Eines der beliebtesten Zentren der Stadt für Nachtleben und Alternativkultur hat nun doch eine Zukunft: Das RAW-Gelände an der Revaler Straße in Friedrichshain soll behutsam entwickelt und in enger Abstimmung mit den Mietern und dem Bezirk baulich ergänzt werden.
Das versicherten die neuen Eigentümer des 52.000 Quadratmeter großen Areals an der Warschauer Brücke, die Immobilienunternehmer Hans-Rudolph Kurth und sein Sohn Lauritz, am Dienstag bei ihrer ersten Pressekonferenz auf dem Gelände.
„Ein Wohnstandort ist nicht geplant", sagte Kurth senior, der weder die Kaufsumme für das Grundstück noch die vorgesehene Investitionsvolumen verraten wollte. Wohnungsbau in größerem Stil hatte die grün dominierte Bezirksverordnetenversammlung anders als die bezirkliche SPD ausgeschlossen.
„Das Gelände soll seine DNA behalten“
Auf dem Gelände haben sich seit dem Mauerfall zahlreiche Kulturprojekte zunächst als Hausbesetzer angesiedelt. Inzwischen locken die Konzerthalle Astra, diverse Clubs, der Biergarten Cassiopeia mit Freilichtkino vor allem abends Kundschaft aus aller Welt auf das frühere Reichsbahn-Ausbesserungswerk.
Es gibt aber auch Sportangebote wie ein Kletteranlage und eine Skaterhalle. Diese Mischung wollen die Kurths erhalten. „Das Gelände soll seine DNA behalten“, sagte Lauritz Kurth, es solle sich aber sich aber „organisch“ weiter entwickeln. „Wir möchten die Kultur erhalten und fördern.“
Geld verdienen wollen die neuen Eigentümer aus Göttingen, die in dritter Generation im Immobiliengeschäft und auch schon seit den 70-er Jahren in Berlin aktiv sind, mit der Sanierung einzelner Gebäude und Ergänzungen auf den Freiflächen. Es gehe darum, das Gelände auch am Tage attraktiver zu machen. Denkbar seien Büros, Gewerbe und in kleinerem Maßstab auch Einzelhandel. Mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg werde man nun in ein „kooperatives Planungsverfahren" einsteigen und Einzelheiten abstimmen.
Kein Wohnstandort
Für die Kurth-Gruppe sei das Gelände eine „große Herausforderung“, sagte der Senior. Alle Mietverträge würden auf jeden Fall weiter gelten. Die Gespräche mit den Mietern seien „sehr positiv verlaufen“.
Bei den Nutzern des Geländes haben die neuen Eigentümer, die den westlichen Teil des Grundstücks zum 1. April von isländischen Investoren übernommen haben, einen guten Eindruck gemacht. "Wir haben uns natürlich informiert und glauben, mit den Kurths den besten Partner gefunden zu haben, den es in Deutschland gibt", sagte Holger Werner vom Verein Clof. Unter dessen Dach hat sich der Verein der Kulturschaffenden RAW-Tempel nach seiner Insolvenz geflüchtet. Der RAW-Tempel zieht aus dem Beamtenwohnhaus an der Ecke zur Warschauer Straße aus und in das frühere Stoff- und Gerätelager ein.
Auch Udo Glaw vom Ambulatoriumtheater erwartet Gutes von denen neuen Eigentümern. Der Schwebezustand und die unklare Zukunft sei für die Projekte eine große Belastung gewesen. In der Vergangenheit habe das ganze Vorhaben daran gekrankt, dass eben einige Nutzer keine Miete an den RAW-Verein gezahlt hätten, der daraufhin Insolvenz anmelden musste.
Die Kulturschaffenden hoffen nun, dass die interne Umverteilung auf dem Gelände weitergeht - von solventen Gastronomen zu armen Künstlern. Lauritz Kurth stellte jedenfalls in Aussicht, dass mit den Erträgen aus einigen Sektoren günstige Mieten für andere subventioniert werden könnten.