Berlin-Wilmersdorf

Mann sticht auf Gärtnerin ein - Haftbefehl erlassen

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In der Nähe der Kreuzung Prinzregenten-/Güntzelstraße in Berlin-Wilmersdorf wurde eine Gärtnerin niedergestochen.

In der Nähe der Kreuzung Prinzregenten-/Güntzelstraße in Berlin-Wilmersdorf wurde eine Gärtnerin niedergestochen.

Foto: Reto Klar / Funke Foto Services

Der Afghane, der die Frau schwer verletzte, ist womöglich geistig verwirrt. Die Behörden prüfen auch ein mögliches islamistisches Motiv

Berlin. Nach einem Messerangriff auf eine Landschaftsgärtnerin ermittelt die Polizei gegen einen 29 Jahre alten Mann, der offenbar sowohl islamistisch motiviert als auch geistig verwirrt war. Der afghanische Staatsbürger soll die 59 Jahre alte Frau am Sonnabend gegen 13.30 Uhr im Bereich einer Grünanlage an der Ecke von Prinzregenten- und Güntzelstraße in Wilmersdorf zunächst angesprochen haben. Laut Polizei habe er sich mutmaßlich daran gestört, dass sie als Frau einer bezahlten Arbeit nachging.

Anschließend soll er der Frau unvermittelt mehrere gezielte Messerstiche in den Hals versetzt und sie so lebensgefährlich verletzt haben. Einen 66 Jahre alten Mann, der der Angegriffenen zu Hilfe eilte, soll der Angreifer durch Halsstiche ebenfalls schwer verletz haben. Beide Opfer wurden in Krankenhäusern operiert.

Messerangriff in Berlin: Polizisten nahmen den Afghanen noch am Tatort fest

Der tatverdächtige Afghane wurden von Polizeibeamten am Tatort festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung. Ein Ermittlungsrichter erließ noch am Sonntag einen Haftbefehl gegen den Mann. Der Mann sei in Untersuchungshaft wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung sowie hinsichtlich des Angriffs auf den Helfer wegen gefährlicher Körperverletzung, wie es hieß.

Die Polizei berichtete zunächst, dass bei der Tat eine psychische Erkrankung eine Rolle gespielt haben dürfte. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, sagte allerdings, dass sich diese Hinweise zumindest nicht so weit konkretisiert hätten, dass sie eine Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung gerechtfertigt hätten.

Die Ermittlungen erfolgen laut Polizei „auch unter dem Blickwinkel eines möglichen islamistisch motivierten Angriffs“. „Der Mann soll bei der Tatausführung Äußerungen getätigt haben, die auf eine islamistische Einstellung schließen lassen“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Steltner. Um welche Äußerungen es sich gehandelt habe, wollte Steltner mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen.

Parallelen zum islamistischen Anschlag auf der Berliner Stadtautobahn

Ermittler berichteten, der Angriff auf die Landschaftsgärtnerin zeige womöglich Parallelen zu dem Anschlag auf der Stadtautobahn am 18. August 2020. Die Tat wird dem 30 Jahre alten irakischen Staatsbürger Sarmad A. zugeschrieben, der sich zurzeit vor Gericht verantworten muss. Er soll mit seinem Opel Astra „Jagd auf Motorradfahrer“ gemacht und zudem mehrere andere Autos gerammt haben.

Die Staatsanwaltschaft attestierte A., die Tat „aus wahnhaft religiösen und islamistisch geprägten Motiven“ begangen zu haben. In Ermittlerkreisen heißt es, dass bei dem Angriff auf die Landschaftsgärtnerin eine ähnliche Mischung aus psychischer Erkrankung und islamistischer Einstellung ausschlaggebend gewesen sein könnte. Die beiden Ursachen schlössen sich nicht aus, die Mischung könnte für einen Tatentschluss vielmehr maßgeblich sein.

Bei der Staatsanwaltschaft wurden die Ermittlungen in dem Fall von der Abteilung für Terrorismus übernommen. Der Leiter der Terrorismus-Abteilung, der Leitende Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg, wies am Dienstag vor dem Hintergrund der Messerattacke daraufhin, dass Gewaltverbrechen von Flüchtlingen „eine ganze Reihe von Motiven“ haben könnten.

Solche Taten könnten „durch einen Wahn ausgelöst werden, der nicht selten religiöse oder soziokulturelle Facetten hat“, schrieb Feuerberg in einem Tweet der Generalstaatsanwaltschaft. Dennoch müsse geprüft werden, ob es sich um eine terroristische Tat handeln könnte und ob es „Drahtzieher“ geben könnte. „Genau deshalb ziehen wir in solchen Fällen die Ermittlungen an uns und schauen uns die Tatverdächtigen und die Tat sehr genau an.“

Fragen nach einer psychischen Erkrankung und terroristischen Gründen als Tatauslöser würden in solchen Fällen „gleichsam reflexartig“ aufgeworfen. „Leider gibt es häufig keine einfachen Antworten. Nicht selten greifen mehreren Faktoren ineinander“, schrieb Feuerberg. Viele Flüchtlinge hätten selbst in ihrer Heimat „schlimmste Gewalterfahrungen“ gemacht und seien auch dadurch psychisch beeinträchtigt.

Der Zustand der Landschaftsgärtnerin sei nach dem Angriff weiterhin kritisch, sagte Steltner. Dem Mann, der ihr zur Hilfe eilte, gehe es dagegen mittlerweile besser.

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