Berlin. Bei der FuTog Berlin werben Arbeitgeber um Geflüchtete. Die Messe präsentiert Erfolgsgeschichten beruflicher Integration – und Hürden.
Der Presserundgang führt am Stand der Krankenpflege Initiative Süd GmbH (KIS) vorbei. Das Gedränge ist groß, die gesprochenen Sprachen sind divers. „Menschen aus anderen Kulturkreisen sind eine Bereicherung“, erklärt Aliasghar Saba, Personalreferent bei dem Krankenpflegedienst am Rande der Jobmesse FuTog Berlin – die Abkürzung steht für Future Together. Das Unternehmen sucht Fachkräfte und will dabei auf den großen Pool an Geflüchteten in der Stadt zurückgreifen.
Es wäre nicht das erste Mal: Drei anerkannte Geflüchtete, die kaum Deutsch sprachen, hätten ein bezahltes Praktikum erhalten, so Saba. Parallel hätten sie einen Deutschkurs absolviert, der von dem Unternehmen finanziert wurde. „Dass Fachkräfte immer perfekt Deutsch sprechen, ist eine Illusion“, ist sich Saba sicher. Die drei Praktikanten seien mittlerweile übernommen worden.
Kiziltepe: Jobmesse hilft bei Integration von Geflüchteten und bei Bewältigung von Fachkräftemangel
Die KIS steht stellvertretend dafür, wie Geflüchteten in den Arbeitsmarkt integriert werden können – das Hauptanliegen der Jobmesse FuTog. Die zwölf Berliner Jobcenter, die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin sowie die Handwerkskammer (HWK) Berlin luden am Mittwoch Geflüchtete in das Ludwig Erhard Haus in Charlottenburg ein, um sich über Job- und Einstiegsmöglichkeiten zu informieren.
Über 90 Unternehmen aus den Branchen Handel, Handwerk, Industrie, Dienstleistung, IT, Sicherheit und Verkehr und Logistik stellten sich vor und warben um die Teilnehmenden aus Ländern wie Afghanistan, Syrien oder der Ukraine.

„Die Jobmesse für Geflüchtete ist der perfekte Ort für ein persönliches Kennenlernen und ein erfolgreiches Matching“, so Berlins Integrations- und Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD). Sie besuchte die Messe am Mittwoch, sprach mit den Unternehmerinnen und Unternehmern und unterstrich die Relevanz dieser Veranstaltung. „Die Jobmesse für Geflüchtete hilft bei der Integration und bei der Bewältigung des Fachkräftemangels.“
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Laut der Bundesagentur für Arbeit sind 9,3 Prozent der knapp 200.000 Arbeitslosen in Berlin Geflüchtete (Stand August 2023). Dem gegenüber stehen fast zwölf Prozent erwerbsfähige Leistungsberechtigte unter den Menschen mit Fluchthintergrund (Stand Mai 2023). Bei den Ukrainerinnen und Ukrainern, die einen niedrigschwelligeren Zugang zum Arbeitsmarkt genießen und gesondert betrachtet werden, sind es rund fünf Prozent Arbeitslose und 6,4 Prozent erwerbsfähige Leistungsberechtigte.
Nur rund elf Prozent der Berliner Unternehmen bilden aus
Angesichts stetig steigender Ankunftszahlen von Geflüchteten, stellt sich die Fragen, wie Menschen, die in diesem Land Schutz suchen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Das Land Berlin hat eine Hotline eingerichtet, bei der sich Geflüchtete darüber informieren können, wie sie ihre Qualifikationen hierzulande anerkennen lassen können. „Diese Beratungsangebote werden im Willkommenszentrum in Berlin auch sehr stark genutzt“, so Kiziltepe.
Gleichzeitig sieht sie die Unternehmen in der Pflicht, tätig zu werden. „Die Unternehmen erkennen jetzt, dass sie mehr für die Fachkräftesicherung machen müssen.“ In Berlin bilden laut der Arbeitssenatorin lediglich elf Prozent der Unternehmen Nachwuchskräfte aus. „Das ist sehr wenig.“ Auf Bundesebene sei es etwa das Doppelte.
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Weiterhin spiele der Spracherwerb eine wichtige Rolle. „Wir haben hier heute gehört, dass viele Betriebe das selbst mittlerweile anbieten.“ Kiziltepe bewertet diese Tendenzen positiv, doch müsse noch mehr von den Unternehmen kommen. „Die Politik allein kann nicht alles lösen.“
Sprachkenntnisse von Geflüchteten: Was Unternehmen dafür tun – und daran kritisieren

Wie Sprachbarrieren auf kreative Weise abgebaut werden können, unterstreicht das Unternehmen Lindner. Begriffe, die für die Arbeit der Feinkostkette relevant sind, würden über Bilder in der Küche gelehrt, erklärte Sven Heuschkel, Personalabteilungsleiter bei Lindner. So werde Stück für Stück der für die Arbeit in der Küche benötigte Wortschatz aufgebaut. Allerdings gelte dies für die Produktion. In anderen Bereichen des Unternehmens, wie dem Verkauf, seien gewisse Sprachkenntnisse unumgänglich.
Auch in anderen Bereichen: „Die Anforderungen in der Berufsschule sind zu hoch“, moniert Claudia Charrabé vom Berliner Betrieb Beton und Rohrbau. „Sie können die Prüfungsfragen teilweise nicht verstehen, geschweige denn die Antworten aufschreiben.“ Gleichzeitig seien bei vielen Geflüchteten die Mathe- oder Physikkenntnisse nicht stark ausgeprägt. Daher hätten mehrere Geflüchtete ihre Ausbildung bereits abgebrochen.
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