Wohnraum oder Grünfläche

Streit um Cornelsenwiese geht in die letzte Runde

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Philipp Siebert
Zwischen die sieben Bestandsbauten (weiß) sollen sechs neue gebaut werden. Zwei davon würden auf der sogenannten Cornelsenwiese (rechts) liegen

Zwischen die sieben Bestandsbauten (weiß) sollen sechs neue gebaut werden. Zwei davon würden auf der sogenannten Cornelsenwiese (rechts) liegen

Foto: Becker & Kries/BRH Generalplaner

Der Investor bietet mehr Sozialwohnungen, besteht aber auf die Bebauung der Grünfläche. Eine politische Grundsatzentscheidung steht an

Schmargendorf. Ursprünglich sei geplant gewesen, die bestehenden 200 Wohnungen energetisch zu modernisieren, sagt Matthias Klussmann, Geschäftsführer des Immobilienunternehmens Becker & Kries. Um aber Mietsteigerungen zu vermeiden, habe man sich 2013 entschlossen nachzuverdichten. 100 Wohnungen mit durchschnittlich 70 Quadratmetern sollen entlang von Dillenburger-, Sodener- und Wiesbadener Straße in Schmargendorf entstehen. Fünf neue Gebäude sind zwischen den sieben bestehenden der Siedlung geplant. Außerdem soll ein eingeschossiger Supermarkt aufgestockt werden. "Wir bauen nichts zum Verkauf sondern sind an bezahlbarem Mietwohnungsbau interessiert, den wir langfristig im Bestand halten wollen", so Klussmann. Wohnungen, die dringend gebraucht würden und innerhalb von 18 Monaten entstehen könnten, ergänzt Architekt Andreas Becher.

Investor verspricht mehr Sozialwohnungen

Dabei soll der Anteil an mietpreisgebundenen Sozialwohnungen zu 6,50 Euro pro Quadratmeter von bislang 24 auf 32 erhöht werden. Die übrigen sollen 12 Euro kosten. Damit versuchte Klussmann auf der jüngsten Sitzung des Bauausschusses der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf (BVV) erneut für das Projekt zu werben. Denn dort wurde es nach langem Ringen zuletzt abgelehnt. Stein des Anstoßes war, wie schon zuvor, die sogenannte "Cornelsenwiese". Zwei der sechs neuen Häuser sollen auf dem rund 4000 Quadratmeter großen Grünstreifen auf der Westseite des Grundstücks entlang des Franz-Cornelsen-Wegs entstehen. Anwohner schlossen sich 2014 in einer Bürgerinitiative für den Erhalt Wiese zusammen. Becker & Kries überarbeitete im Nachgang seinen Entwurf, sodass etwas mehr als die Hälfte des Rasens frei bleiben soll.

Auf der Wiese liegt außerdem eine Dienstbarkeit, die sie als öffentliche Grünfläche sichert. Sie wurde 1961 ins Grundbuch eingetragen, als Becker & Kries das Areal vom Land Berlin kaufte. Ein Recht zugunsten des Bezirks, auf das er nicht verzichten soll, beschloss die BVV im vergangenen März mit Stimmen von CDU, Grünen und Linken. Denn das sei nicht mit einem Bürgerbegehren zum Erhalt der Grünflächen vereinbar, dass die BVV 2016 wortgleich übernahm, so die Begründung. Die Wiese müsse in jedem Fall frei bleiben.

Dass Becker & Kries nun mehr Sozialwohnungen anbietet, ist ein Ergebnis eines Clearing-Gesprächs bei der Wohnungsbauleitstelle des Senats. Charlottenburg-Wilmersdorfs Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) hatte das Verfahren im Frühjahr dorthin überweisen. Man sei auch bereit, Zugeständnisse bei der Qualität der Grünflächen zu machen, die nach der Nachverdichtung verbleiben, erklärte Klussmann.

Becker & Kries sieht Löschungsanspruch der Grunddienstbarkeit

Einzig auf die Bebauung der Cornelsenwiese besteht das Unternehmen weiterhin. Und mittlerweile scheint zweifelhaft, ob die Dienstbarkeit überhaupt Bestand haben kann. "Es besteht ein Löschungsanspruch, wenn die Grundlage der Entstehung verfallen ist", sagt Klussmann und hat genau das beantragt. Diese Grundlage sei der Plan gewesen, die Norderneyer Straße, die südlich der Wiese endet, nach Norden entlang des heutigen Cornelsen-Wegs zu verlängern. Die Wiese sollte in diesem Zusammenhang als Grünausgleich gesichert werden, so Klussmann weiter. Ein Vorhaben, das spätestens 1962 verworfen wurde.

In dieser Frage gebe es unterschiedliche Ansichten, sagte Baustadtrat Schruoffeneger. "Ich hab aber keine Lust, das juristisch auszutragen." Es gehe um die politische Grundsatzentscheidung ob man das Projekt will oder nicht. Wenn ja, würde er einen neuen Bebauungsplan aufstellen und sich die Dienstbarkeit damit automatisch löschen. "Aber nochmal drei Schleifen und drei Jahre sind glaub ich keinem zumutbar." Ein neues Meinungsbild des Bauausschusses soll Anfang 2019 vorliegen, versprach dessen Vorsitzende Susanne Klose (CDU). Fällt es negativ aus, steht für Klussmann nach fünfeinhalb Jahren Überzeugungsarbeit fest: "Dann würden wir jetzt Schluss machen."