Berlin. Samir Demirel fährt seit vielen Jahren Touristen mit dem Doppeldeckerbus durch die Hauptstadt. Auch am Bahnhof Zoologischer Garten und dem davor liegenden Hardenbergplatz hält er regelmäßig. Auf die Frage, ob er sich weitere Hochhäuser in der City West und wie zuletzt vom Architekten Christoph Langhof vorgeschlagen auch auf dem Hardenbergplatz vorstellen könne, antwortet er bestimmt: „Klar, London, Paris und New York haben ja auch viele Hochbauten. Man darf es in Berlin nur nicht übertreiben.“
Zum Hintergrund: Der Architekt Langhof bezeichnete die derzeitige Nutzung des Platzes jüngst als eine enorme Platzverschwendung. Er sei für eine Halbierung des Platzes für die derzeitige Nutzung, um Raum für fünf 60 Meter hohe Türme zu schaffen. Der Bezirk reagiert verhalten. So deckt sich die Antwort des Bezirksstadtrats für Stadtentwicklung im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf Fabian Schmitz-Grethlein in Teilen mit der Aussage des Bus-Fahrers vor dem Bahnhof. „Wir müssen uns schon genau überlegen, wo wir weitere Hochpunkte in der Stadt setzen. Ich sehe an dieser Stelle keine Hochhäuser“, sagt der Stadtrat. Der Hardenbergplatz habe eine zentrale Verkehrsfunktion. Zudem wolle man die City-West nicht überfrachten.
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In der benachbarten Hertzallee entstehen bereits fünf Hochhäuser
Denn es sind bereits fünf Hochhäuser in unmittelbarer Nachbarschaft an der Berliner Hertzallee geplant. Eigentlich sollte an der Adresse nördlich des Bahnhof Zoo mal ein Riesenrad gebaut werden – aber das ist lange her. Die Entwicklungen rund um die Bebauungspläne für die Hertzallee zeigen auch, dass sich Pläne im Zuge der rasanten Entwicklung der Stadt ändern können. Ursprünglich war zu Beginn der Planungsphase 2018 nur ein Hochhaus vorgesehen. Nun sind es fünf. Das höchste soll mit 110 Metern an Zoofenster und Upper West an der Kantstraße heranreichen, das niedrigste misst auch noch 75 Meter.
„In unmittelbare Nähe noch einmal auf den ersten Blick fünf nahezu identische Hochhäuser zu setzen, halte ich aus stadtplanerischer Sicht nicht für sinnvoll“, sagt Bezirksstadtrat Fabian Schmitz-Grethlein. Der Bezirk sei nicht grundsätzlich gegen eine moderne Bebauung, nur müsste auch wohl überlegt sein, wie viel Verdichtung ein Gebiet vertragen kann. Auch die städtebauliche Silhouette sei dabei zu berücksichtigen.
Über- oder Unterbauung im Rahmenplan des Senats nicht vorgesehen
Zudem verweist Schmitz-Grethlein auf den Rahmenplan des Senats für den Hardenbergplatz. Auch dort ist eine Bebauung des Platzes nicht vorgesehen. Er solle planungsrechtlich als öffentliche Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung als „Verkehrs- und Stadtplatz“ gesichert werden. Eine markante Über- oder Unterbauung sei nicht geplant. Lediglich kleinere Bauten wie Mobilitätshubs oder ein Fahrradparkhaus sollten zulässig sein. Seit Ende vergangenen Jahres werden zudem im Rahmen eines Pilotprojektes des Bundes „Smart Space Hardenbergplatz“ Ideen zur zukünftigen Nutzung des Bahnhofsvorplatzes entwickelt.
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„Wir werden nicht überall in der Stadt 120 Meter hohe Hochhäuser bauen können. Gerade an dieser Stelle ist nur noch wenig Platz für weitere Hochpunkte“, sagt Schmitz Grethlein. Denn auch in der erweiterten Nachbarschaft auf dem Kurfürstendamm 231 gibt es bereits fortgeschrittene Pläne für den Bau neuer Wolkenkratzer. Die Signa-Gruppe will hier zwei Hochhäuser mit maximal 120 Metern Höhe bauen. Dafür startete 2022 ein sogenanntes Werkstattverfahren, in welchem passende Entwürfe gesucht werden.
Weitere Hochhausprojekte in unmittelbarer Umgebung in Planung
Eigentlich sollten die Pläne im Januar diesen Jahres vorgestellt werden. Die öffentliche Abschluss-Sitzung des „kooperativen Werkstattverfahrens“ fand aber nicht wie geplant diesen Monat statt. Die vier Finalisten sollen nun ab dem 27. März öffentlich im „Pop Kudamm“ ausgestellt werden. Der Siegerentwurf soll später die Grundlage der anschließenden planerischen Vertiefung und Vorbefassung im politischen Raum sein.
Ebenfalls in der näheren Umgebung rund um den Bahnhof Zoo entsteht das Hochhausprojekt „Fürst“. Der dazugehörige 102-Meter-Turm war zwar schon vorhanden, als der Komplex noch „Kudamm-Karree“ hieß, wird aber künftig durch den Abriss der vorgelagerten Gebäude im Stadtbild deutlich sichtbarer sein.
Für den Senat bedeutet die Bebauung, die Ziele abzuwägen. Aufgrund der stadtentwicklungspolitischen Ziele des Landes Berlin müsste die Anzahl von Gebäuden in der City West einerseits erhöht werden, andererseits erfolge diese Nachverdichtung aktuell immer in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Zoo, der den Anschluss an den Fernverkehr, den ÖPNV sowie an Fahrrad- und Fußwege sichert.
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