Arena der Stars

Wie die O2 World Berlin verändert

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Isabell Jürgens

Foto: Wende

Für die Einen ist sie die einzige wahre Megaarena für Berlin, für die Anderen eine gigantische "Suppenschüssel": Die O2 World. Wenn sie Weltmeisterschaften, Rockkonzerte und Kongresse locken sollte wie geplant, wird die Halle Friedrichshain ein neues Gesicht geben.

Die üppig bemessenen Künstlergarderoben und die Mannschaftsräume mit Whirlpool, Kraft- und Physiotherapieraum im Erdgeschoss befinden sich noch im Rohbaustadium. Doch sie lassen schon erahnen, dass die O2 World am Ostbahnhof die Berliner Veranstaltungsszene gehörig durcheinanderwirbeln wird.

Wenn sie in einem halben Jahr eröffnet, wird die Multifunktionshalle mit bis zu 17.000 Sitzplätzen der größte überdachte Veranstaltungsort in der Hauptstadt sein. Das bedeutet nicht nur eine verschärfte Konkurrenz für die anderen Hallen und Arenen in Berlin, sondern auch für die alteingesessenen Veranstaltungsagenturen. Denn Bauherr und Betreiber der 165 Millionen Euro teuren Arena ist die Anschutz Entertainment Group. In den USA ist das Unternehmen führend im Bereich Live-Entertainment und Sport und hat viele Weltstars wie Céline Dion oder Justin Timberlake unter Vertrag.


Mehr als 100 Veranstaltungen im Jahr sind nach den Planungen von Anschutz-Europa-Chef Detlef Kornett in der Arena geplant. Vor allem Konzerte mit internationalen Mega-Stars, Weltmeisterschaften oder Boxkämpfe die, wie Kornett betont, vor allem deshalb selten in Berlin stattfanden, weil es keine ausreichend großen Hallen gab.


Wolfram Svoboda, Marketingleiter des ICC am Messedamm, reagiert indes gelassen auf die neue Konkurrenz: "Für die weitaus meisten Rock- und Popkonzerte reicht eine Saalgröße mit 5000 Plätzen.“ Der Große Saal 1 im ICC sei sowohl für Stars wie Neil Young (26. Februar) oder Hansi Hinterseer (30. März) ausreichend.

Max-Schmeling-Halle und Velodrom sind die Konkurrenten

Unmittelbarer ist da schon die Konkurrenz mit der Max-Schmeling-Halle und dem Velodrom in Prenzlauer Berg, die jeweils mehr als 10.000 Zuschauer fassen und ebenfalls für Sport- und Konzert-Events zur Verfügung stehen. In den Hallen treten in diesem Jahr Künstler wie Kylie Minogue, The Cure oder die Backstreet Boys auf. In Hamburg gastieren dieselben Musiker in der Schwesterarena der O2 World, der Color Line Arena, die seit 2007 im Besitz der Anschutz-Gruppe ist. "Kein Kommentar“, sagt Velomax-Geschäftsführer Sally Rothholz zu der Frage, wie er mit dieser Konkurrenz künftig umgehen will.

Doch nicht nur Konkurrenten, auch viele Anwohner in Kreuzberg und Friedrichshain sehen der Eröffnung der O2 World mit gemischten Gefühlen entgegen. Sie sorgen sich in erster Linie vor dem Massenauftrieb, den die Halle mit sich bringen wird. Schließlich rechnet die Anschutz-Gruppe mit rund 100 Top-Events pro Jahr, zu denen jeweils bis zu 17.000 Zuschauer erwartet werden. Zwar werden die Besucher laut Verkehrsstudie überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Deshalb sind nur 2000 Parkplätze geplant. Doch viele Anwohner trauen der Prognose nicht, fürchten den Parksuchverkehr und lautstarkes Partyvolk in ihren Straßen.

Viele Kreuzberger haben längst nicht ihren Frieden mit dem Bau gemacht

Anfang Februar hatte Anschutz-Chef Detlef Kornett die Anwohner zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, um über die weiteren Pläne zu informieren. Dabei zeigte sich, dass vor allem auf der Kreuzberger Seite der Spree viele ihren Frieden mit den neuen Nachbarn noch längst nicht gemacht haben.

Nur vordergründig geht es dabei um die weithin leuchtende, zwölf Mal sechs Meter große LED-Werbetafel an der Mühlenstraße, der bald zwei weitere, ähnlich dimensionierte folgen sollen. Ihr grelles Licht, klagen die Anwohner, scheine bis in die Köpenicker Straße herüber. Tatsächlich jedoch ist vielen Kreuzbergern aus der alternativen Szene die O2 World als Motor für die gesamte Entwicklung der Projekts MediaSpree ein Dorn im Auge. Rund 180 Hektar umfasst das Gebiet beidseits der Spree zwischen Michael- und Elsenbrücke. 2,6 Milliarden Euro Investitionen haben Unternehmen vornehmlich aus der Medien-, Mode- und Tourismusbranche im Spreeraum angekündigt.

Die Bebauung ehemaliger Brachflächen und Industrieareale bedeutet meist das Ende für viele mehr oder weniger kreative Zwischennutzungen, die sich nach dem Fall der Mauer entwickelt haben. Das derzeit laufende Bürgerbegehren der Initiative "MediaSpree versenken“ will deshalb eine Änderung der städtebaulichen Planung im Spreeraum erreichen. Bauten sollten einen Abstand von 50 Metern zum Ufer haben und nicht höher als 22 Meter sein. Bereits 11.000 Anwohner haben nach Auskunft der Initiative das Begehren unterschrieben – 5500 gültige Unterschriften werden gebraucht, um einen Bürgerentscheid initiieren zu können.

Bis die gigantische "Suppenschüssel“ als selbstverständlicher Bestandteil des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg oder sogar als sein über die Grenzen Berlins hinaus bekanntes Wahrzeichen akzeptiert wird, fließt vermutlich noch eine ganze Menge Wasser die Spree hinunter. Dazu beitragen könnte, dass Kornett zugesagt hat, die bis zu 1500 Voll- und Teilzeitjobs mithilfe der örtlichen Jobcenter zu besetzen.