Berlin gilt mitunter als eine der grünsten Städte der Welt. Kaum eine andere Metropole verfügt über so viele Parks, Frei- und vor allem Waldflächen. Was die Hauptstadt so lebenswert macht, lockt auf der anderen Seite Kriminelle an. So treiben auch in Berlin Wilderer ihr Unwesen. „Es gibt immer wieder Fälle von ungeklärten Schussabgaben und Resten von toten Tieren“, sagt Derk Ehlert, Wildtierexperte des Berliner Senats.
Laut Polizei gab es im vergangenen Jahr neun und im Jahr 2020 zehn Fälle von Jagdwilderei, was in etwa auch dem Niveau der Vorjahre entspricht. Insgesamt 61 Fälle sind es seit 2015 – einer davon bereits im laufenden Jahr. Im selben Zeitraum wurden 29 Tatverdächtige ermittelt.
Am häufigsten schlugen Wilderer dabei in den Bezirken zu, die über große Waldflächen verfügen. So wurden in Reinickendorf und Treptow-Köpenick seit 2015 jeweils elf sowie in Spandau und Pankow jeweils sieben Fälle verzeichnet. Im Bezirk Lichtenberg, der keine nennenswerten Wälder hat, waren es im selben Zeitraum acht Fälle. In Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf, also in den Bezirken, in denen der Grunewald liegt, nur drei beziehungsweise zwei. Einzig Friedrichshain-Kreuzberg taucht in der Statistik nicht auf.
Bundesweit 1080 Fälle von Jagdwilderei
Im bundesweiten Vergleich sind die Berliner Zahlen jedoch verschwindend gering. Insgesamt 1080 Fälle wurden für das Jahr 2020 in Deutschland erfasst. Das Landeskriminalamt Brandenburg zählte 68 Fälle, der bayerische Jagdverband sprach zuletzt von mehr als 200 Fällen pro Jahr im Freistaat. In Rheinland-Pfalz wurden in diesem Jahr 88 Fälle erfasst. Der Deutschen Jagdverband (DJV) sprach zuletzt im „SWR“ von „der Spitze des Eisbergs“.
Jagdwilderei unterscheidet sich von Fischwilderei – dem sogenannten „Schwarzangeln“. Seit Anfang des Jahres ist sie bundesweit in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt, nachdem ein mutmaßlicher Wilderer in der Pfalz zwei Polizisten getötet haben soll. Der 29-jährige Kommissar und die 24-jährige Anwärterin wurden am 31. Januar bei einer Verkehrskontrolle in Kusel bei Kaiserslautern erschossen.
Kurz darauf wurde ein 38-Jähriger aus dem benachbarten Saarland festgenommen, der seither wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft sitzt. Dem ehemaligen Jäger soll 2020 der Jagdschein entzogen worden sein. Er habe jedoch „weiter mit Waffen hantiert und seiner Jagdleidenschaft gefrönt“, sagte die Vorsitzende des Innenausschusses des saarländischen Landtags, Petra Berg (SPD), Anfang März. Die Ermittler gehen davon aus, dass er mit dem Mord die Jagdwilderei verdecken wollte. Ein 32-jähriger mutmaßlicher Komplize wurde mittlerweile wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.