Berlin. In Rudow wurden 50 neue Sträucher gepflanzt, um die Artenvielfalt für Insekten zu erhalten. Warum Sträucher keine Lobby haben

Die dunklen Wolken konnten sie nicht abhalten. Selbst mit Regen hatten sie gerechnet. „Dann hätten wir eben mit Regenschirm gepflanzt“ sagt Beate Dirschauer, Pfarrerin der Kirchengemeinde Rudow. Doch das war zum Glück nicht nötig. Bis alle Sträucher im Boden waren, blieb es trocken. Zum Auftakt der Strauchpflanzsaison im Herbst hat der NABU Berlin kürzlich zusammen mit der evangelischen Kirchengemeinde und freiwilligen Helfern 50 heimische Wildsträucher in die Erde gebracht. Die meisten wurden von einer Baumschule gespendet, die sie vor dem Schreddern gerettet hatte. Dazu gehörten Sorten wie Roter Hartriegel und europäischer Wildapfel.

Es war bereits das dritte Mal, dass der Naturschutzbund im Rahmen der Kampagne „Natürlich Strauch!“ in Rudow unterwegs war. Die Wildsträucher wurden an diesem Tag in den Vorgärten der Mietwohnungen der Gemeinde zwischen Margueritenring und Konradenstraße eingepflanzt. „Wir wollen dafür sorgen, dass nicht nur unserer Mieter glücklich und zufrieden sind, sondern auch die Arten und die Biodiversität unterstützen und stärken“, sagt die Pfarrerin. Naturschutz sei Erhalt der Schöpfung – das passe einfach zusammen.

Seit dem Start der NABU-Kampagne „Natürlich Strauch!“ haben Ehrenamtliche, Privatleute, Firmen und Schulen bereits fast 1600 Sträucher gepflanzt. Bis Ende des Jahres sollen es 2000 sein, sagt Janna Einöder, Referentin für Stadtgrün beim NABU Berlin. Mit der Kampagne will der Naturschutzbund das Image von Sträuchern in der Stadt verbessern.

Sträucher sind wichtig für die städtische Artenvielfalt

Denn wie Bäume spielen auch Sträucher eine Schlüsselrolle für die städtische Artenvielfalt, sie bieten Lebensraum, Nahrung und Unterschlupf für Tiere. „Mit dem Pflanzen der heimischen Wildsträucher wollen wir die Vögel und Insekten in die Gärten holen“, sagt Janna Einöder. Das helfe nicht nur der Natur, sondern erfreue auch Bewohnerinnen und Bewohner. „Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten!“

Anfangs waren die Initiatoren nur von 1000 Sträuchern ausgegangen, aber die Resonanz war groß. Auch an diesem trüben Vormittag in Rudow finden sich freiwillige Helfer ein. Da ist zum Beispiel Robert Hannke, der eine Gartenbaufirma hat und als Spender und ehrenamtlicher Experte dabei ist. Holunder, Wildrose und Felsenbirne hat er mitgebracht. Vor dem Auspflanzen wurden alle Sträucher zurückgeschnitten, auch an den Wurzeln, erläutert der Gartenbauer. Wichtig sei zudem, dass sie zu unterschiedlichen Zeiten blühen, damit immer etwas Schönes zu sehen ist.

Biologe bringt Sachkenntnis in Biodiversität mit

Hannke will mit anpacken, „weil es so, wie es bisher läuft, nicht weitergehen kann“. Rasenflächen bräuchten viel Wasser, hätten aber keinen Nutzen für Tiere. Bunte Wiesen und Sträucher, die blühen, seien nützlicher als englischer Rasen, von dem keiner was habe. Auch Anwohner Thomas Heise ist vom Fach. Der 54-Jährige hat Biologie studiert und bringt damit Sachkenntnis in Biodiversität mit. Er freue sich, dass er als Mieter Sachen selbst mit in die Hand nehmen könne, sagt Heise. Vor seiner Haustür habe er auch schon Sträucher angepflanzt und hinter dem Haus eine gemischte Wiese angelegt für die Wildbienen.

Zum zweiten Mal ist Ulrich Lüdering dabei. Es sei eine gute Aktion, die dazu beitrage, Rudow schöner zu machen, sagt der 65-Jährige. Außerdem sei er Musiker und arbeite sehr viel geistig. „Hier kann ich mal mit den Händen und der Erde was tun“, sagt Lüdering.

Nach zwei Stunden sind alle Sträucher gepflanzt. Am Ende ist es doch ein bisschen frisch geworden. Doch heißer Tee und Kuchen stehen für alle bereit.

Information:

Mit der Aktion „Natürlich Strauch“ will der Naturschutzbund Berlin (NABU) die Menschen dazu anregen, jetzt wieder heimische Sträucher zu pflanzen. Denn im Herbst sei die richtige Zeit dazu, sagt NABU-Referentin Janna Einöder. Sie rät dazu, heimische Wildsträucher zu pflanzen, die ungefüllte, natürliche Blüten hätten. So kämen die Insekten an Nektar und Pollen. Im Rahmen der Aktion bietet der NABU Strauchpatenschaften an. Wer keinen Platz oder keinen Garten hat, kann mit seiner Spende dazu beitragen, dass ein neuer Wildstrauch gepflanzt wird (berlin.nabu.de/strauchpatenschaft). Wer Fragen zu Pflanzung und Pflege hat, wendet sich per Mail an strauchsprechstunde@nabu-berlin.de. Mehr zur NABU-Kampagne unter: berlin.nabu.de/natuerlichstrauch.