Berlin. Eine Ausstellung in Kreuzberg befasst sich mit afrikanischen Drogenhändlern im Görlitzer Park. Das erzeugt Widerspruch.

Für die einen sind sie Kriminelle, die Drogen an Jugendliche verkaufen und Parkbesucher nerven. Für die anderen sind sie arme Flüchtlinge, die zum Überleben harmlose Substanzen an feierwütige Touristen weitergeben und sonst die multikulturelle Stadt bereichern. An den überwiegend aus Afrika stammenden Dealern, die in Berliner Innenstadtbezirken unterwegs sind, scheiden sich die Geister. Die Berliner Ausstellung „Andere Heimaten – Herkunft und Migrationsrouten von Drogenverkäufern in Berliner Parks“ will von Mittwoch an für mehr Verständnis werben. Kritiker meinen, dass sie es mit der Verteidigung der Dealer zum Teil übertreibt.

Sie wollen sich dem Thema aus einer anderen Perspektive nähern, stellten die Ausstellungsmacher des Friedrichshain-Kreuzberg Museums vor der Eröffnung am Dienstagabend klar. Die Diskussion um die „Hassfigur Dealer“ solle versachlicht werden. Schwarze Menschen seien zum Sinnbild der Drogenverkäufer im öffentlichen Raum geworden - und zum Sündenbock für Öffentlichkeit, Politik und Medien. Vor allem ein Satz löste Ende Oktober Widerspruch aus: „Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Widerstände arbeiten Drogenverkäufer unerschrocken und tapfer im öffentlichen Raum.“

Auf den Internet-Seiten zur Ausstellung dieser Satz nicht zu lesen. Dort steht nun: „Der Hass auf Drogenverkäufer (...) ist zur meist tolerierten Bigotterie der Welt geworden und ist eng verbunden mit Formen von Rassismus.“

Die menschliche Seite des Problems

Die Ausstellung will, so das Ziel ihrer Macher, hinter die Klischees „Dealer“ und „Afrika“ sehen und die menschlichen Seiten des Problems darstellen. Es geht um die Herkunftsorte und Migrationsrouten der Einwanderer. Mehr als 100 Berliner Drogenverkäufer wurden für das Projekt interviewt, auf deutsch, englisch, französisch oder mit einem Übersetzer in ihrer Muttersprache. 13 Silhouetten stehen nun für ihre Berichte.

Tatsache ist: Seit vielen Jahren stehen zahlreiche schwarze Männer den ganzen Tag einzeln oder in Gruppen im Görlitzer Park und in den umliegenden Straßen bis über die Spree nach Friedrichshain. Viele Dutzend sind es immer, an manchen Tagen auch mal 200. Sie verkaufen Drogen, meist Marihuana, aber auch Kokain und Ecstasy. Die meisten Spaziergänger werden angesprochen: „Hi, how are you?“, „Need something?“, „Weed, Weed?“. Die Arbeit ist aufgeteilt. Einer stellt den Kontakt her, einer nimmt das Geld, ein anderer holt den in Erdlöchern oder hinter Bäumen versteckten Stoff und übergibt ihn.

Null-Toleranz-Strategie am Görli scheiterte

Verschiedene Taktiken gegen den ausgeuferten Drogenhandel waren nur mäßig erfolgreich. Eine „Null-Toleranz-Strategie“ dämmte das Problem kaum ein und verdrängte Verkäufer in die Seitenstraßen. Den meisten Männern ist schwer etwas nachzuweisen. Werden Drogenhändler nach Polizeirazzien aus dem Verkehr gezogen, rücken neue Flüchtlinge nach. Seit diesem Jahr gibt es einen Parkmanager und sogenannte Parkläufer. Sie sollen mit den Dealern reden und ihnen klarmachen, dass sie weniger aggressiv auftreten und junge Frauen und Familien mit Kindern in Ruhe lassen.

Entworfen wurde das Ausstellungs-Projekt von dem Konzeptkünstler Scott Holmquist, der schon die Marihuana-Produktion in Kalifornien begleitete und 2016 mit einem Antrag für ein Denkmal für Drogenverkäufer scheiterte.

FDP: "Duldung des permanenten Rechtsbruchs"

Hinter dem Museum steht das von den Grünen geführte Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) verteidigte die Ausstellung in der „Bild“-Zeitung im Oktober als Auseinandersetzung mit einem Problem, das sich nicht löse, wenn man es totschweige.

Widerspruch kam von der FDP. „Das Problem des illegalen Drogenhandels löst man nicht durch Duldung des permanenten Rechtsbruchs wie bei den Grünen in Kreuzberg“, kritisierte der Innenpolitiker Marcel Luthe. Die Dealer würden erst Suchtkranke schaffen, „die diese Ausstellung mit der Relativierung ebenso verhöhnt wie den Rechtsstaat“.

Gefördert wird das Projekt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung der Linken, dem Hanf Museum, einer Firma für medizinisches Cannabis sowie dem Kreuzberger Fußballverein THC Franziskaner, benannt nicht nur nach einer Kreuzberger Kneipe, sondern auch dem berauschenden Inhaltsstoff von Cannabis.

"Andere Heimaten: Herkunft und Migrationsrouten von Drogenverkäufern in Berliner Parks", FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum, Adalbertstraße 95a, Kreuzberg, Tel. 50 58 52 33, Eröffnung: Dienstag, 21. November, 19 Uhr, mehr Informationen

Was sich nach der "Null-Toleranz-Strategie" geändert hat

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