Berlin. Die Suche nach einer Bleibe in Berlin ist kurz vor Semesterstart besonders schwierig – und teuer. Die Nebenkosten sind stark gestiegen.
Berlin ist mit fast 200.000 Studierenden der größte deutsche Universitätsstandort und verfügt über insgesamt vier Universitäten, sechs Fachhochschulen und mehr als 30 Privathochschulen. Anfang Oktober werden wieder Zehntausende Erstsemester ihr Studium in der Hauptstadt aufnehmen – wenn sie denn eine für sie bezahlbare Bleibe in der Stadt finden. Doch das wird immer schwieriger, wie der Studentenwohnreport 2023 des Finanzdienstleisters MLP und des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Demnach ist das Angebot bei Studentenwohnungen und WG-Zimmern nicht nur rückläufig – sondern erneut deutlich teurer geworden.
Die Mietpreise haben laut Report in allen 38 untersuchten Hochschulstädten angezogen. Am stärksten in Heidelberg (+8 Prozent), Oldenburg (6,8 Prozent) und Berlin (6,4 Prozent) und zwar sowohl bei kleinen Wohnungen als auch in WG-Zimmern. Damit ist Berlin nunmehr mit einer Nettokaltmiete von durchschnittlich rund 17 Euro je Quadratmeter nach München (22 Euro) die zweitteuerste Stadt. Für kleinere Wohnungen unter 40 Quadratmeter werden in Berlin sogar 18 Euro (München: 25 Euro) aufgerufen.
Zur Kaltmiete kommen hohe Nebenkosten
Umgerechnet auf eine 40 Quadratmeter große Musterwohnung werden demnach in Berlin eine Nettokaltmiete von 684 Euro verlangt, für 30 Quadratmeter 539 Euro und für 20 Quadratmeter 378 Euro. Für ein 20 Quadratmeter großes WG-Zimmer werden laut Studie durchschnittlich 401 Euro Miete verlangt. Der Studentenwohnreport stützt sich auf Daten der Value AG, die diese aus allen großen und zahlreichen kleineren Wohnungsmarktportalen zusammengetragen hat. Dass WG-Mieten in der Regel deutlich teurer sind als kleine Wohnungen, erklärt sich daraus, dass auch noch Gemeinschaftsflächen hinzugerechnet werden müssen.
„Zu einem echten Kostentreiber für Studentenbuden haben sich die warmen und kalten Nebenkosten entwickelt“, so Michael Voigtländer, Immobilienmarktexperte am IW. Auch hier zeigen sich demnach erhebliche regionale Unterschiede. So sind die Heizkosten in Berlin von Januar 2022 bis Juni 2023 um 52 Prozent auf nunmehr 1,69 Euro je Quadratmeter gestiegen. Auch die kalten Nebenkosten haben zugelegt, um sieben Prozent auf 2,07 Euro. Damit kommen auf die Kaltmiete im Durchschnitt noch einmal 3,76 Euro je Quadratmeter hinzu.
800 Euro für eine 40-Quadratmeter-Musterwohnung
In Berlin zahlen Studenten für die 30 Quadratmeter große Musterwohnung demnach eine Warmmiete von 652 Euro Euro. Wenn angesichts der angespannten Marktlage kein Mikro-Appartement zu finden ist, müssen Studierende auf größere Wohnungen ausweichen: Eine 40-Quadratmeter-Musterwohnung kratzt allerdings mit 797 Euro scharf an der 800 Euro Marke.
Angesichts der stark gestiegenen Preise empfiehlt Voigtländer den Studienanfängerinnen und Studienanfängern, nicht nur zu schauen, welche Studiengänge am jeweiligen Standort angeboten werden – sondern auch, wie sich der Mietenmarkt für studentisches Wohnen gestaltet. Denn in Chemnitz kostet die Muster-Studentenbude mit 30 Quadratmetern lediglich 224 Euro Miete, in Magdeburg 303 Euro und in Leipzig 383 Euro. Auch hier handelt sich um Beträge für Warmmieten, denen neben den reinen Mietkosten Nebenkosten in Höhe von 20 Prozent hinzugerechnet wurden.
Hotel Mama zunehmend beliebt
Wer Eltern in der gewünschten Universitätsstadt hat, kann auch im Hotel Mama wohnen bleiben, so ein weiterer Ratschlag des DW-Experten. Den beherzigen laut jüngsten Umfragen des „CHE Hochschulrankings“in Berlin immerhin schon 32 Prozent aller Studienanfänger. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren mit 22,4 Prozent noch deutlich weniger.
Problematisch sei auch, so Finanzexperte Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender der MLP, sei auch, dass das BAföG, die staatliche Unterstützung von Auszubildenden und Studierenden, in Städten wie Berlin die tatsächlichen Lebenshaltungskosten meist nicht decke. Nach Angaben des Statistische Bundesamtes (Destatis) erhielten BAföG -Empfängerinnen und Empfänger im Jahr 2022 durchschnittlich 592 Euro pro Monat. Dazu komme, dass überhaupt nur rund 17 Prozent der Studierenden BAföG erhalten. „Für den Wirtschaftsstandort Deutschland sind gut qualifizierte junge Menschen enorm wichtig“, so Schroeder-Wildberg. Die Verbesserung der BAföG-Hilfen sei daher unerlässlich, appellierte er an den Bund.
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Nur wenig Entlastung auf dem Markt für studentisches Wohnen bringt angesichts der angespannten Situation das Studierendenwerk Berlin. Es verfügt insgesamt über 9200 Plätze, von denen derzeit keiner frei sei: „Leerstand gibt es lediglich aufgrund von laufenden Sanierungsarbeiten“, so Sprecherin Jana Judisch . Derzeit stehen dort 4763 Bewerber auf der Warteliste. Die Plätze werden zu rund 80 Prozent von Studenten aus dem Ausland genutzt.
In Berlin wohnen nur etwa fünf Prozent der Studenten in einem Studentenwohnheim und damit deutlich weniger als im Bundesdurchschnitt, der bei zehn Prozent liegt, hatte die Wissenschaftsverwaltung im vergangenen Jahr bekannt gegeben.