Wer Friedenau eine friedliche Atmosphäre bescheinigt, liegt damit nah an der Namensgebung des heutigen Ortsteils – der Name entstand als Erinnerung an den Frankfurter Frieden im Jahr 1871, der im Gründungsjahr des Berliner Vororts den Deutsch-Französischen Krieg beendete. Im Anhängsel „-au“ schwingt noch die Idee einer Gartenstadt mit. Kein Berliner, sondern der Hamburger Kaufmann Johann Wilhelm von Carstenn erwarb das Gebiet 1865, um einen Villenvorort nach englischem Stil zu konzipieren. Eine Landhauskolonie, die er am Reißbrett entwarf.
Nach Carstenns Plänen entstand das symmetrische Straßennetz: Der u-förmig verlaufende Straßenzug Stubenrauch- und Handjerystraße zieht sich um die Bundesallee als Zentrum. Eingefangen wird das städtebauliche „Hufeisen“ von vier Plätzen; Perelsplatz, Renée-Sintenis-Platz, Schillerplatz und dem ehemaligen Hamburger Platz (heute etwa die Kreuzung Stubenrauchstraße/Südwestkorso/Görresstraße. Nach ihrem Planer heißt die einmalige Straßenführung denn auch „Carstenn-Figur“.
Im Jahr 1871 kaufte der „Landerwerb- und Bauverein auf Actien“ einen Großteil der Fläche des damaligen Ritterguts Deutsch-Wilmersdorf – das Geburtsjahr des Ortsteils. Anders als viele andere Viertel Berlins entspringt er nicht einem alten Dorfkern. Das erste Gebäude entstand planmäßig in der Dickhardtstraße, der Keimzelle Friedenaus. 1874 wurde es eine selbstständige Landgemeinde des Landkreises Teltow. Damals sah der Bebauungsplan der Architekten noch vor, ausschließlich Stadtvillen zu bauen und auf Mietshäuser gänzlich zu verzichten.
Zwischen den Bauherren entbrannte ein Streit, ob die Gebäude als Ziegelrohbauten errichtet oder verputzt werden sollten. Im Volksmund kämpften die „Rohbauer“ gegen die „Putzbauer“, die damals westlich der Kaisereiche (Saar-/Rheinstraße) bauten – bis heute ist das im Stadtbild zu sehen. Mit einer neuen Bauordnung durften Architekten ab 1887 auch Mietshäuser errichten. Die waren gefragt, denn in Berlin herrschte akuter Wohnungsmangel. Villen wurden in dieser Zeit abgerissen und durch Mietshäuser ersetzt. Bis 1914 wurde Friedenau fast restlos bebaut.
Trotzdem mussten die Einwohner nicht auf architektonische Großzügigkeit verzichten: Noch heute findet man viele große Sechszimmerwohnungen mit Dienstmädchenkammer. 1920 wurde Friedenau in das neu gebildete Groß-Berlin eingemeindet. les