Berlin

Bestechlichkeit - Durchsuchungen bei Polizisten

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Alexander Rothe und Joachim Fahrun
Ein Streifenwagen fährt mit eingeschaltetem Blaulicht.

Ein Streifenwagen fährt mit eingeschaltetem Blaulicht.

Foto: Carsten Rehder/dpa/Symbolbild

Zwei Polizisten sollen mit der organisierten Kriminalität in Neukölln gemeinsame Sache gemacht haben haben. 249.000 Euro auf dem Konto.

Berlins Polizei wird von einem veritablen Skandal durch kriminelle Kollegen in den eigenen Reihen erschüttert – und wie schon zweimal in der vergangenen Woche war der Schauplatz der Taten wieder die für Friedrichshain-Kreuzberg, Nord-Neukölln und Alt-Mitte zuständige Polizeidirektion 5.

Am Dienstagnachmittag machten Polizei und Staatsanwaltschaft die Vorwürfe gegen einen Polizeikommissar und einen Polizeiobermeister öffentlich, die mutmaßlich mit der organisierten Kriminalität in der Neuköllner Gastronomie-Szene gemeinsame Sache gemacht haben. Neben den beiden Polizisten sind sechs weitere Beschuldigte schon längere Zeit im Visier der Ermittler, unter anderem wurden ihre Telekommunikationskanäle überwacht. Es geht um Bestechung und Bestechlichkeit.

350 Beamte untersuchten an 41 Orten Wohnräume und auch zwei Polizei-Diensträume

Am Dienstag schlugen die Ermittler zu. 350 Beamte durchsuchten an 41 Orten in Berlin Wohnräume und auch zwei Diensträume der Berliner Polizei. Neben der Bestechlichkeit und Bestechungen gebe es Verdachtsmomente „unter anderem wegen Strafvereitelung im Amt, Rechtsbeugung in mittelbarer Täterschaft, Steuerhinterziehung und Geldwäsche“, so die Polizei.

Die beiden beschuldigten Beamten sollen für die sechs Inhaber von Gastronomie-Betrieben überwiegend in Neukölln Daten aus dem Polizeisystem abgefragt und sie vor anstehenden Kontrollen gewarnt haben. Zudem soll der Polizeiobermeister Ermittlungsverfahren eingeleitet haben, ohne die Verdachtsgrundlage – beispielsweise Hinweise von den mitbeschuldigten Geschäftsinhabern – zutreffend zu erfassen. Offenbar bildeten die beiden Polizisten den Knotenpunkt des Netzwerks, denn einen Zusammenhang zwischen den beschuldigten Gastronomen sei laut Polizei nach derzeitigem Kenntnisstand nicht gegeben.

Zum dritten Mal in einer Woche fliegen mutmaßlich kriminelle Polizisten auf

Die Prüfung der beschlagnahmten Datenträger sollen auch die Herkunft von 249.000 Euro klären, die auf dem Konto des Polizeiobermeisters eingegangen waren. Gegen insgesamt 287.000 Euro im Besitz des Beamten wurde ein so genannter „Vermögensarrest“ vollstreckt, um zu verhindern, dass das womöglich durch kriminelle Machenschaften erworbene Geld verschwindet.

Für die Polizeidirektion 5 ist es bereits das dritte Mal innerhalb einer Woche, dass Polizisten wegen schwerer Verfehlungen aufgefallen sind. Vergangenen Mittwoch machte die Polizei öffentlich, dass ein 32 Jahre alter Schutzpolizist im Verdacht stehe, interne Informationen weitergegeben zu haben. Es wird wegen Bestechlichkeit ermittelt. Am Tag darauf wurde bekannt, dass eine 44 Jahre alte Kriminalpolizistin sich an beschlagnahmtem Kokain bedient und die Droge gemeinsam mit drei Kollegen selbst konsumiert haben soll. Auch in diesem Fall waren Diensträume in der Direktion 5 durchsucht worden.

„Gefühlt gibt es eine Häufung von Fällen“, so die Gewerkschaft der Polizei

Bereits vergangenes Jahr war ein Beamter derselben Direktion in Untersuchungshaft gekommen. Er soll in der Alex-Wache in Mitte einen Mann misshandelt haben und illegalerweise Daten für eine Kokainbande abgefragt haben.

Die Frage ist, ob es in der Polizeidirektion 5 ein besonderes Problem gibt. „Wir müssen schon anerkennen, dass es gefühlt gerade eine Häufung an Fällen gibt“, sagte Benjamin Jendrow, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei. Im Sinne der betroffenen Kollegen, aber auch aller anderen sollten diese „sachlich, rechtsstaatlich und individuell betrachtet, dementsprechend bewertet und transparent über die Entwicklung kommuniziert werden“.

Die vorgeworfenen Straftaten seien mit den Werten der Berliner Polizei in keiner Weise vereinbar. „Natürlich sollte man sich als Behörde auch reflektieren und Strategien entwickeln, damit nicht jede Woche neue Meldungen über derartige Vergehen die Schlagzeilen bestimmen“, so der Gewerkschafter.

Polizeiskandal hat nichts mit dem Abgang des Innen-Staatssekretärs zu tun

Spekulationen, dass der jüngste Polizeiskandal in der Polizeidirektion 5 etwas mit dem überraschenden Abgang von Innenstaatssekretär Torsten Akman zu tun haben könnte, wies die Senatsinnenverwaltung zurück. Die Hausspitze habe erst am Dienstag morgen von den umfangreichen Ermittlungen erfahren, sagte ein Sprecher von Innensenatorin Iris Spranger.

Die Sozialdemokratin hatte am Montag bekanntgegeben, sich von Akmann zu trennen. Der Zeitpunkt kurz nach der Wahl und mitten in der Phase der Koalitionsfindung hatte zu Spekulationen Anlass gegeben, es könnte etwas anderes dahinter stecken als das als Grund angegebene schlechte Verhältnis der Senatorin mit ihrem Stellvertreter. Die einvernehmliche Trennung sei schon vor drei Wochen verabredet und der Termin festgelegt worden.