Im Mordprozess um ein tödliches Autorennen in der Berliner Innenstadt hat eine Verkehrspsychologin ihr Gutachten zu einem der beiden Angeklagten erstattet. Der 27-jährige Hamdi H. halte sich für einen guten Fahrer und sei überzeugt gewesen, dass er mit seinem Fahrstil keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährden würde, erklärte die Expertin am Donnerstag vor dem Landgericht. Der Angeklagte sei "massiv selbstüberschätzend" unterwegs gewesen.
Bei dem tödlichen Rennen in der Berliner Innenstadt sei es ihm darum gegangen, „zu gewinnen und dadurch sein Ego aufzuwerten“, sagte die Expertin am Donnerstag vor dem Landgericht. Mit Tempo 160 soll der 27-Jährige im Februar 2016 einen Geländewagen gerammt haben. Der Jeep wurde bei dem Zusammenstoß in der Tauentzienstraße rund 70 Meter weit geschleudert. Dessen 69-jähriger Fahrer verstarb noch in seinem Auto.
Die angeklagten Sportwagenfahrer, 25 und 27 Jahre alt, müssen sich seit knapp vier Monaten wegen Mordes verantworten. Sie hätten sich spontan zu einem „Stechen“ verabredet, heißt es in der Anklage. Tödliche Folgen hätten die mutmaßlichen Raser billigend in Kauf genommen – um zu siegen und sich „Selbstbestätigung“ zu sichern. Vor Gericht schwiegen die Angeklagten bislang zu den Vorwürfen.
Der zuletzt arbeitslose 27-Jährige habe seinen gebraucht gekauften Sportwagen nach eigenen Angaben „geliebt“, sagte die Verkehrspsychologin Jaqueline Bächli-Biétry. „Das Auto hat erheblich dazu beigetragen, sein Selbstwertgefühl zu steigern.“ Der 27-Jährige habe sich für einen technisch guten Fahrer gehalten habe und angenommen, dass er auch mit riskantem Fahrstil keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährden würde.
Die Psychologin erklärte weiter, mehrfach sei der 27-Jährige wegen Verkehrsdelikten aufgefallen, „aber nicht mit der erforderlichen Härte bestraft worden“. Bei dem Mann habe „kein echtes Erkennen der eigenen Schuld begonnen“. Es bestehe ein hohes Rückfallrisiko.
Bei dem Unfall in der Nacht zum 1. Februar 2016 hatte das Opfer keine Chance. Mit einem Tempo von bis zu 160 Stundenkilometern rasten die beiden Sportwagen den Ermittlungen zufolge durch die westliche Innenstadt von Berlin. Zwischen der Gedächtniskirche und dem Luxuskaufhaus KaDeWe kam es zum Crash. Der 27-Jährige hatte seitlich einen Geländewagen gerammt, der bei Grün angefahren war. Der zweite Sportwagen konnte noch ausweichen.
Die rechtliche Bewertung ist umstritten. „Der Raserei ein Ende machen darf man nicht, indem man die Gesetzeslage unzulässig ausweitet und verschärft“, argumentierte ein Anwalt. Der Vorsatz, an einem Rennen teilzunehmen, sei nicht mit einem Tötungsvorsatz gleichzusetzen. Die Anwälte gehen von einer fahrlässigen Tötung aus. Der Prozess wird am 16. Februar fortgesetzt.