Charlottenburg/Schöneberg. Fast drei Jahre stehen die Pläne schon im Raum. Doch die Umsetzung des sogenannten „Business Improvement District“ (BID) auf Tauentzienstraße und Kurfürstendamm erwies sich zäher als erwartet. „Jetzt sind endlich die Kostenbescheide an die Anlieger raus“, sagt Gottfried Kupsch von der AG City. „Sobald das Geld fließt, legen wir los.“ Bereits ab Juni sollen auf den beiden Einkaufsboulevards der City West regelmäßig City Guards unterwegs sein, nennt Kupsch als ersten Schritt. Die Ausschreibung für sechs bis acht solcher Stellen laufen derzeit. „Wir wollen da ja auch Leute haben, die Fremdsprachen sprechen und sich gut mit unserem Konzept identifizieren“, sagt der AG-City-Sprecher. Jeweils zwei der Guards soll dann während der Ladenöffnungszeiten erkennbar Präsenz zeigen sowie Berlinern und Berlin-Besuchern Auskünfte geben können.
Anlieger werden zur Kasse gebeten
Das BID ist ein Instrument, das vorerst fünf Jahre lang alle Grundstückseigentümer an Tauentzien und Kudamm zwischen Wittenbergplatz und Uhlandstraße zur Kasse bittet, um den Standort attraktiver und sicherer zu gestalten. Die Sorge um den stationären Handel war der Antrieb, weshalb die Händlergemeinschaft AG City seinerzeit gemeinsam mit den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg den Stein ins Rollen brachte. „Der Onlinehandel hat uns so schnell und so stark getroffen, dass es nun höchste Zeit ist, dass wir unsere Kräfte bündeln, um den Standort attraktiver zu machen.“
Bezirke wollen innerstädtische Mischung erhalten
Der strukturelle Wandel bereitet auch den Bezirken Sorgen: „Wir müssen alles tun, um die die lebenswerte Mischung mit Wohnen, Arbeiten und Einkaufen in den Innenstadtlagen zu erhalten“, sagt Oliver Schruoffeneger (Grüne), Stadtrat für Stadtentwicklung in Charlottenburg-Wilmersdorf. Auch an der Umgestaltung der Boulevards beteiligt sich der Bezirk. „Die abgestorbene Eiben auf dem Mittelstreifen sind ja nun nicht das, was man sich da wünscht. Die kommen jetzt raus“. Die AG erarbeite nun einen Entwurf für die künftige Gestaltung. „Da gehen wir dann gemeinsam drüber“, so der Stadtrat.
Ubahn fährt unter dem Mittelstreifen
Der in den vergangenen Jahren umgestaltete Bereich des Mittelstreifens der Tauentzienstraße soll durch eine saisonal wechselnde Pflanzung und optimierte Grünflächenpflege aufgewertet werden. Ganz einfach gestalten sich die Entwürfe für den Mittelstreifen aber nicht. „Gastronomische Angebote sind uns ein besonderes Anliegen“, sagt Kupsch. Kioske oder Pavillons, in denen Getränke ausgeschenkt und Snacks angeboten würden, seien geplant. Planerisch sei das aber nicht so einfach. „Wir brauchen da ja dann Strom, Wasser und Abwasser, aber da fährt ja die Ubahn drunter weg“, sagt Kupsch. „Gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten vom Büro Lützow 7 sind wir aber auch einem guten Weg“, ist Kupsch zuversichtlich. Große Bäume seien deshalb also auch künftig nicht möglich. „Aber warum nicht Liegewiesen“, wirft Kupsch in den Raum. Picknick zwischen mehrspurigem Verkehr? Kupsch schüttelt den Kopf. „Wir müssen ja auch daran denken, dass sich Verkehr und Mobilität künftig ändern“, ist er sich sicher. Verkehr der Zukunft sei geräuschärmer und abgasfrei, warum dann also die grünen Mittelstreifen nicht auch für solche Nutzungen gestalten. „Wir sind auch schon bei der BVG vorstellig geworden, weil wir uns kleinere Elektro-Shuttle-Busse wünschen, die zwischen Wittenbergplatz und Halensee pendeln“, sagt der AG-City-Sprecher. Doch bei der BVG winkt man ab. „Irgendwann wird das so bestimmt so weit sein“, so ein Sprecher. Zwar würden jetzt an anderen Stellen in der Stadt Elektrobusse eingesetzt, der Kudamm stünde aber gerade noch nicht auf dem Programm. „Wir müssen ja auch immer noch sehen, dass wir in der Nähe von Ladestationen bleiben.“
Kritik am freien Wlan-Angebot
Noch in diesem Jahr umgesetzt werden soll auch das Angebot für freies Wlan im gesamten Bereich des BID. Doch das ist nicht unumstritten: „Es ist absolut unterstützenswert, wenn privates Kapital in die Optimierung des öffentlichen Bereichs fließt. Jedoch muss die Frage erlaubt sein, welchen Preis die Öffentlichkeit hierfür zu zahlen hat“, sagt der stadtentwicklungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Heyne. Die Besucher der Einkaufsstraßen müssten wissen, dass mit den von ihnen im Vorbeigehen via Smartphone gesendeten Daten Bewegungsprofile erstellt würden und ihr Einkaufsverhalten analysiert werden könne.