Die Briten fuhren mit einer eigenen Buslinie zum Olympiastadion, die Amerikaner mit dem eigenen Zug sogar bis Helmstedt. Die Franzosen organisierten 1981 die ersten „25 Kilometer von Berlin“ vom Olympiastadion zum Brandenburger Tor und zurück. Und am Wochenende hingen über den Wohngebieten der Amerikaner in Dahlem oder Düppel die Barbecue-Rauchwolken. Fast fünf Jahrzehnte lang prägten die Alliierten in Berlin den Alltag. Für eine Viertelmillion Berliner galt das ganz besonders: Sie arbeiteten zwischen 1949 und 1994 als Zivilbeschäftigte für die alliierten Truppen.
An die Geschichte der West-Alliierten in Berlin erinnert neben dem großen, staatlich unterstützten Alliierten-Museum in Dahlem auch ein kleines privates Museum am Olympiastadion. Im West-Alliierten-Museum stehen die Zivilangestellten im Mittelpunkt, die die Autos und Panzer der Alliierten warteten, Telefonleitungen verlegten, kochten oder sich um die Gärten kümmerten.
Der Verein „West Alliierte in Berlin“ existiert seit 2007, seine Mitglieder hatten schon seit Jahrzehnten Erinnerungsstücke gesammelt. 2009 eröffneten sie ihr Museum: „Auf 50 Quadratmetern im Schöneberger Souterrain“, erinnert sich Gründungsmitglied Ralph Schulz. Der Vereinsvorsitzende war von Anfang an dabei, zog mit der Ausstellung in größere Räume.
„Wir haben einfach mal nachgefragt“
Anfang 2014 aber musste das Museum nach einer Mieterhöhung ausziehen und erst einmal schließen. Die Vereinsmitglieder fanden ein neues Zuhause für ihre Ausstellung: Bei einer Veranstaltung im Olympiapark „haben wir einfach mal gefragt, ob sie uns nicht dringend ein Gebäude vermieten wollen“, erzählt Schulz. Auf dem ans Olympiastadion angrenzenden Gelände lag schließlich früher das Hauptquartier der britischen Alliierten. Und tatsächlich gab es ein leer stehendes Gebäude, das sich für das Museum eignete: Die Umkleidekabinen des Hockeystadions wurden nicht mehr gebraucht. Bevor das Museum dort eröffnen konnte, musste allerdings renoviert werden: „Zum Glück haben wir viele Handwerker im Verein“, sagt Schulz.
Das ist kein Zufall, denn ein Teil der etwa 40 Mitglieder war früher bei den West-Alliierten beschäftigt, und die brauchten viele Praktiker wie Handwerker oder Mechaniker. Schulz, heute 50 und Frührentner, wartete von 1984 an zehn Jahre lang die Panzer der Amerikaner. „Das waren die besten Jahre meines Arbeitslebens.“ Die „lockere Art“, der Umgang mit den Arbeitnehmern. Lob, Motivation, so etwas habe bei dem deutschen Unternehmen, bei dem er zum Mechaniker ausgebildet wurde, keine große Rolle gespielt. „Beim Amerikaner“, wie er sagt, aber schon: „Beim Amerikaner gab’s immer eine Urkunde für besondere Leistungen.“
Auch die Marine war in Berlin
Weil Schulz, sein Vater und sein Bruder „beim Amerikaner“ arbeiteten, kam im Hause Schulz einiges an Urkunden und Geschenken zusammen. Vieles davon ist heute in der Ausstellung zu sehen, darunter ein gold-schwarzes Bild vom US-Hauptquartier, mit dem Vater Schulz für seine Arbeit ausgezeichnet wurde. Es hängt über zwei Tassen mit einem Abzeichen der US-Navy: „Sonst glaubt einem keiner, dass auch die Marine in Berlin war.“ Im Flur reihen sich Rahmen mit T-Shirts der US-Streitkräfte aneinander, „die echten“, sagt Schulz, manche Motive gebe es ja heute in jedem Souvenirshop zu kaufen.
Auch viele andere Mitglieder des Vereins haben ihre privaten Sammlungen weitergereicht. Dicht an dicht hängen sie an den Wänden oder stapeln sich auf dem Boden. Im Museum werden die privaten Sammlerstücke zu Erinnerungen an die West-Berliner Jahre. „Jeder kannte jemanden, der beim Amerikaner oder beim Briten gearbeitet hat“, ist Schulz überzeugt. Im Laufe der Jahrzehnte waren etwa 250.000 Berliner als Zivilangestellte bei den Amerikanern und Briten beschäftigt, wenige auch bei den Franzosen. Kurz vor dem Truppenabzug waren es etwa 11.000.
Viele Exponate auf Flohmärkten erworben
Deshalb erkennen viele Besucher die Urkunden, Abzeichen oder Wappen wieder, die der Verein für das Museum zusammengetragen hat. Auch ehemalige Soldaten der Alliierten auf Deutschlandreise freuen sich, wenn sie die Uniform entdecken, in der sie damals in Berlin unterwegs waren. Andere Berliner erinnern sich an ihre Jugend, wenn sie vor den Plakaten für das Deutsch-Amerikanische Volksfest oder die Parade der Westalliierten stehen.
Viele Ausstellungsgegenstände kaufen Vereinsmitglieder auf Flohmärkten, um sie dann dem Museum zu schenken. Immer wieder kommen auch Berliner mit Urkunden oder anderen Erinnerungsstücken vorbei. „Wir freuen uns über jeden Beitrag“, sagt Ralph Schulz. Vor allem hätten sie gern noch mehr Erinnerungen an die Angestellten der französischen Alliierten: „Dort gab es weniger Zivilbeschäftigte, deshalb haben wir auch weniger Exponate.“
Die meisten Stücke stammen von den Vereinsmitgliedern, sehr viele aus den Beständen des Vorsitzenden. Fehlen sie ihm nicht in der eigenen Wohnung? Schulz lacht laut los: Er habe nur einen kleinen Teil seiner Sammlung mitgebracht: „Bei mir zu Hause sieht es genau so aus wie hier im Museum.“
Museum West-Alliierte in Berlin, Olympischer Platz, Tel. 0176 / 963 398 30, www.west-alliierte-in-berlin.de, Mi. 12 bis 18 Uhr, Sa. und So. 11 bis 18 Uhr geöffnet