Berlin. Zur Eröffnung der Grünen Woche gibt es einen Politiker-Rundgang. Beim Wein wurde aber nur noch genippt.

Der gemeine Finne lebt unter Bäumen. Er kann kaum anders. Denn Finnland ist das waldreichste Land Europas. Mehr als 70 Prozent der Staatsfläche sind von Bäumen bedeckt. Die Marketingstrategen haben sich deshalb das Motto „Aus der Wildnis“ für die Grüne Woche ausgedacht, Finnland ist bei der Agrar- und Ernährungsmesse in diesem Jahr Partnerland. Am Freitagmorgen ist von dem wilden finnischen Gemüt allerdings noch nichts zu sehen. Verständlich, denn es ist erst acht Uhr.

Der Agrarminister des Landes, Jari Leppä, schüttelt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD), Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied und Messe-Chef Christian Göke die Hände. Die Finnen bringen dann eine Girlande aus Nadelholz, Buchenzweigen und Tannenzapfen auf die Bühne. Klöckner, Müller und Co. sollen die Kette durchschneiden, gewissermaßen als Startsignal für den fast vier Stunden dauernden Rundgang, den die Gruppe vor sich hat. Der Auftakt gelingt. Ein Koch bringt Brot auf die Bühne, eine Art finnische Focaccia. „Eine gute Grundlage“, scherzt Messe-Chef Göke, nachdem er den Happen verspeist hat.

Klöckners Vollbad, Müllers Fürsorge

Das Quartett auf dem Eröffnungsrundgang schlemmt sich danach von Stand zu Stand. Für Michael Müller ist das Auftaktprogramm mittlerweile Routine. Für Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ist die Tour in diesem Jahr hingegen eine Premiere: Zehn Monate ist sie mittlerweile im Amt. Das Abklappern der Stände ist für jeden Ressortchef ein Höhepunkt – und eine kleine kulinarische Bewährungsprobe. Müllers Zwischenfazit nach der Hälfte des Weges mit neuer Begleitung: „Man merkt schon, dass ihr das Spaß macht und dass sie da ein Vollbad nimmt.“

Michael Müller trinkt im Pavillon von Österreich Limonade.
Michael Müller trinkt im Pavillon von Österreich Limonade. © dpa | Christoph Soeder

Nach Finnland nimmt Klöckner den Tross zunächst mit zur Ausstellungsfläche ihres eigenen Ministeriums. Über einem Kuh-Modell baumelt eine Drohne, um den Hals trägt das Tier einen großen Sender. „Die Apple-Watch für die Kuh“, sagt Klöckner, um gleich danach wieder ernst zu werden. Digitalisierung im Stall ist in diesem Jahr eines der zentralen Messethemen. Klöckner blickt auf einen Bildschirm. „Tierwohl kann auch mithilfe digitaler Technik gemessen werden“, sagt sie dann und deutet auf den leuchtenden Balken, der auf dem Gerät zu sehen ist. Mit Technik ist auch bei Bienen viel möglich. Mit fünf Gramm schweren Chips, die auf den Insektenkörpern angebracht werden, könnten Bewegungsprofile erstellt werden, erklärt Klöckner. „Die Biene ist systemrelevant. Wenn die Biene ein Problem hat, dann hat die Landwirtschaft ein Problem“, sagt die Ministerin.

Klöckner probiert sich durch

Dann steigt die Kostprobendichte. Am Stand der Ernährungsindustrie probiert die Ministerin proteinreiches Bier, zuckerfreies Porridge und Salami vom Holzstäbchen. Am Holland-Stand greift Michael Müller zu einem Goudawürfel. Im Südtirol-Bereich wählt Berlins Regierungschef einen Rotwein, Klöckner greift zum Weißen. „Ich war mal Chefredakteurin einer Wein-Fachzeitschrift“, sagt sie zu einem Mitglied der Südtiroler Delegation. Klöckner schwenkt dann gekonnt das Glas, nippt und nickt: Offenbar ein ganz guter Tropfen.

Bundesministerin Julia Klöckner nippt am Südtirol-Stand am Weißwein.
Bundesministerin Julia Klöckner nippt am Südtirol-Stand am Weißwein. © dpa | Christoph Soeder

Alpenländisch geht es weiter

Am Schweiz-Stand legt sich Deutschlands oberster Bauer Joachim Rukwied beim Wettrollen mit einem Plastik-Käselaib ins Zeug. Beim anschließenden Verzehren von Wurstspezialitäten reicht Müller Mitarbeitern ein paar Kostproben. „Ihr seht so verhungert aus“, sagt er grinsend.

Später gehen Klöckner und Müller getrennte Wege: Die Landwirtschaftsministerin trifft in Halle 5.2 ihren Kabinettskollegen Gerd Müller (CSU), den Bundesentwicklungsminister. „Hallo Julia“, begrüßt der sie stürmisch. Dann nimmt Müller die Landwirtschaftsministerin mit in einen Kakao-Wald. In seiner Hand hält er jetzt eine Kakao-Frucht und schlägt sie auf. „Das sind die Kakao-Bohnen“, sagt Müller und hält die offene Frucht in die Kameras.

Auch Michael Müller trifft einen alten Bekannten: Dirk Behrendt (Grüne), Senator für Verbraucherschutz, empfängt seinen Chef in der Berlin-Halle. Müller isst Buletten und trinkt Zuckerrohrsaft. Am Stand des Koffein-Kakaos Koawach bekommen Müller und Behrendt eine Kostprobe gereicht. „Für die langen Senatssitzungen“, sagt ein Begleiter. Behrendt dreht sich um und erwidert: „Wenn Sie wüssten, was wir da trinken.“

Rund 10.000 Menschen wollen am Sonnabend in Berlin für mehr Tierwohl und klimaschonenden Ackerbau demonstrieren. Auftakt ist um 12 Uhr mit einer Kundgebung am Brandenburger Tor. Anschließend zieht die Demonstration über die Behrenstraße zum Ort der Agrarministerkonferenz im Auswärtigen Amt. Von dort geht es über Unter den Linden mit einem Bogen um das Brandenburger Tor zur Straße des 17. Juni.

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