Berlin

Autoschiebereri: Polizist in Clankriminalität verwickelt

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Foto: Polizei Berlin

In mehreren Bundesländern liefen Razzien gegen Autoschieber. Einige der Verdächtigen sollen enge Verbindungen zu Berliner Clans haben.

Mit einer großangelegten Razzia sind Staatsanwaltschaft und Polizei in Berlin am Donnerstag gegen eine international agierende Bande von Autoschiebern vorgegangen. Ab 6 Uhr morgens durchsuchten 300 Beamte, darunter auch Spezialkräfte mehrere Gebäude im gesamten Stadtgebiet. Dabei wurden vier Haftbefehle gegen Verdächtige vollstreckt. Ein ebenfalls unter Verdacht stehender Polizeibeamter war bereits am Tag zuvor am Saatwinkler Damm festgenommen worden. Er hatte sich mit drei mutmaßlichen Autodieben verabredet. Einige der Verdächtigen sollen enge Verbindungen zu in Berlin agierenden Familienclans haben.

Zeitgleich mit der Razzia in Berlin wurden weitere Objekte in Brandenburg und Niedersachsen durchsucht. Auch dabei gab es Festnahmen. Insgesamt schlugen die Fahnder nach Angaben der federführenden Berliner Staatsanwaltschaft an 18 Orten in den drei Bundesländern zu. Wie Martin Steltner, der Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte, erfolgte der Zugriff in enger Abstimmung mit Europol. „Die Durchsuchungen stehen in Zusammenhang mit länderübergreifenden Ermittlungen, die bis nach Frankreich und Algerien reichen“, sagte Steltner.

Dem festgenommenen Polizisten wird vorgeworfen, Kriminelle über polizeiliche Maßnahmen informiert und vor Durchsuchungen gewarnt zu haben. Verdachtsmomente gegen den Beamten gibt es schon seit Jahren, bereits im Frühjahr 2018 wurde er vom Dienst suspendiert. Weitere seither gewonnene Ermittlungserkenntnisse haben den Verdacht gegen ihn soweit erhärtet, dass er jetzt in Untersuchungshaft wanderte.

Bei dem Beamten handelt es sich nach Informationen der Berliner Morgenpost um den 46 Jahre alten Polizeiobermeister Jörg L. Er ist seit 1997 bei der Polizei und gehörte zuletzt einer Brennpunktstreife des Abschnitts 55 (zuständig für die Gegend rund um Karl-Marx-Straße und Hermannstraße) an. Die Berliner Polizei begrüßte am Donnerstag die Festnahme des suspendierten Beamten. Die Ermittlungen zeigten, dass man entschlossen und konsequent gegen „schwarze Schafe“ in den eigenen Reihen vorgehe, verbreitete die Behörde über den Social-Media-Kanal Twitter.

Ermittlungen gegen 23 Tatverdächtige

Der Pressesprecher der Gewerkschaft der Polizei, Benjamin Jendro, erklärte: „Die Maßnahmen heute haben uns ebenso wenig überrascht wie die Festnahme eines Berliner Kollegen. Die Verdachtsmomente kamen nicht aus heiterem Himmel, weshalb für den betroffenen Beamten bereits seit Frühjahr 2018 ein Verbot der Dienstausübung angeordnet wurde. Ob er als Polizist zurückkehren darf, muss ein Gericht entscheiden. Da das nicht selten Jahre dauert, besteht eben auch die Gefahr, dass schwarze Schafe, von denen man sich trennen möchte, noch weitere Straftaten begehen und so ein negatives Licht auf alle Kolleginnen und Kollegen werfen, die ihrer Berufung mit ehrlichem Engagement nachgehen. Wenn sich die Vorwürfe schlussendlich bewahrheiten, kann es nur eine Option geben. In den Reihen der Berliner Polizei ist kein Platz für Straftäter, das muss mit aller Konsequenz umgesetzt werden."

In Berlin wurden vor allem Wohnungen von Tatverdächtigen durchsucht. Dabei stellten die Beamten diverse Beweismittel fest, darunter acht Autos, ein Motorrad, diverse Datenträger und Spezialwerkzeuge zum Aufbruch von Fahrzeugen sowie Bargeld und Drogen. In Brandenburg rückten die Einsatzkräfte auch in abgelegenen Lagerhallen an, wo gestohlene Fahrzeuge für den Transport ins Ausland präpariert worden sein sollen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen insgesamt 23 Tatverdächtige unterschiedlicher Nationalität. Es geht um den Verdacht des gewerbs- und bandenmäßigen Diebstahls, Hehlerei, Betrug, Urkundenfälschung, Verstoß gegen das Waffengesetz sowie Bestechung und Bestechlichkeit. Die Ermittlungen erstreckten sich auf das gesamte Bundesgebiet, Frankreich, Belgien, Schweden, die Niederlande, Italien, Österreich, Polen, Litauen und Algerien.

Update: In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen, der Beamte sei bereits seit September 2016 supendiert. Wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte, ist der Beamte allerdings erst seit Frühjahr 2018 suspendiert.

( hhn/ad )