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Warum der Verein Trauerzeit ein Waisenhaus baut

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Petra Götze
Richtfest für den Bau des neuen Waisenhauses vom Verein Trauerzeit.

Richtfest für den Bau des neuen Waisenhauses vom Verein Trauerzeit.

Foto: Sandra Lücking

In Buch entsteht ein Waisenhaus. Der Verein Trauerzeit will dort Kinder aufnehmen, die durch den Tod er Eltern allein zurückbleiben.

Berlin. In dieser Woche wurde im Ludwig-Hoffmann-Quartier in Buch Richtfest gefeiert - für ein Waisenhaus. Die Nachricht löst erst einmal Erstaunen aus. Waisenhäuser kennt man eher aus Romanen der vorigen Jahrhunderte, die vom Elend der Kinder schildern. Aber was passiert eigentlich mit Kindern und Jugendlichen, deren Eltern sterben? Allein in Berlin gibt es weit mehr als 20.000, bei denen Mutter oder/und Vater verstorben sind.

Wo bleiben die Kinder, wenn die Eltern sterben

Ein Teil dieser minderjährige Halb- oder Vollwaisen kann nicht im bisherigen Umfeld bleiben oder bei Verwandten unterkommen. Diese Kinder werden von den Jugendämtern in einer Einrichtung der Jugendhilfe untergebracht. „Diese Einrichtungen zur Heimunterbringung sind nicht ansatzweise auf die besondere Situation trauernder Waisen eingerichtet“, sagt Simone Rönick, Gründerin des Vereins Trauerzeit.

Verein Trauerzeit kümmert sich seit 2005 um Waisen

Seit seiner Gründung im Jahr 2005 hat es sich der Verein zur Aufgabe gemacht, Kinder und Jugendliche von viel zu früh verstorben Eltern beizustehen und durch die Trauerzeit zu begleiten.

Die professionell geschulten Trauerbegleiter des Vereins erleben traumatisierte Kinder, die ohne persönliche Erinnerungen oder Dinge der verstorbenen Eltern in einer Jugendhilfe-Einrichtung oder bei einer Pflegefamilie untergebracht wurden. Manchmal gibt es nur noch ein Foto als Erinnerung an ihr früheres Leben mit den Eltern. Nicht selten kämen Kinder erst einmal in ein befristetes Krisenwohnen. Oft werden Geschwisterkinder getrennt, da nicht genug Plätze in der gleichen Einrichtung vorhanden sind oder nur für bestimmte Altersgruppen möglich ist.

Die Einrichtungen zur Heimunterbringung sei nicht auf die besondere Situation trauernder Waisen eingerichtet. So ginge es in der Heimbetreuung vor allem um Kinder und Jugendliche, die wegen vielschichtiger Probleme wie Alkohol- oder Vernachlässigung aus der bestehenden Familie herausgenommen werden müssen. Die untergebrachten Waisen jedoch erhielten keinerlei Hilfen oder Trauerbegleitung.

„Die Geschichten und die Entwicklung dieser nun komplett elternlosen und entwurzelten Kinder zu begleiten und zu verfolgen, hat mich immer wieder am System der Jugendhilfe und den allgemein in Deutschland üblichen Maßnahmen zur Unterbringung von Halb- und Vollwaisen zweifeln lassen“, sagt Simone Rönick.

Neues Waisenhaus soll Geborgenheit geben

Mit dem Neubau des Waisenhauses will der Verein Trauerzeit nun einen Ort schaffen, wo Kinder und Jugendliche nach dem Tod der Eltern Geborgenheit und Sicherheit erleben, damit sie ihren Verlust verarbeiten können. Zwei Wohngruppen sollen insgesamt 12 bis 14 Kindern eine familienähnliche und kindgerechte Umgebung bieten, betreut von speziell geschulten Pädagogen und Therapeuten. „Trauerrituale dürfen hier zum Alltag gehören und die Erinnerung an Mutter und Vater dürfen und sollen lebendig erhalten bleiben,“ sagt Simone Rönick.

Zum Konzept des neuen Waisenhauses gehört auch, dass unmittelbar nach dem Tod mit den zuständigen Jugendämtern und Vormündern verhandelt werden soll, dass Geschwisterkinder auf keinen Fall getrennt werden und gemeinsam aufwachsen dürfen. Für Geschwisterkinder wurden extra große Zimmer geplant. Auch will der Verein Trauerzeit sich darum kümmern, dass kein sofortiger Kita- oder Schulwechsel erfolgen muss - notfalls über zusätzliche Fahrdienste. „Auch sollte der Kontakt zu bisherigen Freunden und weiteren Familienmitgliedern aufrechterhalten werden“, sagt Simone Rönick.

Der Verein will mit Hospizen und Palliativeinrichtungen zusammenarbeiten und rechtzeitig Kontakt zum bald sterbenden Vater oder Mutter und den Kindern aufbauen. „Wir möchten wichtige Dinge besprechen und vorbereiten“, sagt Simone Rönick. Beim plötzlichen Tod der Eltern sollen wichtige Dinge als Erinnerungen an Mutter oder Vater für das Kind aus der elterlichen Wohnung mitgenommen werden können, bevor alles aufgelöst wird.

„Es wird Zeit, dass endlich auch Waisen – Kinder ohne Lobby - eine Chance auf gesunde Entwicklung und eine wieder lebenswerte Zukunft erhalten!“, sagt Simone Rönick. Dafür will sie mit dem neuen Waisenhaus sorgen.

Spenden für das Waisenhaus

Waisen ohne familiären Anschluss die Chance auf eine seelische Begleitung und das Aufwachsen in einem geschützten Umfeld zu ermöglichen, das ist die Vision der Vereinsgründerin von Trauerzeit, Simone Rönick. Das spendenfinanzierte Waisenhaus soll das erste seiner Art mit einer ganz besonderen Ausrichtung auf die trauertherapeutische und traumapädagogische Begleitung und Gesundung trauernder Kinder sein, die ihnen eine gesunde Entwicklung ermöglicht. Für die Ausstattung des Hauses und des Gartens sowie für die Einarbeitungs- und Startphase des pädagogischen Fachpersonals ist der Verein auf weitere Spenden angewiesen.

Das Waisenhaus wird auch von Berliner helfen e. V. unterstützt. Wenn Sie spenden möchten:

Berliner helfen e.V., IBAN: DE69 1002 0500 0003 3071 00, Stichwort: Trauerzeit