Organisierte Kriminalität

Arabischer Clan und Russenmafia machen gemeinsame Geschäfte

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Bei den Durchsuchungen in Berlin und Hamburg fanden die Ermittler neben Tabak auch Drogen, Waffen und andere illegale Gegenstände.

Bei den Durchsuchungen in Berlin und Hamburg fanden die Ermittler neben Tabak auch Drogen, Waffen und andere illegale Gegenstände.

Foto: ZFA Berlin-Brandenburg

Zoll und Polizei haben in Berlin und Hamburg ein von Clans und Russenmafia betriebenes Netz für Tabak, Waffen und Drogen ausgehoben.

Berlin/Hamburg. Am Dienstag haben mehrere Sicherheitsbehörden ein Vertriebsnetz für illegalen Wasserpfeifentabak stillgelegt. Bei insgesamt 13 Durchsuchungen in Berlin und Hamburg wurden insgesamt 45 Tonnen gefunden, die am Fiskus vorbeigeschmuggelt werden sollten. Der Steuerschaden wird vom Zollfahndungsamt Berlin-Brandenburg (ZFA) und der Berliner Staatsanwaltschaft (StA) auf zwei Millionen Euro beziffert. Die Täter werden einem polizeibekannten arabischstämmigen Clan sowie der Russenmafia zugeordnet.

Insgesamt 220 Kräfte vor allem der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Zigaretten (GEZig) des Zolls und des Landeskriminalamts Berlin (LKA) waren an dem Einsatz beteiligt. Sie wurden dabei vom Kontrolleinheiten der Hauptzollämter Berlin und Potsdam sowie der Polizei Berlin unterstützt. In Berlin wurden zwölf, in Hamburg ein Objekt durchsucht.

Clan und Russenmafia machen gemeinsame Geschäfte

„Neben unzähligen Unterlagen und Datenträgern, die die bisherigen Ermittlungserkenntnisse untermauerten, fanden sie bei einigen der Tatverdächtigen ein Sammelsurium an verbotenen Gegenstände“, heißt es von Zollfahndung und Staatsanwaltschaft weiter. So seien unerwarteterweise ein Kilogramm Kokain, fast elf Kilogramm Marihuana und mehr als 500 Gramm Haschisch sichergestellt worden.

Daneben seien die Ermittler auf mehrere Messer, einen Schlagring, einen Elektroschocker, eine Rauchbombe, Pfefferspray sowie eine Präzisionsschleuder nebst Stahlkugeln gestoßen. „Abgerundet wurde diese bunte Sammlung mit über 250 Liter unversteuerte Alkoholika und 120 gefälschten Apple Airpods“, heißt es weiter. Insgesamt seien mehr als 60.000 Euro Vermögenswerte sichergestellt worden.

Zwei Mitglieder der Gruppe in Untersuchungshaft

Die Gruppierung, die europaweit operiert haben soll, soll aus sieben Beschuldigten im Alter von 23 bis 70 Jahren bestehen, die bereits im Juli 2020 in den Fokus der Ermittler geraten sei. Zwei von ihnen wurden am Mittwoch in Untersuchungshaft gebracht. Bei den Clanmitgliedern soll es sich nach Informationen aus Ermittlerkreisen um Angehörige der Familie Al-Zein handeln.

Die Zusammensetzung von kriminellen Banden sei durchaus volatil, sagt Dorotea Sevelj, stellvertretende Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) Berlin. „Dass sie auch multiethnisch zusammengesetzt und flexibel sind, ist nicht ungewöhnlich und kein klassisch neues Phänomen.“ Meistens würden die Mitglieder nicht aus festen Organisationsstrukturen kommen. „Hintergrund ist in diesem Fall, dass der Vertriebsweg für den Tabak über den Osten führte und die Mitglieder der arabischen Organisierten Kriminalität das Netzwerk hatten, es in Europa weiter zu verkaufen.“

Die Schmuggler sollen den Tabak in den Vereinigen Arabischen Emiraten angekauft und über eine Brandenburger Firma zunächst legal nach Berlin gebracht haben. Dem Fiskus hätten sie dann weis gemacht, dass sie die Ware wieder ausgeführt hätten, sodass keine Steuern fällig geworden seien.

Tatsächlich sei aber minderwertige Ware wieder exportiert und der eingeführte hochwertige Tabak zu „Dumpingpreisen“ in Europa verkauft worden. „Allein bei der Tabaksteuer konnten so über 25 Euro pro Kilo eingespart werden“, heißt es von Staatsanwaltschaft und Zoll weiter.

SPD-Innenexperte Schreiber: „Wir sehen schon länger eine hybride OK.“

Dass es eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gruppierungen der Organisierten Kriminalität (OK) gibt, sei nicht ungewöhnlich, sagt der Berliner SPD-Innenexperte Tom Schreiber. „Wir sehen schon länger eine hybride OK, in der einzelne Phänomenbereiche überlappen.“ Den Tätern gehe es darum, „gewinnbringende Symbiosen“ zu schaffen, gemeinsam in neue Märkte einzutauchen und diese zu erschließen. „Letztlich geht es um Macht und Geld.“

Schreiber sieht Parallelen zur Rockerkriminalität, wo die Clubs lange von weißen Deutschen ohne Migrationshintergrund geprägt gewesen seien, was mittlerweile lange nicht mehr so wäre. „Und auch Anis Amri war nicht nur Islamist, sondern auch Drogenhändler und hatte so Kontakt zu kriminellen Clans.“

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