Berlin. In Lichtenrade ist es am Mittwochabend zu einem Familiendrama gekommen. Dabei wurde ein Kind tödlich verletzt. Die Mordkommission ermittelt wegen des Verdachts auf ein Tötungsdelikt.
Nach dem Tod des drei Jahre alten Mädchens wurde die Mutter noch am Abend festgenommen und am Donnerstag einem Ermittlungsrichter vorgeführt, der aufgrund der psychischen Erkrankung der 44-Jährigen die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnete.
Lichtenrade: Vater fand schwer verletztes Mädchen
Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler hatte der Vater das Mädchen am späten Mittwochabend schwer verletzt in einer Wohnung an der Groß-Ziethener Straße gefunden. Die Rettungskräfte wurden gegen 21.30 Uhr alarmiert. Das Kind kam in ein Krankenhaus, wo es nach Polizeiangaben trotz sofortiger ärztlicher Versorgung starb.
Nach ersten Angaben der Polizei soll das Mädchen Stichverletzungen aufgewiesen haben. Die Tat soll mit einem mutmaßlichen Familienstreit in Verbindung stehen. Ein Polizeisprecher sagte, die Hintergründe des Geschehens seien Gegenstand der Ermittlungen.
In der Wohnung sicherten Kriminaltechniker Spuren. Die Polizei machte auch keine Angaben dazu, wer den Notruf wählte. In dem Mehrfamilienhaus in der Groß-Ziethener Straße, wo das Kind gefunden wurde, zeigten sich Nachbarn entsetzt. Sie sprachen von einer bisher unauffälligen Familie, einen Streit will niemand bemerkt haben.
Die Wohnung liegt in unmittelbarer Nähe der Grenze zu Brandenburg im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Das Gebiet um die Groß-Ziethener Straße gilt in Tempelhof Schöneberg als Brennpunkt.
CDU-Politiker fordert Kinderschutzteams in ganzer Stadt
Der Fall löste über die Bezirksgrenzen hinaus Bestürzung aus. Der Jugendstadtrat von Neukölln, Falko Liecke (CDU), forderte die Einführung von Kinderschutzteams in der ganzen Stadt. Diese schnelle Eingreiftruppe des Jugendamtes gibt es in Neukölln und kommt immer dann zum Einsatz, wenn Gefahr im Verzug ist.
Liecke kritisierte, dass der Kinder und Jugendschutz in allen Berliner Bezirken unterschiedlich organisiert sei. „Wir brauchen eine einheitliche Regelung für alle Bezirke“, sagte Liecke auf Nachfrage der Berliner Morgenpost.
In Tempelhof-Schöneberg gibt es solche schnellen Eingreif-Teams nicht, wie ein Sprecher des Bezirksamtes der Berliner Morgenpost bestätigte. Dort gibt es, wie in Neukölln auch, den regionalen Sozialen Dienst des Jugendamtes.
Kinder werden in schweren Fällen der Kindeswohlgefährdung in Obhut genommen
Würden Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung vorliegen und die Lage sei akut, dann würde in Neukölln das Kinderschutzteam ausrücken. „Die ausgebildeten Sozialarbeiter sind auch immer zu zweit unterwegs“, sagte Liecke.
In schweren Fällen der Kindeswohlgefährdung würde man die Kinder auch in Obhut nehmen. „Das muss dann ein Gericht bestätigen“, so Liecke weiter. Erst danach würde entschieden, ob Kinder in eine Pflegefamilie oder in ein Heim kommen würden. Das sei allerdings die allerletzte Lösung. „Das ist oft ein ganz schmaler Grat“, sagte Liecke weiter.
In Berlin gibt es unter 61 00 66 eine zentrale Kinderschutzhotline, die sieben Tage die Woche und 24 Stunden erreichbar ist. Die Hotline arbeitet mehrsprachig und auf Wunsch auch anonym.
Zusätzlich zu dem zentralen Dienst hat jeder Bezirk auch einen eigenen telefonischen Notdienst. Diese Krisendienste der Jugendämter sind von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr unter der jeweiligen Bezirksvorwahl und der 5555 erreichbar.
Psychologin rät zu mehr Achtsamkeit
Denn damit die Jugendämter überhaupt aktiv werden können, brauchen sie auch einen Hinweis. Die Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charité, Isabella Heuser-Collier, sagte der Berliner Morgenpost: „Wenn wir beobachten, dass es einem Menschen schlecht geht, dann sollten wir ihn ansprechen. Wenn ein Kind geschlagen oder misshandelt wird, sollte man die Behörden informieren“.
Heuser Collier plädiert für mehr Achtsamkeit im Umgang miteinander. „Wir gucken generell zu viel weg. Wir müssen empathischer und achtsamer miteinander umgehen und eingreifen, wenn es jemandem schlecht geht“, sagte sie.
(mit dpa)