Die Schüler mögen ihn, das sieht man schon, als es darum geht, für ein Foto Aufstellung zu nehmen. Die Jugendlichen nehmen Ronald Wappke ganz selbstverständlich in ihre Mitte, einige legen ihm ihren Arm auf die Schulter. Ulrike, 18, sagt, dass er einer ihrer Lieblingslehrer ist. „Herr Wappke macht tollen Unterricht, er motiviert uns, mitzumachen und regt uns zum Weiterdenken an.“ Auch Miriam, 17, ist von ihrem Lehrer begeistert. „Im Unterricht läuft es ohne Druck ab, wir können über alles mit ihm reden und jede Frage stellen.“
Einige von Wappkes Schülern, die im Sommer das Abitur gemacht haben, waren sogar so überzeugt von ihrem Lehrer, dass sie ihn für preiswürdig hielten. So kam es, dass der 53 Jahre alte Pädagoge, der seit 2005 Lehrer für Geschichte, Englisch und Politik am Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Lichtenberg ist, am heutigen Montag den Deutschen Lehrerpreis in der Kategorie „Schüler zeichnen Lehrer aus“ entgegennehmen kann.
„Herr Wappke steht für hohe fachliche Kompetenz, innovative, abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung, oft mithilfe moderner Medien, für Motivation, Kritikfähigkeit, Fairness und großes außerschulisches Engagement“, haben die Schüler an die Jury des Wettbewerbs geschrieben und diese überzeugt.
Ina, 17, findet besonders gut, wie Ronald Wappke Theorie und Praxis miteinander verbindet. „Er kann gut erzählen und fordert uns oft auf, uns in eine bestimmte Situation hineinzuversetzen.“ Als sie über den Zweiten Weltkrieg gesprochen hätten, habe er ihnen das Schicksal eines jungen Soldaten nahegebracht und gesagt, sie sollten sich vorstellen, wie es gewesen wäre, in dessen Haut zu stecken. „Auf diese Art lernt man viel mehr über geschichtliche Zusammenhänge, als wenn man das nur im Schulbuch nachlesen würde“, sagt Ina. Niklas, 17, und Baghir, 16, finden besonders erwähnenswert, dass ihr Lehrer immer gut vorbereitet ist.
Wettbewerb des Deutschen Philologenverbandes
Wappke gehört nun zu den 13 Lehrern und sechs Lehrerteams aus ganz Deutschland, die in diesem Jahr für ihre herausragende pädagogische Leistung geehrt werden. Allein fünf Auszeichnungen gehen nach Bayern, je vier nach Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, sowie drei nach Niedersachsen. Je ein Preis wird nach Berlin, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein vergeben. Initiatoren des Wettbewerbs sind der Deutsche Philologenverband und die Vodafone Stiftung Deutschland. Die Vorschläge konnten in den Kategorien „Schüler zeichnen ihre Lehrer aus“ und „Innovative Unterrichtsprojekte“ eingereicht werden.
Das Lichtenberger Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium gehört bereits zum zweiten Mal zu den Gewinnern. Ronald Wappke betont dann auch, dass er seine Auszeichnung eher als eine für das gesamte Lehrerkollegium seiner Schule betrachtet. Im vergangenen Jahr erhielt sein Kollege Robert Heinrich den Preis in der Kategorie „Schüler zeichnen Lehrer aus.“ Auch er unterrichtet Geschichte, Englisch und Politikwissenschaft.
Wir treffen Wappke am Donnerstagnachmittag in seiner Schule. Auf dem Stundenplan steht die Texas-AG. Im Oktober ist er mit 25 Schülern für drei Wochen in Austin, Texas gewesen. Nun wollen sie ihre Reiseerlebnisse zu einer digitalen Dokumentation zusammenstellen, mit der andere Klassen später arbeiten können. Alle haben ihr „Texas-Shirt“ an, das sie von ihrer Gastfamilie bekommen haben.
Wappke hat diese Reise organisiert. Seit 2007 besucht er alle zwei Jahre mit Schülern der 11. und 12. Klassen die Partnerschule in Texas. Er macht das gern, obwohl die Vorbereitungen mit viel Arbeit für ihn verbunden sind. „Für die Schüler ist das ein einschneidendes Erlebnis“, sagt er. Manche präge es für ihr Leben. Nicht ohne Stolz erzählt Wappke noch, dass die texanischen Gasteltern jedes Mal erstaunt darüber seien, wie gut die Berliner Schüler Englisch sprechen.
Lehrer zu werden, das war für Ronald Wappke der Traumberuf. Zu DDR-Zeiten wurde ihm diesbezüglich allerdings ein Strich durch die Rechnung gemacht. „Man bestätigte mir, dass ich stimmlich dazu nicht in der Lage sei“, sagt er. Ein herber Schlag für Wappke. Er studierte dann an der Leipziger Universität Geschichtswissenschaften und arbeitet drei Jahre lang als Forschungsstudent.
Logopädisches Gutachten war nicht mehr relevant
Das mit dem Lehrerberuf ging ihm aber nicht aus dem Kopf. Mitte der 90er Jahre versuchte er es dann erneut. Inzwischen war die DDR Geschichte und das logopädische Gutachten nicht mehr relevant. An der Humboldt-Universität fing er noch einmal von vorn an und studierte Geschichte und Englisch auf Lehramt. „Das war eine harte Zeit“, erinnert er sich. Er habe schon Familie gehabt und sei nachts arbeiten gegangen, um sein Studium zu finanzieren.
„Ohne die Unterstützung meiner Frau hätte ich das nicht geschafft“, sagt Wappke. Im Nachhinein hält er es allerdings für eine Bereicherung, dass er vor seiner Arbeit als Lehrer bereits in einem anderen beruflichen Umfeld tätig war.
Auf die Frage, welche Eigenschaften einen guten Lehrer ausmachen, antwortet Wappke prompt: „Er sollte seine Schüler mögen, sie ernst nehmen und respektieren.“ Die Nachricht der Jury, dass er einen Preis gewonnen hat, erreichte Wappke, als er gerade aus Texas zurück war. „Ich wollte die E-mail fast schon wegklicken, weil ich dachte, dass es sich um irgendeine Werbung handelt“, sagt er.
Das tat er dann aber nicht. Das darf gefeiert werden.