Charlottenburg. Der Milieuschutz am Klausenerplatz war zuletzt zum Zankapfel der rot-grünen Zählgemeinschaft in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf (BVV) geworden. Diese hatte bereits im September 2017 per Beschluss das Bezirksamt aufgefordert, entsprechend zu handeln. Das tat bislang nichts. Stattdessen legte die Grünen-Fraktion im Oktober einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss vor. Die SPD, mit der das augenscheinlich nicht abgesprochen war, sah darin einen Umkehr der Zuständigkeiten.
SPD: Milieuschutz muss rechtssicher erlassen werden
Sie stoppte den grünen Vorstoß mit einem eigenen Antrag und spielte den Ball zurück ans Bezirksamt. Vor diesem Hintergrund sahen sich die Sozialdemokraten zuletzt dem Vorwurf ausgesetzt, den Milieuschutz am Klausenerplatz auszubremsen. Das wies der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Fraktion, Wolfgang Tillinger, entschieden zurück. Die SPD wolle Milieuschutz überall dort, wo er möglich ist um Mieter vor Verdrängung zu retten – bestenfalls flächendeckend im ganzen Bezirk.
Möglich sei er am Klausenerplatz in jedem Fall, so Tillinger weiter. Mit dem Antrag der Grünen hätte er aber nicht rechtssicher erlassen werden können. „Eine solche Vorlage durch die BVV ist nur dann möglich, wenn das Bezirksamt einen schon vorhandenen Beschluss abgelehnt hat.“ Zu dieser Auffassung sei auch das bezirkliche Rechtsamt gelangt. Mittlerweile scheint der Streit aber beigelegt. Auf der jüngsten BVV-Sitzung legten SPD, Grüne und Linke einen gemeinsamen Ersetzungsantrag vor, der mit den Stimmen der drei Fraktionen angenommen wurde.
Stadtrat: Aufstellungsbeschluss im Dezember
Darin wird das Bezirksamt aufgefordert, unverzüglich den Aufstellungsbeschluss für eine soziale Erhaltungssatzung zu fassen. Ihr Ziel ist der Erhalt der angestammten Wohnbevölkerung. Diese soll für die vier Planungsräume „Klausenerplatz“, „Schlossgarten“, „Amtsgerichtsplatz“ und „Schloßstraße“ gelten. Ferner seien alle notwendigen rechtlichen und personellen Voraussetzungen zu schaffen. Den Beschluss wolle das Bezirksamt im Dezember fällen, wie Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) der Morgenpost sagte.
Ab dann hat der Bezirk die Möglichkeit, Anträge auf mieterhöhende Modernisierung sowie auf Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen für bis zu ein Jahr zurückzustellen. In diesem Zeitraum muss die soziale Erhaltungsverordnung auch rechtskräftig erlassen werden. Denn erst dann können die Anträge tatsächlich abgelehnt werden. Auch das Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand greift erst nach Erlass. Bis dahin seien jedoch weitere Feinuntersuchungen nötig, so der Stadtrat.
Opposition kritisiert Länge des Verfahrens
CDU und FDP lehnten den Antrag ab, die AfD enthielt sich. Die Kritik der drei Oppositionsfraktionen galt dabei weniger dem Inhalt als dem Verfahren. Die lange Diskussion um den Milieuschutz am Klausenerplatz sei eine Farce, so der baupolitische Sprecher der CDU, Christoph Brzezinksi. „Worüber wir eigentlich heute sprechen sollten, ist die Tatsache, dass das Bezirksamt einen Beschluss der BVV von vor 14 Monaten nicht umgesetzt hat.“ Dass das eine Selbstverständlichkeit sein müsste, gaben auch die Sprecher von AfD und FDP zu Protokoll. Der baupolitische Sprecher der Liberalen, Johannes Heyne, forderte SPD und Grüne ferner auf „den katastrophalen Zustand, der das Bezirksamt zur Handlungsunfähigkeit bringt“ aufzulösen.
Die SPD sah die Verantwortung für die Verzögerung stets beim zuständigen grünen Baustadtrat. Dieser begründete die Untätigkeit mit fehlendem Personal. Die Grünen-Fraktion sah daher den für Personal zuständigen Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) in der Pflicht. „Während wir uns hier über Zuständigkeiten streiten, bringen Investoren ihre Schäfchen ins Trockene“, räumte Grünen-Fraktionschef Christoph Wapler, ein. Man wolle zukünftig gemeinsam an der Ausweitung des Milieuschutzes arbeiten, so SPD-Sprecher Tillinger. Dabei steht der Fasanenplatz in Wilmersdorf als nächster Kiez auf der Tagesordnung stehen. Wie auch am Klausenerplatz sammelte dort eine Bürgerinitiative mehr als 2000 Unterschriften für ein entsprechendes Milieuschutzgebiet. An diesem Mittwoch, 21. November, wird der Antrag im Stadtplanungsausschuss (17.30 Uhr) behandelt.