Berlin. Die Villa Liebermann, das mittlerweile zum Museum umfunktionierte Sommerhaus des Malers Max Liebermann am Wannsee, ist Ella Endlichs Seelenort. Im Juni feierte sie auf dem ausladenden Seegrundstück ihren 33. Geburtstag, und hier empfängt sie auch die Berliner Morgenpost: So privat wie ihr neues Album ist, sollen auch die Gespräche mit den Journalisten sein. Denn Endlich will sich mit dem Album „Im Vertrauen“ als Künstlerin offenbaren.
Seitdem sie 14 Jahre alt ist, haben andere ihren idealtypischen Körper kostümiert und ihre facettenreiche Stimme für die verschiedensten Rollen engagiert. In den 90ern sang sie als Teeniestar unter dem Namen Junia von Sommerpartys mit süßen Jungs. Dann war die ausgebildete Musical- und Theaterdarstellerin als Sandy aus Grease, Satin aus Moulin Rouge oder als Arielle, die kleine Meerjungfrau, zu sehen. Seitdem ihre deutschsprachige Interpretation zur Filmmusik von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, „Küss mich, halt mich, lieb mich“, zu Weihnachten 2009 zum Kassenerfolg wurde, ist ihr klangvoller Name auch für Schlagerfans ein Begriff.
Vom Märchenstil zum Tagebuch
Sie hat alle Kapitel ihrer 20-jährigen Karriere mit Leidenschaft geschrieben, jetzt aber ist es für Ella Endlich Zeit, die Co-Autoren wegzulassen und vom Märchenstil zum Tagebuch zu wechseln. „Ich habe auf niemanden gehört, der mir marktorientierte Lieder empfehlen wollte. Stattdessen lasse ich meine Seele sprechen“, sagt sie. Im ersten Lied des Albums, das passenderweise „Geschichten“ heißt, erwähnt die gebürtige Weimarerin, wie sie 1989 mit ihrer Mutter über die ungarische Grenze in den Westen flüchtete. Darauf angesprochen, warum sie zuvor noch nie so eingehend darüber geredet hat, sagt sie: „Weil mich keiner gefragt hat!“
Gut vorstellbar, dass Ella Endlich in der Vergangenheit häufig als Schlagerbarbie wahrgenommen wurde, der echte Abenteuer eher weniger zugetraut wurde. Als Tochter des Musikproduzent Norbert Endlich, der bereits 1987 ein One-Way-Ticket in die Bundesrepublik genommen hatte, später mit Roland Kaiser oder Inka Bause arbeitete und mittlerweile mit Carmen Nebel liiert ist, sahen viele ihren Erfolg als Geburtsprivileg an. Dass sich eine Karriere über zwei Dekaden hinweg nicht ohne Opferbereitschaft und Einsamkeit halten lässt, sollte aber auch klar sein. Kein Wunder, dass Endlich trotz ihrer attraktiven Jugendlichkeit und ihrer fröhlichen Art auch durchscheinen lassen kann, dass sie nicht nur Heile-Welt-Songs singen kann.
Im letzten Jahr viel erlebt
Vor allem im vergangen Jahr hat sie recht viel erlebt: Sie trennte sich von ihrem Freund, fuhr dann trotzdem mit ihm und ihrem Vater nach Skandinavien, saß zwischendrin noch in der „Deutschland sucht den Superstar“-Jury und gründete ein eigenes Musiklabel. Der Grund für diesen Schritt? „Ich wollte endlich die Kraft aufbringen, über alles in meinem Leben selber zu entscheiden. Nun bin ich zum allerersten Mal Chefin – und muss auch die Verantwortung selbst tragen.“ Zu ihrem Team gehört zum Beispiel ein 20-jähriger Nachwuchsregisseur. Der junge Mann sitzt im Rollstuhl und ist durch die Glasknochenkrankheit stark eingeschränkt. Sein großer Traum vom Filmemachen bewegte Endlich.
Wenn sie jetzt in Eigenregie die unendlichen Möglichkeiten des Lebens beim Schopf packen darf, dann möchte sie auch anderen die Chance dazu geben. Deshalb engagierte sie ihn für das Musikvideo zu „Geschichten“, das eine gemischte Gruppe von Menschen abbildet, die biografische Herausforderungen zu meistern hatten und stärker daraus hervorgegangen sind. Auch als Schirmherrin für die Stiftung „Fairplay“ liegt ihr menschliche Vielfalt am Herzen. Eine Gesellschaft aus Gewinnern findet sie langweilig.
Ella Endlich ist übrigens sehr witzig. Sie erzählt zum Beispiel Anekdoten davon, wie sie mit ihrem besten Kumpel und Kreuzberger WG-Mitbewohner, der abends gerne als Dragqueen auftrat, durch die queeren Clubs der Stadt zog. Auch als sie gefragt wird, ob sie Single sei, weil die Liebe ja Kraft und Zeit kostet und Knutschen keine Platten verkauft, scherzt sie: „Manchmal schon!“ Und lacht herzlich. Von Luft und Liebe lebt sie momentan höchstens für einen Kurzurlaub am Strand. Ansonsten sammelt sie Kraft beim Kajakfahren auf dem Wannsee oder bei Spritztouren mit ihrem VW Käfer. Denn jetzt, wo sie damit losgelegt hat, ihre Geschichten zu erzählen, will sie so schnell nicht mehr aufhören. Und wir hören gerne zu.
Barbara Schöneberger: „Ich google mich schon ganz gerne“
Man kann auch ohne Alkohol Spaß haben ...