Berlin. Die Tatgelegenheit schien günstig, und der Mann schien das perfekte Opfer zu sein. Er war allein und wirkte arglos. Es war dunkel und der Lausitzer Platz menschenleer, sodass niemand die Tat bemerken würde.
Die Täter begannen also das zu tun, was sie in den vergangenen Wochen schon so oft getan hatten. Sie gingen in die Nähe des scheinbar wehrlosen Mannes und formierten sich zu einem Kreis. Doch dann geschah das Unerwartete. Als einer der Räuber das Opfer in die Mitte des Kreises ziehen wollte, wo die anderen ihm plangemäß Geld und Wertsachen abnehmen sollten, riss der Mann sich los – und suchte das Weite.
Räuber rund um den Lausitzer Platz in Kreuzberg: Tatverdächtige im Polizeigewahrsam
Der Raub war missglückt. Doch aus Sicht der Täter, einer von ihnen ist erst 16 Jahre alt, sollte es noch schlimmer kommen. Rund 20 Minuten später, vom Ort des gescheiterten Raubversuchs hatten sie sich längst entfernt, stellten sich ihnen plötzlich mehrere Männer in den Weg. „Polizei! Polizei!“, riefen sie. Dann klickten die Handschellen. Sie wurden in ein Einsatzfahrzeug geleitet und landeten im Polizeigewahrsam.
Was die mutmaßlichen Räuber nicht ahnten: Der Mann, den sie in der Nacht zum Freitag am Lausitzer Platz in Kreuzberg überfallen wollten, war weder wehrlos noch war er zufällig hier. Er war ein Polizist. Ein Zivilpolizist, der den Auftrag hatte, die Augen aufzuhalten, um die Räuber auf frischer Tat zu ertappen.
Aussage des Beamten dürfte Beweisführung erleichtern
Dass der Beamte dabei selbst ins Visier der Täter geriet, war zwar nicht geplant. Es wird den Ermittlern aber recht sein. Denn die Aussage des für solche Situationen geschulten Polizisten dürfte die Beweisführung in dem nun eingeleiteten Ermittlungsverfahren und dem zu erwartenden Gerichtsprozess erheblich erleichtern.
Den Beamten der Brennpunktinspektion und des örtlichen Abschnitts dürfte nach der Festnahme ohnehin ein Stein vom Herzen gefallen sein. Denn die Festgenommenen, so die Vermutung, waren Teil einer Bande von Jugendlichen und Heranwachsenden, die in der Gegend zwischen Schlesischem Tor und Görlitzer Park schon seit Anfang dieses Monats ihr Unwesen trieben.
Die Täter lauerten ihren Opfern nachts auf
Die Vorgehensweise sei immer gleich gewesen, bestätigte ein Sprecher der Polizei auf Anfrage der Berliner Morgenpost. Die Männer lauerten ihren Opfern demnach stets in den Nachtstunden auf. Ins Visier hätten sie vor allem Frauen und Männer genommen, die ohne Begleitung aus einer der zahllosen Gaststätten in der Gegend kamen.
Bei ihren Beutezügen waren die Räuber den Erkenntnissen zufolge zu fünft oder mit noch mehr Bandenmitgliedern unterwegs. Der Modus Operandi: Einer umklammerte das Opfer und hielt ihm den Mund zu. Die anderen nahmen ihm Geld und Wertsachen ab. Wie skrupellos die Räuber vorgingen, zeigten sie auch am vergangenen Sonntag. Nachdem sie einem 27-Jährigen Geld und Handy geraubt hatten, zwangen sie ihn mit vorgehaltenem Messer, beim nächsten Geldautomaten die Geheimzahl für seine Kreditkarte einzugeben. Dann plünderten sie sein Konto, hoben so viel Geld ab, bis das Tageslimit erreicht war.
Wiederholungstäter aus dem Verkehr gezogen
Für die Polizei kam die Raubserie zur Unzeit. Denn die Beamten mühen sich seit Jahren, die Gegend rund um den Drogenhotspot Görlitzer Park und die Partymeile Warschauer Brücke sicherer zu machen. Durch das Zusammenwirken von operativen Kräften und Kriminalisten der 2019 eingerichteten Brennpunkt- und Präsenzstreife gelang es der Polizei zuletzt auch wiederholt, besonders auffällige mutmaßliche Straftäter aus dem Verkehr zu ziehen.
Durch Serien extrem gewaltbereiter Täter, die auch vor dem Einsatz von Messern und anderen Waffen nicht zurückschrecken, wurde das Sicherheitsgefühl der Anwohnenden und der Besucherinnen und Besucher des Viertels aber immer wieder getrübt.
In den Wohnungen fand sich mutmaßliches Diebesgut
Die Festnahmen vom Freitag können die Ermittler somit als wichtigen Erfolg verbuchen – zumal sich der Tatverdacht gegen die Festgenommen erhärtete. Bei den Festnahme beschlagnahmten die Beamten Messer und einen mutmaßlich als Waffe eingesetzten Hammer. In den Wohnungen der Tatverdächtigen fanden sich Handys und Schmuck, Bankkarten und hochwertige Kopfhörer. Die Beamten vermuten, dass es sich dabei um die Beute aus einem der Raubzüge handeln könnte.
Die Tatverdächtigen wurden noch am Freitagabend einem Haftrichter vorgeführt. Ein 16-jähriger Tatverdächtiger wurde in Untersuchungshaft genommen. Sein 18-jähriger mutmaßlicher Mittäter wurde vom Vollzug des Haftbefehls verschont. Bis zur Hauptverhandlung muss er sich regelmäßig bei der Polizei melden. Der in Zivilkleidung eingesetzte Beamte, den die mutmaßlichen Täter Freitagnacht offenbar ausrauben wollten und dessen Einsatz zu den Festnahmen führte, kam mit dem Schrecken davon. Er blieb unverletzt. Seinen Dienst setzte er fort.