Rund die Hälfte der Hochgarage am Gleisdreieck in Kreuzberg soll für den Neubau von Eigentumswohnungen weichen. Das Parkhaus wurde vor gut 15 Jahren auf Drängen von Debis errichtet.

Eines der umstrittensten Parkhäuser Berlins soll Wohnungen weichen – zumindest in Teilen. Nach Informationen der Berliner Morgenpost gibt es Pläne, die Hälfte der als Debis Parkhaus bekannten Hochgarage am Gleisdreieck in Kreuzberg abzureißen. Dort sind weitere Eigentumswohnungen in unmittelbarer Nähe zum Park am Gleisdreieck geplant.

Der Neubau soll nicht direkt an den verbleibenden Teil des Parkdecks angebaut, sondern ein kleines Stück nach vorn zum Park hin versetzt, der zu erhaltende Restbau dann durch eine Begrünung verdeckt und dadurch auch optisch aufgewertet werden. Das bestätigte der zuständige Baustadtrat des Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Hans Panhoff (Grüne), dieser Zeitung.

Sieger des Architekturwettbewerbs für das Wohnprojekt wurde das Berliner Büro von KSP Jürgen Engel Architekten. Dem Vernehmen nach entwarfen die Planer einen Neubau, der statt der Berlin-typischen Rasterfassade eher schwungvoll mit einer dynamischen Fassade und herausragenden Balkonen überzeugen will. Der Entwurf wurde in einem Qualifizierungsverfahren unter acht beteiligten Büros als Erstplatzierter ausgewählt, soll jetzt aber überarbeitet werden. Die Architekten selbst wollten sich auf Nachfrage noch nicht zu dem Verfahren äußern.

Welche Parkhausteile weichen sollen

Auch die Sprecherin der Parkhaus-Eigentümerin, der Immobilienfondsgesellschaft SEB Asset Management mit Sitz in Frankfurt, gab sich auf Anfrage der Berliner Morgenpost zurückhaltend. So bestätigte Brigitte Schroll zwar die Pläne zum Umbau der Hochgarage zugunsten von Wohnungen, betonte zugleich aber auch, dass „die konkrete Ausgestaltung noch offen“ sei.

Dass die Hochgarage für 1500 Autos nicht komplett abgerissen wird, liegt nach Aussage Panhoffs daran, „dass darauf später die erweiterte Trasse der neuen S-Bahn-Linie 21 aufgebaut werden soll“. So gibt es Pläne, die S21 langfristig in dem Abschnitt von Potsdamer Platz bis zum Gleisdreieck zu verlängern. Diese Streckenerweiterung und die Idee, den Bahnhof einmal zum Umsteigezentrum für U- und S-Bahn zu gestalten, ist nach Information dieser Zeitung jedoch derzeit noch ferne Zukunftsmusik, was auch ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Nachfrage bestätigte.

Für den Wohnungsneubau am Gleisdreieck werde quasi „ein großes Stück aus dem Parkhaus herausgeschnitten“, sagte Panhoff. Das sei noch die beste Lösung. Die ockerfarbenen Rotunden an der Straße Schöneberger Ufer und am Ende des Hauses bleiben ebenso wie die Hälfte des etwa 100 Meter lang gestreckten Baus zur S-Bahn hin stehen und sollen auch weiterhin als Hochgarage genutzt werden.

Gebiet mit hochpreisigen Eigentumswohnungen

„Momentan benötigt keiner das Parkhaus, aber das wird sich noch ändern“, sagt Panhoff mit Blick auf die rege Bautätigkeit am Gleisdreieck-Park. Dort entsteht, wie berichtet, ein neues Viertel mit größtenteils hochpreisigen Eigentumswohnungen. Die plant jetzt auch die SEB. Das Unternehmen hatte in dem wohl größten deutschen Immobiliendeal des Jahres 2007 die Debis-Bauten am Potsdamer Platz sowie das Parkhaus gekauft und soll dafür mindestens 1,2 Milliarden Euro bezahlt haben.

Das bereits 1994 geplante Parkhaus wurde 1998 auf Drängen der Geschäftsführung des Daimler-Unternehmens Debis gegen heftige Widerstände der Interessengemeinschaft Gleisdreieck und der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz realisiert. Die Gegner kritisierten unter anderem den Standort des Bauwerks direkt im Eingangsbereich des damals geplanten und mittlerweile realisierten Parks. Doch bei Debis hieß es: „Wir müssen das Parkhaus 1998 haben, sonst bekommen wir ein riesiges Problem.“

Widerstand gegen ein anderes Projekt

Anders als der damals umstrittene Parkhaus-Bau stößt der geplante Teilabriss auf keinen Widerstand. Der regt sich vielmehr gegen ein anderes Vorhaben, gegen das Vorgehen der Eigentümerin der letzten Brache am Gleisdreieck-Park. Wie berichtet, will die Copro Projektentwicklung die „Urbane Mitte“ genannte 40.000 Quadratmeter große Fläche südlich des Parkhauses dicht bebauen und hat bereits mehrere Bögen der historischen Bahnviadukte abgerissen.

„Das ist nicht nachvollziehbar, weil hier in einem angeblich offenen Verfahren mit den Bürgern und Experten gemeinsam die Entwicklung des Areals geplant werden soll“, sagt Matthias Bauer von der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck. Bauer appelliert: „Man sollte erst die Planungen abwarten, bevor historische Spuren vernichtet werden.“

Markus Vogel, Entwicklungspartner von Copro, begründete den Abriss am Montag hingegen mit „Vorgaben des Eisenbahnbundesamtes“, wonach die Viadukte den neuen S-Bahn-Trassen Platz machen müssen.