"Es ist schwierig geworden, Feréol kann das Essen nicht mehr über den Mund aufnehmen", sagt sie. Ihr Sohn kann auch nicht laufen und nicht sprechen. Schuld ist eine angeborene Fehlbildung des Großhirns, Lissenzephalie heißt die Krankheit, von einhunderttausend geborenen Kindern ist davon eines betroffen. Als einige Wochen nach der Geburt die Diagnose feststand "war es, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen", erinnert sich Ute Angermann. "Zu hören, dass mein Kind nie gesund werden und lebenslang die Bedürfnisse eines Säuglings haben wird - da fällt man unendlich", sagt die 49jährige. Es hat lange gedauert, bis sie damit leben konnte. Von Anfang an hat sie die Pflege von Feréol selbst übernommen. Drei bis viermal am Tag muss der Junge gewickelt werden, dazu kommt die aufwendige Nahrungszufuhr über die Sonde - kleinste Portionen über den ganzen Tag verteilt.
Seit vier Jahren steht Ute Angermann bei der Pflege ihres schwer kranken Kindes ein ehrenamtlicher Familienhelfer vom ambulanten Hospizdienst Berliner Herz zur Seite. Manfred kommt einmal die Woche, passt auf Feréol auf, geht bei schönem Wetter mit ihm spazieren und kümmert sich um ihn um, damit seine Mutter Erledigungen machen und sich auch einmal um die gesunde 15jährige Tochter kümmern kann. "Mit Feréol in seinem schweren Spezialrollstuhl einkaufen zu gehen und Bus zu fahren ist schon schwierig", sagt Ute Angermann.
Der gemeinnützige Verein Berliner Herz wurde im Jahr 2007 von Christiane Edler gegründet und betreut mittlerweile 120 viele Familien mit schwer kranken Kindern in ganz Berlin mit ebenso vielen ehrenamtlichen Familienhelfern. "Vielen Eltern fällt es schwer, ihr krankes Kind in andere Hände zu geben. Unsere Helfer haben viel Erfahrung und richten sich nach den Wünschen der Eltern", sagt Christiane Edler. Die Familien können selbst entscheiden, wie die Hilfe aussehen soll. Manchmal braucht das gesunde Geschwisterkind besondere Aufmerksamkeit, oder eine alleinerziehende Mutter braucht Unterstützung bei Arztbesuchen oder Behördengängen.
Problematisch wird es, wenn die Eltern schwer kranker Kinder Urlaub machen wollen oder eine Auszeit von der intensiven Pflege brauchen. Einrichtungen wie das Haus "Sonnenhof" der Björn-Schulz-Stiftung haben viel mehr Anfragen, als sie Kinder aufnehmen können.
Deshalb plant das Berliner Herz den Aufbau eines eigenen stationären Hospizes mit Plätzen für zehn Kinder - fünf im vollstationären Bereich und fünf teilstationär, das heißt, die Kinder werden nur tagsüber betreut und übernachten zu Hause. "Genau das fehlt vielen Müttern, die wegen fehlender Betreuung für ihr Kind nicht arbeiten können", sagt Christiane Edler. Ein geeignetes Haus ist schon gefunden - in der Lebuser Straße in Friedrichshain. Ein altes 500 Quadratmeter großes Waschhaus, umgeben von einem 800 Quadratmeter großen Garten. "Dort soll es auch einen Streichelzoo und Tiertherapie-Möglichkeiten für die Kinder geben", erzählt Christiane Edler. Das Konzept steht, ein Architekt ist gefunden und auch die Krankenkassen begrüßen das Projekt und würden die Pflegesätze zahlen. Was fehlt, ist das Geld. 1,25 Millionen soll der Bau des Hospizes kosten. Die Hälfte der Investitionssumme bringt der Träger der geplanten Einrichtung, der Humanistische Verband Deutschland, aus Eigenmitteln, Stiftungsgeldern und Spenden auf. Für die andere Hälfte hofft das Berliner Herz auf Mittel aus der Lottostiftung. "Es ist ein Modellprojekt, ein teilstationäres Kinderhospiz gibt es in Berlin bisher nicht", sagt Christiane Edler. 650 000 Euro sind beantragt, die Entscheidung soll Ende des Monats fallen.
Ute Angermann hofft für sich und ihren Sohn, dass das Hospiz wie geplant im nächsten Sommer eröffnen kann. "Da wüsste ich Feréol in guten Händen".