Berlin. Da waren die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) schneller als die Schneeflocken: Zwar warnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Mittwochabend vor Frost und prognostizierte stellenweise auch Schneeregen, vom Himmel rieselte allerdings nichts. Trotzdem handelte die BSR vorsorglich und streute Sole, also eine Salzlösung, auf Berlins Straßen. Zeitgleich kam es zu vielen Unfällen wegen glatter Straßen. Ob die Aktion der BSR dazu geführt hat, wird derzeit von der Polizei geklärt.
Es war eine Art Schmierfilm, der in Berlin am Mittwochabend für zum Teil glatte Straßen gesorgt hatte. „Wir haben in diesem Zusammenhang vermehrt Verkehrsunfälle feststellen müssen“, twitterte die Berliner Polizei. „Wenn Sie jetzt noch unterwegs sind: Fahren Sie bitte vorsichtig!“
Insgesamt habe es 33 Unfälle in Zusammenhang mit dem Schmierfilm gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstagmorgen. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt. Unter anderem stürzte gegen 17.45 Uhr ein Rollerfahrer an der Seestraße in Wedding. Er musste in einem Krankenhaus behandelt werden.
BSR: Präventiver Winterdienst mit Sole erfolgreich praktiziert
Nur 45 Minuten später kam am Munsterdamm in Steglitz ein Auto von der Straße ab, prallte gegen einen Ampelmast und kippte dann auf die Seite. Dabei wurden drei Personen verletzt, zwei von ihnen schwer. Sie wurden in eine Klinik gebracht. Der Munsterdamm war bis etwa 23.30 Uhr beidseitig gesperrt, da die Feuerwehr Bindemittel auftragen musste. Laut Verkehrsinformationszentrale Berlin (VIZ) kam es am Mittwochabend auch an der Beusselstraße in Moabit, an der Spindlersfelder Straße in Oberschöneweide und auf der A100 in Richtung Wedding in Höhe Sachsendamm zu Unfällen.
Für den Schmierfilm sind offensichtlich Arbeiten der BSR verantwortlich. „Es besteht die Annahme, dass das im Zusammenhang mit Arbeiten der Berliner Stadtreinigung (BSR) stehen könnte, die Frostschutzmittel aufgetragen haben“, sagte eine Polizeisprecherin der Berliner Morgenpost. Dies bedürfe aber noch der abschließenden Klärung. Es seien Proben genommen worden, die nun untersucht würden.
Frage der Haftung ist offen
Somit steht auch noch im Raum, wer für die Schäden haftet. BSR-Sprecher Sebastian Harnisch bestätigte, dass angesichts von Glättegefahr in der Nacht zu Donnerstag am späten Mittwochnachmittag an einigen Stellen vorbeugend Sole aufgetragen wurde. „Präventiver Winterdienst mit Sole entspricht dem aktuellen Stand der Technik und wird von uns seit mehreren Jahren erfolgreich praktiziert“, sagt Harnisch auf Anfrage.
Zwar ist der Auslöser für den Schmierfilm noch nicht geklärt, die BSR will die Polizei bei den entsprechenden Ermittlungen aber unterstützen. „Sicherheitshalber haben wir den gestrigen Soleeinsatz umgehend gestoppt“, versichert Sebastian Harnisch. Die betroffenen Straßen wurden kurz darauf gereinigt. Seit 2 Uhr Donnerstagmorgen seien keine Unfälle mehr gemeldet worden, hieß es seitens der Polizei.
Abgeordnetenhaus berät über Sole-Einsatz auf Radwegen
Was von Mittwoch zu Donnerstag passiert ist, könnte im kommenden Winter auch Radfahrerinnen und Radfahrern drohen. „Radwege müssen auch im Winter sicher sein. Wir sind mit der BSR weiter im Austausch, um bessere Räumungsleistungen zu erreichen“, schrieb Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) im Januar auf Twitter. „Und ich schlage dem Senat einen Pilotversuch für den Winterdienst mit Sole vor – um Umweltschutz und Verkehrssicherheit zusammenzubringen.“ Sollte das gleiche Mittel zum Einsatz kommen, das eventuell 33 Fahrzeugführern zum Verhängnis wurde, lässt das Schlimmes befürchten.
Jan Thomsen, Sprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, schreibt auf Anfrage der Berliner Morgenpost, dass ein entsprechender Gesetzesvorschlag für den Pilotversuch auf drei Straßenabschnitten derzeit in der Beratung im Abgeordnetenhaus und somit noch nicht beschlossen ist. Sollte der Pilotversuch in die Tat umgesetzt werden, werde dieser ausgewertet.
„Sollte die Auswertung ergeben, dass eine Schädigung von Straßenbäumen vermeidbar ist, könnte eine weitere Gesetzesänderung einen größerflächigen Einsatz ermöglichen“, heißt es. Das ginge dann aber auch noch einmal in die parlamentarische Beratung. Bis dahin sei jedenfalls klar, was der Grund für die Rutschgefahr am vergangenen Mittwoch war. Bislang sei Sole allerdings nicht durch Rutschgefährdung aufgefallen.
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