Berlin. Ob 2036 oder 2040 wieder Olympische Spiele nach Berlin kommen, ist noch unklar. Ob die Bürger mitreden dürfen, auch.

Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) sieht keinen Bedarf für eine Beteiligung der Berlinerinnen und Berliner bei der Frage, ob die Stadt Olympische Spiel austragen soll oder nicht. „Berlin hat 2500 Sportvereine mit mehr als 600.000 Mitgliedern, das ist doch auch eine Beteiligung“, sagte Spranger am Freitag im Sportausschuss. „Die Berlinerinnen und Berliner beteiligen sich sehr gern an sportlichen Großveranstaltungen.“ Gerade erst sei die Begeisterung für solche Events bei den Special-Olympics erneut deutlich geworden.

Im Juni hatte Berlin die Weltspiele beeinträchtigter Sportler veranstaltet und zahlreiche Zuschauer angelockt. „Wenn Sie die Begeisterung gesehen haben, weiß ich nicht, welche Beteiligung sie meinen“, antwortete Spranger auf die Frage, ob die Bevölkerung über die Ausrichtung der Olympischen Spiele mitentscheiden dürfe, sollte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sich mit einer nationalen Bewerbung um die Ausrichtung der Spiele 2036 oder 2040 bemühen.

Berlin will sich an nationaler Bewerbung für Olympische Spiele beteiligen

Gleichzeitig betonte Spranger, dass die Entscheidung darüber nicht beim Land liege. „Ich habe nicht die Entscheidungshoheit“, sagte die Sportsenatorin. Sollte es zu einer Bewerbung kommen, stelle sich die Frage, ob Berlin mitmache. „Selbstverständlich wird sich Berlin beteiligen.“

Der DOSB lotet derzeit die Möglichkeiten für eine neuerliche Olympiabewerbung aus und veranstaltet dazu mehrere Diskussionsforen in ganz Deutschland. Im November soll dazu eine Diskussionsrunde in Berlin stattfinden. Nach den neuen Regularien des Internationalen Sportkomitees (IOC) können künftig nationale Bewerbungen anstelle von Austragungen in einzelnen Städten treten. Denkbar wäre, dass sich Deutschland mit Berlin, München, Augsburg (Wildwasserkanu) und Warnemünde (Segeln) für die Ausrichtung bewirbt. Eine Entscheidung darüber soll im Frühjahr fallen.

Zuletzt zeigte Berlin mit der Austragung der Special Olympic World Games im Juni, dass sich die Stadt für sportliche Großveranstaltungen begeistern kann.
Zuletzt zeigte Berlin mit der Austragung der Special Olympic World Games im Juni, dass sich die Stadt für sportliche Großveranstaltungen begeistern kann. © dpa | Andreas Gora

Grüne und Linke kritisierten die Absage an eine konkrete Befragung der Berliner. „Es braucht einen ergebnisoffenen Prozess mit der Berliner Bevölkerung zur Frage ob und wann Olympische Spiele in Berlin ausgetragen werden sollten“, sagte die sportpolitische Sprecherin der Grünen, Klara Schedlich. „Nur weil Menschen selbst Sport treiben oder zuschauen, ist dies keine automatische Zustimmung zu einem milliardenschweren Riesenevent, ausgetragen vom korrupten IOC.“

Aus Sicht der Linken sind die Aussagen Sprangers bezeichnend. Zwar hätten der DOSB und Berlin stets behauptet, aus den gescheiterten Bewerbungen der vergangenen Jahre gelernt zu haben. „Aber heute erfahren wir, dass die Entscheidung offenbar schon gefallen ist“, sagte der sportpolitische Sprecher der Fraktion Alexander King. „Und Frau Spranger ist der Meinung, wenn sie für Olympische Spiele ist, sind es die Berlinerinnen und Berliner auch.“ Beteiligung hieße für die Sportsenatorin lediglich, dass die Berliner als Volunteers bei der Austragung der Spiele mitmachen könnten. „Das ist sehr ernüchternd.“

LSB: Entscheidung über Beteiligung noch nicht gefallen

Der Berliner Landessportbund (LSB) sieht die Beteiligungsfrage noch nicht entschieden. Derzeit prüfe der DOSB mehrere Beteiligungsformen, sagte LSB-Direktor Friedhard Teuffel. „Es ist noch keine Entscheidung darüber gefallen, in welcher Form die Bevölkerung beteiligt wird.“

Welche Auswirkung eine mögliche Olympiabewerbung auf dringend benötigte Sportanlagen hat, ist ebenso wenig klar. Laut dem aktuellen Investitionsplan des Senats stehen mehrere Großvorhaben auf der Kippe. So sind zwar 97 Millionen Euro für den Neubau des Stadions im Jahn-Sportpark eingeplant, für den 3. Bauabschnitt, die Entwicklung des Parks gibt es jedoch kein Geld.

„Wir hätten uns mehr erhofft“, sagte Teuffel zu den geplanten Mittelkürzungen. Der Jahn-Sportpark sollte eigentlich zu Deutschlands erstem vollkommen inklusiven Sportgelände ausgebaut werden. „Man sollte hier nicht auf halber Strecke stehen bleiben“, appellierte der LSB-Direktor.

Sportsenatorin Spranger kündigte zwar im Ausschuss an, dass „da was kommen wird“, ließ aber offen, was das konkret bedeutet.

Kritik an Kürzungen bei Sportstättenbau

„Hier zeigen sich die sportpolitischen Prioritäten der Koalition: Alles, was groß und prestigeträchtig ist, ist ihnen wichtig, aber für den Schul- und Breitensport, die Menschen dieser Stadt und die Kinder, die mehr Bäder brauchen, um alle Schwimmen lernen zu können, ist dann kein Geld mehr da“, kritisierte Schedlich.

Denn auch die Zukunft des geplanten Schwimmbades in Marzahn-Hellersdorf, dem einzigen Bezirk ohne eigenes Schwimmbad, ist nicht endgültig geklärt. Hier sollen 40 Millionen Euro bereitgestellt werden – allerdings erst ab 2026. Die derzeitige Haushaltslage lässt jedoch befürchten, dass im kommenden Doppelhaushalt 2026/2027 erheblicher Spardruck entsteht und das Schwimmbad dann wieder zur Disposition steht. „Die Koalition sollte den Marzahn-Hellersdorfern keinen Sand in die Augen streuen“, kritisiert Sportexperte King.

Das Kombi-Bad in Pankow wird wohl noch teurer

Auch das Kombi-Bad in Pankow könnte kleiner ausfallen als geplant. Die Kosten für das Bad haben sich bereits in den vergangenen Jahren von 30 Millionen Euro auf 75 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Diese Summe steht auch bereit, allerdings haben die Bäderbetriebe bereits angedeutet, dass es zu weiteren Preissteigerungen kommen könnte, die derzeit nicht abgedeckt sind. Insgesamt bleiben die Bäderbetriebe wegen ihres hohen Investitionsbedarfs ein Sorgenkind der Berliner Politik. Spranger kündigte an, dass geplant ist, Mittel aus dem geplanten Sondervermögen Klimaschutz in die energetische Sanierung der Bäder zu stecken.