Serie "Rund um Berlin"

KW - das Städtchen der freundlichen Menschen

| Lesedauer: 7 Minuten
Katrin Schoelkopf

Die Sendetechnik hat Königs Wusterhausen über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gemacht. Die Bewohner von "KW" halten die Geschichte lebendig. Auch Berliner kommen her: wegen des Grüns und der Nähe zum Wasser. Und mancher bleibt – der Liebe wegen

Gerd Schulz blieb wegen der Liebe. „Ich bin ein Rucksack-KWer, ich hab reingeheiratet.“ Das war vor zehn Jahren, als er – der „Ur-Berliner“ – von Berlin-Friedrichshain nach Königs Wusterhausen kam, sich verliebte und blieb. Gekommen war der Heizungsfachmann wegen seines Faibles für Technik – genauer gesagt für Sendetechnik.

Schließlich gilt Königs Wusterhausen als die „Wiege des Rundfunks“. Das wusste Schulz. Im Sender- und Funktechnikmuseum auf dem Funkerberg wollte er sich engagieren und trat in den Förderverein „Sender Königs Wusterhausen“ ein. Ein Glück für ihn. Im Verein traf er auch die Berufsschullehrerin für Funktechnik und Königs Wusterhausenerin Martina Reichmuth. Die Sendetechnik führte beide zusammen – im Museum funkte es.

Baustoff für die Hauptstadt

Seinen damaligen Ausflug nach KW hat Schulz bis heute nicht bereut. Nach Berlin will der 58-Jährige „auf gar keinen Fall“ zurück. „Hier habe ich eine gut funktionierende Familie gewonnen. Meine Frau und ich haben ein Häuschen. Es gibt viel Grün, viel Wasser, und es ist viel ruhiger als in Berlin. Hier stimmt einfach das Drum und Dran.“ Was er an KW neben seiner Frau zu schätzen gelernt hat, ist auf jeden Fall das Museum. Dort arbeitet Schulz seit acht Jahren – vormittags als Angestellter für die Haustechnik, nachmittags ehrenamtlich. Schulz macht die Kasse, führt die amerikanischen Gäste, die extra wegen Königs Wusterhausens besagter „Wiege des deutschen Rundfunks“ kommen, oder pflegt die Exponate. Sein Wahlspruch: „Hier gibt es nichts, was nicht möglich wäre.“ Diesen Satz haben offenbar auch die Frauen aus der Tourismusinformation am Bahnhof verinnerlicht. Sie sind auf Zack. Kein unfreundliches Wort kommt über ihre Lippen. Sie haben jede Menge Tipps für Touristen und sind hilfsbereit, kennen und lieben offenbar ihre Stadt und die Umgebung. Wie auch die freundliche Kastellanin von Königs Wusterhausens Schloss, Erika Preiße. Unbürokratisch sorgt sie für eine Drehgenehmigung jenseits der allgemeinen Öffnungszeiten. „Es kann ja auch mal etwas klappen“, freut sie sich.

Was ist so liebenswert, so besonders an der Kleinstadt, dass ihre Einwohner so freundlich sind und keiner, der einmal gekommen ist, wieder wegwill? Einig sind sich die Königs Wusterhausener, wenn sie ihre Sehenswürdigkeiten aufzählen sollen. Da kommt zuallererst das restaurierte Schloss, das Jagdschloss des Soldatenkönigs, das der Stadt ihren Glanz und Reiz verleiht. Doch dann schon folgt das Museum, Schulz’ Sender- und Funktechnikmuseum, und die schöne grüne und wasserreiche Umgebung.

Doch was macht KW so lebenswert? Einer, der es wissen muss, ist der gebürtige Königs Wusterhausener Stefan Ludwig. Der 42-Jährige verließ die Stadt nur zum Studium und ist seit 2001 Bürgermeister der knapp 34.000-Einwohner-Stadt. Ludwig, Vater von vier Kindern, nennt zuerst die Familienfreundlichkeit der Stadt und dann die gute Verkehrsanbindung. KW hat einen Anschluss an den Berliner Ring und liegt an der Autobahn A 13. Dank ihres Ausbaus ist man in rund 30 Minuten in der Berliner City. Mit S-Bahn und Regionalzug geht es ebenfalls direkt nach Berlin, der Flughafen Schönefeld ist in 15 Minuten zu erreichen. Nicht zu vergessen der Hafen. Er ist der umschlagsstärkste in Berlin und Brandenburg, versorgt die Hauptstadt mit Baustoffen.

Jedes Jahr 300 Einwohner mehr

Familienfreundlich ist KW, sagt der Bürgermeister und meint nicht nur die 15 Kindertagesstätten, sechs Grundschulen, zwei Gymnasien und drei Oberschulen. Nein, Ludwig meint auch das „funktionierende Zusammenleben mehrerer Generationen“. „Entweder holen die Kinder ihre Eltern nach, oder die Kinder kehren zu ihren Eltern zurück, weil sie Arbeit in der Region finden“, sagt Ludwig, dessen Partei die Linke ist. „Die Oma ist dann für die Kinder da.“ Die Zahlen geben Ludwig recht. Pro Jahr wächst KW um etwa 300 Einwohner. Nach Prognosen der Bertelsmann-Stiftung kommt KW 2020 auf circa 37.400 Einwohner.

Zurück zu den Wurzeln kam 1995 auch Manuela Thomas. Die 42-jährige Mutter und Uhrmachermeisterin führt in fünfter Generation das Königs Wusterhausener Traditionsgeschäft „Uhren Thomas Schmuck“. Nicht „ums Verrecken“ möchte sie wieder nach Berlin. Warum? „Weil wir in fünf Minuten im Grünen und am See sind – ohne Staus. Und trotzdem sind wir schnell in Berlin.“

Allein drei Autobahnauffahrten

Schnell in Berlin ist man auch von Ludwigsfelde aus, der Stadt, die gut 20 Kilometer westlich von KW liegt. Über die Bundesstraße 101 dauert es 30 Minuten bis in Berlins City. Ludwigsfelde ist eine junge Stadt – 1965 erhielt sie Stadtrecht – und ist von Industrie geprägt. Sie ist nicht so beschaulich wie KW. Doch ihre Infrastruktur ist mindestens so gut wie die der benachbarten Stadt. Allein drei Autobahnauffahrten auf den Berliner Ring gibt’s, in gut 20 Minuten ist man mit der Bahn am Potsdamer Platz. Und, was nicht jede Brandenburger Stadt für sich in Anspruch nehmen kann, die 24.000-Einwohner-Stadt einschließlich der elf Ortsteile verfügt über 11.000 Arbeitsplätze, allein 3000 in der Industrie. „Tendenz steigend“, so Bürgermeister Frank Gerhard (SPD).

Der gebürtige Saarländer lebt seit 2002 in Ludwigsfelde. Anfang 2008 übernahm er das glänzende Erbe seines langjährigen Vorgängers Heinrich Scholl (SPD). Scholl führte seit der Wende die Geschäfte und ging im Februar schweren Herzens in den Ruhestand. Unter seiner Ägide siedelten sich knapp 1000 Unternehmen, darunter so große wie Mercedes-Benz, MTU, Thyssen-Krupp und zuletzt vor zwei Jahren das Ersatzteilzentrum von VW für die neuen Länder an.

1936/37 begann die industrielle Entwicklung Ludwigsfeldes mit dem Bau des Daimler-Benz-Flugzeugmotorenwerks. Ab 1952 rollten bis 1990 in Ludwigsfelde Nutzfahrzeuge aus dem Ifa-Automobilwerk vom Band. Nach der Wende jedoch brachen die 10.000 Arbeitsplätze weg. Die Lücke aber ist längst gefüllt. Ludwigsfelde ist nach wie vor, wenn auch unter anderem Label, Synonym für Fahrzeugbau und Luftfahrttechnik. Mercedes baut den Sprinter hier, MTU wartet und montiert Flugzeugtriebwerke, und zahlreiche Zulieferer sorgen für die Zukunft der Stadt.

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