Die Zustände an der Wolfgang-Amadeus-Mozart-Schule in Hellersdorf, die Eltern in einem offenen Brief beschreiben, sind erschütternd. Von Bedrohungen der Schüler untereinander mit Messern ist die Rede, von Gewalt auf dem Schulweg, von Ranzen und Besen, die durch offene Fenster fliegen, von respektlosem Ton gegenüber Lehrern und Erziehern.
Das alles erinnert an die Rütli-Schule in Neukölln und den Brandbrief der Lehrer vor zehn Jahren. Der Unterschied: Hier handelt es sich nicht wie damals um Hauptschüler, sondern um Grundschüler. Ein Schüler der Sekundarstufe soll Erzieher mit einer vorgehaltenen Spielzeugpistole aufgefordert haben, sich auf den Boden zu legen, heißt es in dem Brief. Drittklässler sitzen während des Unterrichts auf den Bänken und werfen mit Kuscheltieren. Auf dem Hof boxen und treten sich Mädchen und Jungen.
„Unseren Kindern sollte es Spaß machen, zur Schule zu gehen – insbesondere zu Beginn der Schulkarriere. Durch unkontrollierbare Gewalt ist das jedoch nicht möglich“, schreiben besorgte Mütter und Väter in dem Brief, der an das Schulamt des Bezirks und an die Schulaufsicht der Senatsverwaltung ging.
Studienräte mit Grundschülern offenbar überfordert
Schon häufiger hätten sich Eltern und Schulleitung mit den Problemen an das Schulamt gewandt, um Hilfe zu erhalten. Doch bisher ohne erkennbaren Erfolg. „Deshalb haben wir uns entschlossen, den Brief nun öffentlich zu machen“, sagte Francesco Malo, Sprecher der Gesamtelternvertretung. Es gehe nicht darum, die Schule in Verruf zu bringen, sondern darum, endlich die Unterstützung zu erhalten, die die Schule benötige. Gewaltprobleme gebe es an vielen Hellersdorfer Einrichtungen.
Die Eltern seien froh, dass die Schulleitung offen mit dem Thema umgehe. „Wir wünschen uns mehr Struktur, eine angenehme Lernatmosphäre für Schüler und Lehrer sowie ein Konzept, wie die Probleme beseitigt werden können“, sagte der Elternsprecher. Zudem fordern die Eltern, dass Grundschulklassen von Grundschullehrern unterrichtet werden. Wegen des Personalmangels seien auch Studienräte eingesetzt worden, die im Umgang mit Grundschülern offenbar zum Teil überfordert sind.
Training für Lehrer zum Umgang mit Gewaltsituationen
Nach der Veröffentlichung des Briefes kam es am Donnerstag zu einem Runden Tisch mit Vertretern der Schule, des Schulamtes und der Senatsverwaltung für Bildung, bei dem erste Sofortmaßnahmen beschlossen wurden. „Eine Klassenleiterstelle wird mit einer erfahrenen Grundschulpädagogin besetzt“, sagte Beate Stoffers, Sprecherin der Bildungsverwaltung.
In den dritten Klassen soll sogenannter entwicklungstherapeutischer Unterricht stattfinden, in dem die Kinder soziale Fähigkeiten erlernen und motiviert werden, aktiv in der Schule mitzuarbeiten. Zudem werden die Klassenstärken in der dritten Jahrgangsstufe reduziert, indem ein vierter Klassenzug eingerichtet wird. Bereits angelaufen sei ein Training für Lehrer und Erzieher zum Umgang mit Gewaltsituationen, so die Sprecherin. Und auch die Schulpsychologie soll intensiv mit der Schule arbeiten und ein Kriseninterventionsteam bilden. Runde Tische mit allen Verantwortlichen sollen von nun an regelmäßig stattfinden. Die Maßnahmen sollen dadurch auch für Eltern und Schüler transparent gemacht werden. „Die Schule ist auf einem guten Weg“, sagte Beate Stoffers.
Die Eltern bleiben zunächst skeptisch. „Das sind erste Schritte, aber Zweifel bleiben, ob die Sicherheit der Kinder damit tatsächlich gewährleistet ist“, sagte Francesco Malo.