Ein Polizist soll geheime Daten an den Betreiber einer Tabledance-Bar weitergegeben und im Gegenzug sexuelle Dienste erhalten haben.

In einer Tabledance-Bar war alles ins Rollen gekommen. Eine VP (Vertrauensperson, von Ganoven auch Spitzel genannt), habe den Polizeioberkommissar Helmut F. in dieser Bar in Charlottenburg öfter Mal gesehen, berichtet ein Ermittler vor einem Erweiterten Moabiter Schöffengericht. Der Beamte habe in der Bar gratis Getränke bekommen, ebenso sexuelle Dienstleistungen.

Diese mutmaßlich innigen Kontakte im Rotlichtmilieu waren der Auftakt der Ermittlungen gegen Helmut F., die einen Prozess mündeten, der am Donnerstag im Moabiter Kriminalgericht begann. Der 50-Jährige muss sich wegen Geheimnisverrats, illegalen Abrufs von Daten aus dem Polizeicomputer und Bestechlichkeit verantworten. Neben ihm sitzen fünf Männer auf der Anklagebank, die F. bestochen und dafür Daten aus dem Computer erhalten haben sollen. Aufgelistet wurden von der Staatsanwaltschaft 266 Fälle, die sich den Ermittlungen zufolge zwischen März 2012 und September 2014 ereigneten.

Der - derzeit suspendierte - Polizeibeamte ließ über seinen Verteidiger erklären, dass er tatsächlich Daten aus dem Polizeicomputer an die Mitangeklagten weiter gegeben habe. Allerdings sei das im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit geschehen - von Vorgesetzten wohlwollend zur Kenntnis genommen.

Helmut F. ist seit 1989 bei der Berlinert Polizei beschäftigt und arbeitete viele Jahre im Raum Moabit für eine Spezialabteilung, die sich vor allem mit Hehlerei beschäftigt. In dieser Funktion, so Helmut F., sei er als Polizist sehr direkt auf Betreiber von An- und Verkaufsgeschäfte zugegangen und habe ihnen angeboten, suspekte Angebote zu überprüfen. Dafür habe er die Möglichkeiten des Polizeicomputers genutzt - ohne aber etwa Gegenleistungen dafür zu fordern. Es sei eine win-win-Situation gewesen, weil so ja auch Diebe geschnappt werden konnten.

Ob das alles wirklich dienstlich korrekt war, wird der Prozess nun zeigen. Das Verfahren des Betreibers der Tabledance-Bar ging schon vor dem Prozess in ein Strafbefehlsverfahren über. Er er musste nicht als Angeklagter erscheinen. Auch zwei weitere Mitangeklagte, die wie der Bar-Betreiber Geständnisse anboten, werden einen Strafbefehl bekommen. Bei dem vorbestraften 46-jährigen Dindar K. ging es um eine Auskunft, ob gegen ihn ein Haftbefehl bestehe. Er wollte damals eine Flugreise antreten und befürchtete offenbar, in Tegel festgenommen zu werden. Als Gegenleistung soll Helmut F. ein Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft bekommen haben.

Der 42-jährige Torsten M. erklärte, dass er mit Helmut F. schon seit mehr als 20 Jahren eng befreundet sei. M. gab als Tätigkeit die „Sicherung mobiler Wirtschaftsgüter“ an. Er kümmere sich um finanzierte oder geleaste Autos, deren Besitzer vertragsbrüchig geworden seien und das Fahrzeug nicht wieder herausgeben wollen. „Wenn ich jemanden zu fassen kriege, mit dem ich dann auch reden kann, habe ich fast hundertprozentige Erfolgschancen“, sagte der 1,90 Meter große, kräftige Mann. Wenn ihm die Daten der Besitzer fehlten, habe ihm Helmut F. mit Informationen aus dem Polizeicomputer geholfen. Laut Anklage 55 Mal. Er habe nicht gewusst, so Torsten M., dass F.s Recherchen im Polizeicomputer offenbar nicht ganz legal gewesen seien. Dass er den Freund dafür bezahlt haben soll, sei Unsinn. Er sei fest angestellt gewesen und habe für jedes zurückgeholte Auto eine zusätzliche Prämie von 20 Euro bekommen. „Aber brutto“, sagte er, „netto sind das bei Steuerklasse eins nur noch zehn Euro. Dafür kann ich mir zwei Döner und eine Eiskugel kaufen, aber keinen bestechen.“ Der Prozess wird fortgesetzt.