. Dahinein kommen Stahlkörbe, die wiederum mit Beton ausgegossen werden. Der Beton verdrängt die Flüssigkeit, die abgesaugt wird.

200.000 Kubikmeter Erde werden abgetragen und abtransportiert

Erst wenn alle Seiten des Baufelds mit Schlitzwänden versehen und am Boden eine Sohle eingebracht wurde, kann der Erdaushub beginnen. Und das allein ist ein äußerst gigantisches Projekt. Denn von dem Filetgrundstück an der legendären Tachelesruine, einst Ort alternativer Künstler und Kreativer, werden insgesamt 200.000 Kubikmeter Erde abgetragen und müssen dann natürlich auch abtransportiert werden. Dafür errichtet pwr neben der bereits bestehenden Zufahrt an der Oranienburger Straße eine weitere Baustelleneinfahrt.

Mit etwa 50 Lastwagen pro Tag - in Spitzenzeiten sogar bis zu acht Schwertransporter je Baustunde müssen die Anlieger rechnen. Vom Lärm und Dreck, den eine solche große Baustelle nun einmal zur Folge hat, ganz abgesehen. Wie der Projektentwickler bestätigte, sollen Aushub und erste Rohbauarbeiten für die dreistöckige Tiefgarage und die Kellergeschosse innerhalb von anderthalb Jahren erfolgen.

„Wir sind mit den Bauarbeiten voll im Zeitplan“

„Wir planen, mit den Arbeiten bis Juli 2018 fertig zu sein, um anschließend in den Hochbau zu gehen“, so Sebastian Klatt, Geschäftsführer von pwr. Klatt betonte, dass der Zeitplan zwar straff, die Entwickler aber auch zuversichtlich seien, „dass wir ihn einhalten können“. Dazu der Projektleiter Bauß: „Wir sind mit den Bauarbeiten voll im Zeitplan“.

Die ursprünglich für vergangenen November angekündigte Präsentation erster Architekturentwürfe wurde allerdings derweil auf den Sommer verschoben. Ein solches Megaprojekt zu koordinieren setze viele Abstimmungen voraus, wurde die Verzögerung von den Projektentwicklern auf Nachfrage dieser Zeitung begründet.

Berliner Kunsthaus Tacheles vor neuer Zukunft

pwr-Geschäftsführer Klatt betont: „Uns ist klar, dass eine Baustelle dieses Ausmaßes phasenweise Lärm und Schmutz verursacht. Wir werden deshalb die Nachbarschaft rechtzeitig und regelmäßig informieren und natürlich die zulässigen Arbeitszeiten und Lärmvorschriften einhalten, um die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. Dazu stehen wir auch im engen Austausch mit den zuständigen Berliner Behörden“.

Tacheles-Masterplaner bauen in Berlin auch das Museum der Moderne

Wie berichtet obliegt das gestalterische Gesamtkonzept für die Planungen des Tacheles-Areals dem Büro von Herzog & de Meuron Architekten (HdM). Die renommierten Schweizer Architekten haben unter anderem in Peking das Olympiastadion sowie in Hamburg die Elbphilharmonie entworfen. Mit ihrem Siegerentwurf für das geplante Museum der Moderne in Berlin haben sie zudem die Diskussion um die Gestaltung des Kulturforums wieder angefeuert.

HdM übernimmt zudem unter anderem die Planung des Bauabschnitts an der Stelle der ehemaligen Friedrichstraßenpassage, die zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts eine wichtige Verbindung zwischen Friedrichstraße und Oranienburger Straße war. Diese Verbindung wird erneut hergestellt. Auch für die Sanierung des Kunsthaus Tacheles zeichnet HdM verantwortlich. Wie berichtet entstehen bis Ende 2020 auf dem letzten zentralen Filetgrundstück in Mitte mehrere große Gebäude für eine Wohn-, Einzelhandels- und Büronutzung sowie ein Hotel.

Neben Herzog & de Meuron sind auch drei Berliner Architekturbüros beteiligt

Neben den Schweizer Architekten und Masterplanern sind auch drei Berliner Büros an dem Projekt mit Neubauten und Sanierung beteiligt. Die im Bereich Bestandsbauten und Denkmalschutz erfahrenen Planer „Kahlfeldt Architekten“ sanieren zwei denkmalgeschützte Altbauten an der Friedrichstraße.

Arno Brandlhuber, vielen Berlinern bekannt geworden durch sein ungewöhnliches Atelier- und Galeriehaus in der Brunnenstraße, und sein Kollege Muck Petzet verantworten einen Bauteil, der sowohl Wohnungen als auch Einzelhandel im Erdgeschoss vorsieht sowie ein gegenüber liegendes Wohnhaus. Die Architekten Armand Grüntuch und Almut Ernst, die beispielsweise die Jüdische Mädchenschule in Mitte umgebaut, im gleichen Bezirk aber auch einen modernen Neubau realisiert haben, werden neben Wohnungsbau auch ein Hotel an der Oranienburger Straße planen.

Um die Anwohner über den nächsten Bauabschnitt und die bevorstehenden Maßnahmen zu informieren, lädt pwr development am Dienstag, 21. Februar, um 18 Uhr erneut in die Kalkscheune in der Johannisstraße 2 ein.

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