Berlin. An vier Stellen soll die Fahrradinfrastruktur verbessert werden. Dafür werden Autostellplätze in der City West ersatzlos gestrichen.
Berlin soll für Fahrradfahrer attraktiver und sicherer werden. Dazu will der rot-rot-grüne Senat die Radinfrastruktur massiv ausbauen. Ein stadtweites Fahrradstraßennetz ist geplant sowie mehr breitere Fahrradwege an den Hauptstraßen. Während Radfahrverbände diese Pläne ausdrücklich begrüßen, sind Autofahrer häufig die Leittragenden. Vier Umbaumaßnahmen in Charlottenburg-Wilmersdorf, die noch in diesem Jahr starten sollen, würden zum Verlust von knapp 500 Parkplätzen führen. Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) hat sie jetzt im bezirklichen Straßen- und Grünflächenausschuss vorgestellt.
An zwei Orten in Wilmersdorf sowie einem in Charlottenburg will die Senatsverkehrsverwaltung neue Radwege bauen. Auf der Brandenburgischen Straße sind zwischen Ballenstedter- und Konstanzer Straße in beiden Richtungen sogenannte Protected Bike Lanes geplant: zwei Meter breite Radwege, die durch Poller und eine Sperrfläche vom Autoverkehr getrennt sind. Dafür sollen 120 Parkplätze entfallen.

Auf der Dove- und Helmholtzstraße im Nordwesten Charlottenburgs sind es 250 und damit laut Bezirksamt 70 Prozent der bisher dort angebotenen Stellfläche. Auf dem ganzen Abschnitt zwischen Einsteinufer und der Gotzkowskybrücke sollen sie zwei Meter breiten Radwegen an der Straße weichen.
Wie viele Parkplätze letztlich auf der Detmolder Straße wegfallen, kann noch nicht abschließend gesagt werden. Denn hier befände man sich mit der Senatsverwaltung noch in Abstimmung, heißt es aus dem Bezirksamt. Die Umbaumaßnahmen sollen im Zuge einer lärmmindernden Fahrbahnsanierung erfolgen. Noch sei unklar, ob die neuen Radwege auf dem Bürgersteig bleiben oder auf die Fahrbahn verlegt werden und in welchem Winkel zur Fahrbahn die verbleibenden Parkplätze stehen. Am Ende könnten zwischen 60 und 120 Stellplätze entfallen.

Weitere 40 kommen auf der Prinzregentenstraße hinzu. Diese ist bereits seit mehr als zehn Jahren Fahrradstraße und darf eigentlich nur von Anwohnern befahren werden. In der Hoffnung, den Verkehr auf der parallelen Bundesallee zu umgehen, setzen sich viele Autofahrer jedoch darüber hinweg. Deshalb wolle der Bezirk hier nun geltendes Recht mit baulichen Maßnahmen durchsetzen, so Schruoffeneger. Poller sind an der Ecke Durlacher Straße sowie an zwei Stellen im Volkspark Wilmersdorf geplant. Die Parkplätze fallen zugunsten großer Wendekreise hinter den Pollern weg, damit etwa Müllfahrzeuge die Sackgassen befahren können.
Lob von den Grünen, Kritik von Opposition und ADAC
Die rot-rot-grüne Mehrheit im Bezirk begrüßt diese Pläne ausdrücklich. „Wenn wir die Attraktivität von Fahrradverkehr steigern wollen, brauchen wir eben auch eine attraktive Fahrradinfrastruktur“, so der mobilitätspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Alexander Kaas Elias.
Bei der Opposition stoßen die zwischen 470 und 530 wegfallenden Parkplätze allerdings auf massive Kritik. Von Maßnahmen zugunsten eines Verkehrsteilnehmers und zu Lasten eines anderen, ohne dass man die Belange gegeneinander abgewogen hätte, spricht FDP-Fraktionschef Johannes Heyne. „Arroganz gegenüber den Anwohnern“ – so lautet der Vorwurf des CDU-Verordneten Gerald Mattern.
Auch Jörg Becker vom ADAC Berlin-Brandenburg sieht die Anwohner als Leittragende. „Wo bleibt die Fürsorge für diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind – insbesondere Ältere und Familien mit Kindern?“ Die Fürsorgepflicht dürfe sich nicht nur auf den Radverkehr beschränken. Bei allem Verständnis für den Ausbau der Fahrradinfrastruktur brauche es auch Antworten darauf, wie der Parkplatzwegfall kompensiert werden könne.
„Umstrukturierungen im Verkehrsbereich haben schwierige Übergangsprozesse, und in einem solchen sind wir“, sagte dagegen Baustadtrat Schruoffeneger.
Ein Stück altes West-Berlin lebt weiter