Berlin. 21 ukrainische Jugendliche lernen am Kreuzberger Oberstufenzentrum Hans-Böckler-Schule. Was sie sich für ihre Zukunft erhoffen.

Für die 16-jährige Vladyslava ist schon alles klar: Sie will in der Willkommensklasse ihr Deutsch weiter verbessern, dann die Schule wechseln, Abitur machen und Medizin studieren. „Eine Rückkehr in die Ukraine kann ich mir nicht vorstellen“, sagt sie. „Hier habe ich viel bessere Chancen.“ Ganz anders sind die Pläne ihrer Mitschülerin Karyna. Die 20-jährige hat in der Ukraine bereits studiert und will zurück „sobald der Krieg endlich zu Ende ist“. Auch Kyrylo (18), wie so schnell wie möglich zurück in seine Heimat und dort als Übersetzer arbeiten.

An der Kreuzberger Hans-Böckler-Schule, dem Oberstufenzentrum Konstruktionsbautechnik in Berlin, finden die Jugendlichen Unterstützung auf ihrem Weg. Davon überzeugten sich der ukrainische Minister für Bildung und Wissenschaft, Oksen Lisovyi, gemeinsam mit der Berliner Bildungssenatorin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Katharina Günther-Wünsch (CDU), bei einem Ortstermin.

Ausbildung und Schulabschluss

Insgesamt 21 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine lernen zurzeit an der Hans-Böckler-Schule. 19 von ihnen in Willkommensklassen, zwei sind bereits dabei, einen Schulabschluss zu machen. In zwölf Werkstätten – darunter auch die größte Lehrschmiede Europas – erlernen die insgesamt rund 850 Schülerinnen und Schüler der Hans-Böckler-Schule die Metallverarbeitung, können den Mittleren Schulabschluss (MSA) und auch das Fachabitur ablegen.

Für die Schülerinnen und Schüler der Willkommensklassen steht zunächst vor allem Deutsch auf dem Stundenplan, aber auch Englisch und Mathe. „Wir waren 2015 eine der ersten Schulen der beruflichen Bildung, die Willkommensklassen eingerichtet hat“, sagt Schulleiterin Karen Seypt, „mittlerweile verstehen wir uns da ein bisschen als Kompetenzzentrum für Willkommensschüler und -schülerinnen.“ Auch für die duale Ausbildung, die es an ihrer Schule gibt, könne sie nur werben. Theorie und Praxis würden hier optimal verknüpft.

Deutsches System als Vorbild für die Ukraine

Den ukrainischen Bildungsminister Lisovyi muss die Schulleiterin gar nicht mehr mit vielen Argumenten überzeugen. Er habe selbst eine duale Ausbildung im Bereich Keramik durchlaufen und sei von dem Konzept begeistert. „Wir nehmen uns am deutschen dualen Bildungssystem ein Beispiel beim Aufbau unseres Systems der beruflichen Bildung“, sagte er beim Besuch der Schule.

Günther-Wünsch zeigte sich beeindruckt, wie schnell die ukrainischen Schülerinnen und Schüler sich ins Bildungssystem integriert haben. Es sei wichtig, denjenigen, die vor Kriegen und Konflikten fliehen mussten, eine Perspektive und eine Zukunft zu bieten. „Die berufliche Schule, die wir heute besucht haben, ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Bildung und Berufsorientierung dabei eine entscheidende Rolle spielen können“, sagte die Politikerin. Sie ermutige die jungen Menschen nachdrücklich, diese Möglichkeiten zu nutzen und von den Berliner Bildungsangeboten zu profitieren.

Erst Metalltechnik, dann Architektur

Auf einem guten Weg ist hier bereits Daryna aus Kiew. Die 17-Jährige, die vor eineinhalb Jahren nach Deutschland kam, hat die Willkommensklasse bereits erfolgreich absolviert und das Sprachniveau B1 erreicht. Das will sie nun weiter verbessern und dabei ihren MSA erwerben. „Ich bleibe hier an der Schule und möchte dann eine Ausbildung als Fachkraft für Metalltechnik anfangen“, sagt sie. „Mich interessiert das Handwerk.“ Später kann sie sich vorstellen, noch Architektur zu studieren. „Aber hier in Deutschland, nicht in der Ukraine“, sagt sie.