Dort, wo heute der Kopf von Martin Luther aus der Wand guckt, war einst einer von Adolf Hitler. Die Hakenkreuze hat man auch beseitigt, das eiserne Kreuz mit Eichenlaub ragt noch von der Decke. Es ist eine merkwürdige Kirche, die Martin-Luther-Gedächtniskirche an der Rathausstraße.
Erbaut zu Beginn der Nazizeit, gab es Auflagen von der damaligen Regierung. Bei der Grundsteinlegung sang man denn auch das Horst-Wessel-Lied. Doch es gibt eine Geschichte, die wunderbar merkwürdig ist, gerade weil sie hier passierte. Die Jüdin Johanna Klepper wurde in der Martin-Luther-Kirche evangelisch getauft. Am 18. Dezember 1938. Und hier zwischen den Hakenkreuzen heiratete sie auch am selben Tag ihren Mann, den Schriftsteller Jochen Klepper. Pfarrer Max Kurzreiter vollzog die Trauung, in diesen Zeiten, in dieser Kirche kein leichtes Unterfangen. „Johanna Klepper war, soweit wir wissen, die einzige Jüdin, die hier getauft wurde“, erzählt der heutige Pfarrer Hans-Martin Brehm. Seinen Vorgänger beschreibt er als konservativ, eigenbrötlerisch und sozial engagiert. Dem Ehepaar Klepper half die Trauung allerdings nur wenig. Vier Jahre später nahmen sich beide das Leben, aus Angst vor der Deportation. Eine Ausstellung in der seit Jahren sanierungsbedürftigen Kirche erinnert an ihr Schicksal.