City West

Kudamm und Tauentzien werden umgestaltet

Kaum vorstellbar? Und doch soll noch in diesem Sommer endlich die Umgestaltung der beiden City-West-Boulevards beginnen.

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Carolin Brühl
Simulationen

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Foto: Büro Lützow7

Kaffeetrinken mitten auf dem Tauentzien, gepflegtes Grün auf dem Kudamm, Straßenkunst, freies Wlan: Der Umgestaltung der beiden wichtigsten Boulevards der City West aus einem Guss steht nur noch eine Formalie im Weg. „Business Improvement District (BID)“ nennt sich das neue Instrument, das vorerst fünf Jahre lang alle Grundstückseigentümer zwischen Wittenbergplatz und Uhlandstraße zur Kasse bittet, um den Standort attraktiver und sicherer zu gestalten.

Sorge um den stationären Handel

„Es gibt so viel zu tun“, sagt Gottfried Kupsch, der mit der Händlergemeinschaft AG City vor drei Jahren den Stein ins Rollen brachte. Besondere Sorge bereitet Kupsch der Onlinehandel. „Das hat uns so schnell und so stark getroffen, dass alle Grundstückseigner und Gewerbetreibenden ihre Kräfte bündeln müssen, um dem jetzt zu begegnen. Wir warten jetzt nur noch drauf, dass der Senat den Beschluss für das BID im Amtsblatt veröffentlicht, dann können wir beginnen.“ „Dies ist im Laufe der nächsten zwei bis drei Wochen zu erwarten“, versichert Katrin Dietl, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.

Finanzamt Spandau erhebt die Abgabe für den BID

Bevor sich dann aber wirklich etwas tut, muss nach der Veröffentlichung das Finanzamt Spandau, das auch schon für den Berliner BID-Piloten in Spandau zuständig ist, erst einmal aktiv werden. Die Behörde versendet Bescheide an die Grundstückseigentümer innerhalb des Zentrums- und Handelsbereichs und zieht das Geld ein, das dann dem BID zugute kommt. Selbst Grundstückseigner, die sich gegen die Zwangsabgabe wehren, müssen gemäß dem BIG, dem Berliner Immobilien- und Standortgemeinschafts-Gesetz vom 24. Oktober 2014, erst einmal ihren Beitrag zahlen. „Unklar ist noch, ob in so einem Fall das Finanzamt Spandau das Geld bis zur Klärung des Falls zurückhält, oder es dennoch weiterleitet“, sagt Kupsch.

Aufwändiges Verfahren dauerte drei Jahre

Zum ersten Mal trifft sich die BID Kudamm-Tauentzien GmbH am 6. Juni. Auf die Frage, was als Erstes in Angriff genommen werden soll, sagt Charlottenburg-Wilmersdorfs Stadtentwicklungsstadtrat Oliver Schruoffen­eger (Grüne): „Der Mittelstreifen auf dem Tauentzien. Die Thujen sehen ja schlimm aus.“ Neben Charlottenburg-Wilmersdorf sitzt auch der Bezirk Tempelhof-Schöneberg mit ihm Boot des BID, da der Tauentzien ab Mittelstreifen Nürnberger Straße schon zum Nachbarbezirk gehört.

Drei Jahre hat es gedauert, bis der BID zustande kam. Viel zu lang, nach Meinung der AG City, die für rund 450 Geschäftsleute der westlichen Berliner Innenstadt spricht. „Es ist ja nicht so, dass nur die Händler Unterstützung brauchen. Es hängen überall ja auch Arbeitsplätze dran“, sagt Kupsch. „Stirbt der stationäre Handel, dann fallen auch die Steuereinnahmen flach“, sagt der AG-City-Vorstand. An einem solchen Szenario dürften auch Investoren und Immobilieneigner kein Interesse haben. „Leider sind viele von ihnen beratungsresistent und vieles wird immer noch im Bezirksamt hinter verschlossenen Türen geplant“, kritisiert Kupsch und bedauert, dass die AG City nicht öfter zur Beratung bei Bauanträgen zugezogen wird. „Wir brauchen mehr als nur austauschbare, immer gleiche Filialisten in den Erdgeschossen der Häuser an Kudamm und Tauentzien“, sagt er. Dafür müssten die Leute nicht in die City West fahren. Den Kunden müsse wieder mehr geboten werden, sie sollten Lust aufs Kommen haben, aber auch aufs Verweilen bekommen. „Dafür seien auch attraktive gastronomische Angebote ebenso wichtig wie Sicherheit und Sauberkeit“, sagt Kupsch.

Knapp neun Millionen Euro sollen in fünf Jahren investiert werden

Knapp neun Millionen Euro sollen in den kommenden fünf Jahren in die Umgestaltung der beiden Boulevards investiert werden. Für Kurfürstendamm und Tauentzien sind neben einer schöneren Bepflanzung und besseren Pflege der Mittelstreifen auch zwei Gastro-Pavillons auf dem Mittelstreifen des Tauentzien samt einer Außenbestuhlung geplant. Touristen wie Berliner dürften sich zudem über freies Wlan und die Geschäftsleute über ein professionelles Marketingpaket freuen. So genannte City Guides als Ansprechpartner sind ebenfalls vorgesehen. Die seien aber lediglich als Ansprechpartner gedacht und hätten keine hoheitlichen Funktionen.

Streetworker fürchten Verdrängung Obdachloser

Doch es gibt auch Kritik an den Plänen. Datenschützer fürchten, dass über das freie Wlan Handydaten zur Erfassung der Kundenströme gespeichert würden und Streetworker fürchten eine Verdrängung von Obdachlosen aus dem Umfeld der Boulevards. Gottfried Kupsch versucht solche Bedenken zu zerstreuen: „Wir befinden uns im engen Austausch mit der Sozialstation am Bahnhof Zoo und machen auch nichts ohne die Zustimmung des Bezirksamts.“