Berlin. Die Kosten für die Polizeiwache steigen auf 3,75 Millionen Euro. Die Anwohner kritisieren den Standort im ersten Stock.

Erst war von 250.000 Euro die Rede, dann wurden die Kosten mit 2,5 Millionen Euro beziffert. Nun sind für Umbau und Einrichtung der geplanten Polizeiwache am Kottbusser Tor im gerade verabredeten Haushalt 2022/23 sogar 3,75 Millionen Euro veranschlagt. Das Geld sei gut angelegt, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh, als er die Summe am Montag bei einem Vor-Ort-Termin am Kottbusser Tor verkündete. „Sicherheit darf uns was kosten“, sagte Saleh.

Die geplante Wache am Kottbusser Tor ist auf dem Feld der inneren Sicherheit ein Vorzeigeprojekt der rot-grün-roten Koalition. Für Innensenatorin Iris Spranger (SPD) ist sie das bisher wohl wichtigste Vorhaben ihrer Amtszeit. „Wir werden eine tolle Wache bekommen“, sagte Spranger denn auch am Montag bei dem Termin mit Anwohnenden und Medienvertretern. Es habe Diskussion und runde Tische gegeben. Die Kriminalität am Kottbusser Tor habe unterdessen weiter zugenommen. „Eigentlich haben wir schon sieben Jahre verloren“, sagte Spranger.

Ab Juni soll der Ausbau beginnen

Die Wache soll, wie berichtet, ab Januar kommenden Jahres ihren Betrieb aufnehmen. Die 200 Quadratmeter großen Räume werden derzeit von Altlasten befreit. Ab Juni soll der Ausbau für die Polizei beginnen. Teuer werden laut der Berliner Immobiliengesellschaft (BIM) vor allem Grundsanierung, Polizeitechnik und das Sicherheitsglas für die Fenster.

Der Standort in einem früheren Ladengeschäft im ersten Stock des Wohnhauses „Neues Kreuzberger Zentrum“ (NKZ) an einem Arkadengang über der Adalbertstraße ist umstritten. „Die Anwohner brauchen keine Vorzeigewache über den Köpfen der Menschen“, sagte die Sprecherin des Mieterrates des NKZ, Marie Schubenz. Planungen und Diskussionen mit den Menschen vor Ort hätten nicht „auf Augenhöhe“ stattgefunden.

Spranger versicherte, der Standort sei alternativlos. Einen Container ebenerdig aufzustellen, sei wegen des U-Bahnhofs unter dem Platz aus statischen Gründen nicht möglich gewesen. Im Erdgeschoss seien keine für die Wache geeigneten Räume frei gewesen. Um Sicherheit und Wohnqualität zu verbessern, müssten sich auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sowie Sozial- und Stadtentwicklungsverwaltung einbringen. „Die Wache ist ein erster Schritt“, sagte Spranger.

20 Beamten sollen im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten

Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte im Gespräch mit der Berliner Morgenpost, die Polizei sei am Kottbusser Tor „bereits jetzt mit sehr vielen Kräften im Einsatz“. Die Entwicklung der Straftaten zeige aber, dass dies nicht ausreiche. „Die Kotti-Wache kann vor diesem Hintergrund helfen, den Platz sicherer und lebenswerter zu machen“, sagte Slowik. „Wir planen die Wache derzeit mit etwa 20 Kolleginnen und Kollegen im Wechsel“. Die Berliner Polizei sei gestärkt worden. Die Ressourcen blieben aber begrenzt.

Pro Schicht würden bei dem 20-Stellen-Ansatz in dem für die „Kotti-Wache“ geplanten Rund-um-die-Uhr-Betrieb somit drei Beamtinnen und Beamte Dienst an der Adalbertstraße verrichten. Viel zu wenig – meint die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Bei einer Besetzung mit nur 20 Beamtinnen und Beamten sei die Wache eine „reine Show-Veranstaltung“, sagte der vor wenigen Wochen neu gewählte GdP-Landesvorsitzende Stephan Weh kürzlich im Interview mit der Berliner Morgenpost. Wenn die Polizei auf der Straße mehr Präsenz zeigen solle, müsse man Strukturen verschlanken, nicht neue aufbauen.

Bezirk: Wache darf kein Selbstzweck sein

Skeptisch äußerte sich auch die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Grüne). „Eine Polizeiwache am Kottbusser Tor darf kein Selbstzweck sein“, sagte sie der Berliner Morgenpost. Wichtig sei eine „schlüssige Gesamtstrategie“. Diese müsse man gemeinsam „noch besser herausarbeiten“.

Auch der Standort sei problematisch. „Die Menschen vor Ort wünschen sich durchaus mehr Polizeipräsenz, die Beamtinnen und Beamten müssen aber Kontakt zu den Menschen halten und sollten nicht abgehoben über dem Kottbusser Tor thronen“, sagte Herrmann. Die Anwohnenden wollten informiert und an Entscheidungen beteiligt werden. „Das kommt aktuell zu kurz“, sagte Herrmann.

Rückendeckung erhielt Spranger von einem Anwohner, der in der Nähe des geplanten Standorts der „Kotti-Wache“ wohnt. Im Hausflur verkehrten oft Drogensüchtige, überall lägen Spritzen und Fäkalien, in der Luft liege Urin-Geruch. „Ich finde es gut, dass die Politik das jetzt ändern will“, sagte der Anwohner.