Berlin. Aus der Bundesfernstraße in Kreuzberg sollte eine Grünanlage werden. Verbände warnen, dass dies den Verkehr ausbremsen würde.
Die Diskussion um die Absage der Senatsverkehrsverwaltung an das Projekt eines grünen Halleschen Ufers in Kreuzberg ebbt nicht ab. Fördermittel in Höhe von 2,95 Millionen Euro stehen auf dem Spiel. Nach kritischen bis verärgerten Stellungnahmen der vergangenen Tage teilten jetzt Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK) und Handwerkskammer Berlin (HWK) in einer gemeinsamen Erklärung mit: Die Berliner Wirtschaft begrüßt die Entscheidung des Senats.
„Der vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg geplante Umbau der B96 / Hallesches Ufer hätte massive Auswirkungen für den Wirtschaftsverkehr gehabt“, so die Verbände. Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, sagte, auch wenn der Umbau des Straßenraums erstrebenswert sein, müsse sich die Planung dafür an der Realität einer Millionenmetropole orientieren. „Ohne die B96 müssten täglich mehr als 4000 Lkw in die Kieze ausweichen, um Ver- und Entsorgung für die Stadt zu gewährleisten.“ Das wäre weder im Sinn der Verkehrssicherheit noch des Lärmschutzes und würde daher von den genehmigenden Behörden wahrscheinlich kein Planungsrecht erhalten.
Eder weiter: „Der aktuelle Fall zeigt jedoch vor allem eines: Solange die Bezirke nicht abgestimmt mit dem Berliner Senat agieren, kann die Mobilitätswende in Berlin nicht gelingen. Schon den Projektantrag hatte der Bezirk eingereicht, ohne sich mit dem damaligen rot-grün-roten Senat abzustimmen.“ Dass Friedrichshain-Kreuzberg trotzdem bereits viel Kapazität in die Vorbereitung des Umbaus gesteckt habe, zeige einmal mehr, wie wichtig eine Verwaltungsreform für die Zukunftsfähigkeit Berlins sei.
Verkehr würde in Wohngebiete drängen
Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin, Jürgen Wittke, betonte die Bedeutung der Strecke für die Arbeitnehmer in seinem Verband: Viele Handwerker hätten kaum eine Wahl beim Verkehrsmittel und könnten nur mit wenigen Ausnahmen auf ÖPNV oder Lastenfahrrad ausweichen. Die Abschaffung der Straße nördlich des Landwehrkanals würde nicht den Anforderungen des Wirtschaftsverkehrs entsprechen. „Auch ist diese überbezirkliche Hauptverkehrsader schon heute so stark belastet, dass ein „Infarkt“ droht, wenn die Verkehrsströme auf noch weniger Fahrspuren verengt werden“, so Wittke. Der Verkehr würde – „einem Bypass gleich“ – in die nahegelegenen Wohngebiete gedrängt.
Wie berichtet, plante der Bezirk, auf zunächst 600 Metern, die Straße in einen Grün- sowie Rad- und Fußgängerbereich umzuwandeln. Das Bundesbauministerium hatte Fördermittel in Höhe von 2,95 Millionen zur Verfügung gestellt. Jetzt allerdings teilte die Senatsverkehrsverwaltung unter Senatorin Manja Schreiner (CDU) mit, dass man das Projekt nicht unterstützen werde, womit das Vorhaben wohl beendet ist.
Die Straße zählt zu Bundesfernstraßennetz sowie Großraum- und Transportroutennetz. Zuständig dafür ist nicht der Bezirk, sondern die Senatsverkehrsverwaltung. Die für die Mittelvergabe zuständige Behörde, das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, teilte auf Anfrage mit, werde ein Projekt nicht umgesetzt, prüfe man den „Widerruf der Zuwendung“. Für eine Beurteilung warte man jetzt die Stellungnahme des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg ab.