Berlin. Es war ein stilles Gedenken, zu dem sich mehr als 200 Menschen auf dem tristen Parkplatz eines Discounters an der Stahlheimer Straße am späten Montagnachmittag einfanden.
Betroffen und sprachlos legten Männer, Frauen und ganze Familien Blumen ab und zündeten Dutzende Kerzen an. Die trauernden Union-Anhänger legten Schals, Mützen und Fahnen in Rot-Weiß unter dem Baum nieder, wo einer ihrer Anhänger am Wochenende durch eine brutale Attacke ums Leben gekommen war. „Das braucht niemand und versteht auch keiner“, sagte ein Union-Fan der Berliner Morgenpost.
Am Rande des Parkplatzes entstand ein kleines Mahnmal
Am Rande des Parkplatzes, in Hörweite der Ringbahntrasse, entstand so in kurzer Zeit ein kleines Mahnmal – dort, wo am Wochenende der 19 Jahre alte Union-Fan Karl S. niedergestochen worden war. Der Täter ist noch immer auf der Flucht. Eine Polizeisprecherin sagte der Berliner Morgenpost am Dienstagmittag, dass bislang bei der Behörde 22 Hinweise auf den Tatverdächtigen eingegangen seien.
Der 19-Jährige wurde bei der Attacke so schwer verletzt, dass er notoperiert werden musste. In der Nacht zu Sonntag erlag er aber seinen Verletzungen. Eine Mordkommission ermittelt. Ob es sich bei der Tatwaffe um ein Messer oder um eine andere Stichwaffe handelt, ist laut Polizei unklar.
Angreifer soll Karl S. und Begleiter als "Schwuchteln" bezeichnet haben
Nach Angaben der Polizei soll sich ein unbekannter Mann Karl S. am Sonntagnachmittag auf dem Parkplatz genähert und ihm mindestens eine Stichverletzung zugefügt haben. Der genaue Verlauf der Tat ist noch unklar.
Berichte, wonach die Vereinszugehörigkeit von Karl S. etwas mit dem Tod zu tun haben könnte, wollte die Polizei nicht bestätigen. Ebenso nicht bestätigt hätte sich bislang ein homophober Hintergrund der Tat.
Darunter war das Tötungsdelikt zunächst polizeiintern geführt worden, weil der Angreifer Karl S. und seinen 15-jährigen Begleiter unter anderem als „Schwuchteln“ bezeichnet haben soll, bevor er Karl S. mit Fäusten schlug und ihm ein Messer in den Rücken rammte und flüchtete.
Union sagt alle Veranstaltungen für diese Woche ab
Der Fußball-Zweitligist 1. FC Union Berlin zeigte sich entsetzt von der Tat, die sich wenige Stunden nach dem Heimspiel gegen den SV Sandhausen ereignete. „Wir sind schockiert und fassungslos über den tragischen Tod dieses jungen Menschen“, erklärt Union-Präsident Dirk Zingler am Montag auf der Homepage der Vereinsseite. „Angesichts einer solchen Tragödie teilen wir Unioner die Trauer und den Schmerz der Angehörigen. Der Familie des Opfers wünschen wir viel Kraft in diesen schweren Stunden und werden versuchen ihr zu helfen, die Last dieses Unglücks zu tragen“, so Zingler weiter.
Die Vereinsführung kündigte zudem an, dass man aus Respekt gegenüber den Angehörigen alle Veranstaltungen des Vereins in dieser Woche abgesagt hat, darunter auch das Fantreffen diesen Dienstag und der Neujahrsempfang am kommenden Donnerstag.
Freunde sammeln Spenden für die Beerdigung
Das Opfer trug zum Tatzeitpunkt ein Union-Trikot. Ob die Tat allerdings im Zusammenhang damit steht, dass der 19-Jährige als Unioner erkennbar war, ist unklar. Entsprechende Berichte wollte die Polizei auf Nachfrage nicht bestätigen. Auch bei den Union-Fans am Unglücksort und bei Freunden von Karl S. war der mögliche Tathergang ein Gesprächsthema.
Die Ermittlungen stehen noch am Anfang, hieß es. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Tatverdächtige zeitnah gefasst wird. Die Täterbeschreibung ist gut und detailliert. Außerdem geschah die Tat am späten Nachmittag. Mehrere Menschen dürften den Tatverdächtigen samt Hund und weiblicher Begleitung gesehen haben.
Auf der Internetseite Leetchi haben Bekannte des Opfers bereits ein Spendenkonto eingerichtet. Zu dem Aufruf heißt es, dass das Geld der Familie zugutekommen soll. „Schulter an Schulter für Karl“, ist das Schreiben unterzeichnet.
So wird der Täter beschrieben:
- 20 bis 25 Jahre alt
- etwa 170 cm groß und kräftig, eher muskulös
- dunkle kurze Haare
- dunkler Oberlippen-und Kinnbart, Wangen rasiert
- dunkel bzw. schwarz gekleidet
- trug ein schwarzes Basecap
- sprach deutsch ohne Akzent
Er befand sich in Begleitung einer Frau, die mit einer blauen Jacke bekleidet war. Beide hatten zudem einen grauen, kniehohen Hund bei sich. Der Täter entfernte sich mit seiner Begleiterin und dem Hund über die Stahlheimer Straße in Richtung Wichertstraße.
Die Mordkommission fragt:
- Wer hat die Tat auf dem Parkplatz beobachtet und kann Angaben dazu machen?
- Wer kann Angaben zum Täter oder der ihn begleitenden Frau machen?
- Gibt es im Bereich des Tatortes Hundebesitzer, die den beschriebenen Hund kennen und Angaben zu dessen Halter machen können?
- Wer kann Angaben zur Fluchtrichtung des Täters machen?
- Wer kann sonst sachdienliche Angaben machen?
Hinweise nimmt die 1. Mordkommission beim Landeskriminalamt, Keithstraße 30 in 10787 Berlin unter folgender Rufnummer (030) 4664-911111 oder per E-Mail lka111-hinweis@polizei.berlin.de oder jede andere Polizeidienststelle entgegen.