Berlin wächst und zieht junge Menschen an. Was macht die Hauptstadt aus? Wir haben junge Berlinerinnen und Berliner gefragt.

Die Hauptstadt im Jahr 2023 ist bunt, jung und vielfältig. Auf den Straßen, an Unis, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch Clubs sieht man zunehmen junge Menschen - und hört Sprachen aus aller Welt. Was auf den ersten Blick zu er kennen ist, bestätigt auch die Statistik. Die zahlenmäßig am stärksten vertretende Altersgruppe in Berlin sind die 30- bis 35-Jährige, wirbt Berlins Standort-Marketingagentur Berlin Partner. Mit mehr als 830.000 ausländischen Einwohnern aus etwa 170 Nationen und einem Altersdurchschnitt der Bevölkerung von 42,4 Jahren sei Berlin eine weltoffene und junge Stadt. Ein Grund für den Zuzug ist neben der Flucht vor Kriegen und Krisen vor allem der Ruf Berlins als offene und preisgünstige Stadt, in der es viele Möglichkeiten gibt, zu studieren und in den Beruf zu starten. Wir haben junge Berlinerinnen und Berliner gefragt, was sie bewegt und weshalb sie in Berlin wohnen.

„In dieser Stadt gibt es immer etwas zu tun“

Elly Cushing studiert Mathematik und wohnt derzeit in Spandau. Sie stammt aus Bayern.
Elly Cushing studiert Mathematik und wohnt derzeit in Spandau. Sie stammt aus Bayern. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Elly Cushing (19), aufgewachsen in Bayern, studiert Mathematik, wohnt derzeit in Spandau: „Die Uni für Mathematik ist hier in Berlin fachlich sehr gut. Darum habe ich mich entschieden hierherzukommen. Außerdem hatte ich auch den Wunsch nach der Großstadt. Berlin ist sehr vielfältig und es gibt immer etwas zu tun.“

„Ich ziehe nur fürs Studium weg aus Berlin“

Norick H. und Yael K. Foto: Sergej Glanze / FUNKE Foto Services
Norick H. und Yael K. Foto: Sergej Glanze / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Yael K. und Norick H. (18) sind beide geboren und aufgewachsen in Berlin. Sie beginnt im Oktober ihr Studium in Luft- und Raumfahrttechnik in München. Er hat im September sein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Bahnhofsmission begonnen. Beide wohnen derzeit noch in Pankow. Yael sagt: „Berlin ist für mich mit einer der besten Städte. Ich ziehe nur fürs Studium weg! Es ist einfach alles auf einmal: Man kann alles leicht erreichen und abends noch mal schnell in eine Bar oder ins Kino, wenn man spontan Lust darauf hat. Immer ist etwas offen.“ Norick: „Und zusätzlich kann man auch immer wieder etwas Neues finden. Alles ist sehr abwechslungsreich. Obwohl ich in Berlin aufgewachsen bin, stoße ich immer wieder auf neue Dinge, die man ausprobieren oder erleben kann. Die Hauptstadt verlassen werde ich wahrscheinlich auch nur, weil ich Yael hinterher ziehen möchte.“

„Was woanders komisch wäre, ist hier normal“

Berlinerin Ada T.  meint: Den Ort, an dem man aufgewachsen ist, müsse man einfach lieben.
Berlinerin Ada T. meint: Den Ort, an dem man aufgewachsen ist, müsse man einfach lieben. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Ada T. (20), geboren und aufgewachsen in Berlin, studiert Biotechnologie und wohnt derzeit im Wedding: „Ich habe das Gefühl, in keiner anderen Stadt laufen die Menschen so authentisch herum wie in Berlin. Man sieht auf der Straße Leute mit Latschen oder im Pyjama. Was in jeder anderen Stadt sehr komisch wäre, ist in Berlin fast normal. Außerdem ist Berlin auch einfach alles, meiner Meinung nach. Es gibt jedes Essen und jede Nationalität. Ich wohne sehr gerne hier. Allerdings glaube ich auch, dass man den Ort irgendwie lieben muss, an dem man aufwächst.“

„Große Vielfalt an Musik, Essen und Leuten“

Leon Schmidt hat eine Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik abgeschlossen und wohnt in Prenzlauer Berg.
Leon Schmidt hat eine Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik abgeschlossen und wohnt in Prenzlauer Berg. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Leon Schmidt (23), geboren und aufgewachsen in Berlin, hat eine Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik abgeschlossen und wohnt derzeit in Prenzlauer Berg: „In Berlin ist alles vertreten und man hat auch alles, was man braucht, um gut zu leben. Es gibt eine große Vielfalt an Musik, Essen und Leuten. Ich bin ja in der Hauptstadt aufgewachsen und finde es sehr gut hier. Darum plane ich auch, in Berlin weiter wohnen zu bleiben – erstmal.“

„München ist sehr konservativ, ich fand Berlin anziehend“

Senta Schlör: „Seit einem Jahr wohne ich jetzt schon hier und bin immer noch von der Stadt begeistert.“
Senta Schlör: „Seit einem Jahr wohne ich jetzt schon hier und bin immer noch von der Stadt begeistert.“ © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Senta Schlör (20), aufgewachsen in München, arbeitet in einer Kita und wohnt derzeit in Friedrichshain: „München ist sehr konservativ. Deswegen fand ich Berlin schon immer anziehend. Meine Schwester wohnt auch hier, ich bin ihr quasi hinterhergezogen. Seit einem Jahr wohne ich jetzt schon hier und bin immer noch von der Stadt begeistert. Die Menschen sind sehr divers und verschieden. Sie kommen von überall aus der Welt, das gefällt mir sehr gut. In Berlin habe ich das Gefühl, dass ich sein kann, wer ich wirklich bin.“

„Nur noch eine Stadt für Leute, die sich selbst feiern“

Louis El-Ghussein (26) sagt: „Früher kamen noch kreative Menschen mit Ideen nach Berlin.“
Louis El-Ghussein (26) sagt: „Früher kamen noch kreative Menschen mit Ideen nach Berlin.“ © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Louis El-Ghussein (26) ist in Freiburg geboren, aber in Berlin aufgewachsen. Er hat ein Studium in Musikproduktion abgeschlossen und ist jetzt Musiker (Künstlername: Lou De Fou), spielt Bass und singt in einer kleinen Band, bestehend aus drei Leuten. Er wohnt derzeit in Prenzlauer Berg: „Meine Freundin und ich sagen immer, dass wir zu spät geboren sind. Berlin in den 80er- und 90er-Jahren wäre sicher sehr cool gewesen. Früher kamen noch kreative Menschen mit Ideen nach Berlin. Doch heutzutage ist es nur noch eine Stadt für Leute, die sich selbst feiern und in ihrer Techno-Bubble leben. Die Leute hier sind sehr unachtsam. Jeder ist in seiner eigenen, kleinen Welt und läuft mit Scheuklappen durch die Stadt. Wenn ich auf den Straßen unterwegs bin, entziehen mir solche Menschen, die mit Kopfhörern und starren Blick an einem vorbei hetzen, Lebensfreude und Energie. Deswegen werde ich in drei Monaten umziehen und Berlin den Rücken kehren.“

„In Bayern ging ohne Führerschein gar nichts“

Nifla Schlecht studiert Mathematik und wohnt derzeit in Spandau.
Nifla Schlecht studiert Mathematik und wohnt derzeit in Spandau. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Nifla Schlecht (20), aufgewachsen in Bayern, studiert Mathematik und wohnt derzeit in Spandau: „Es ist einfach toll, in einer Großstadt zu wohnen! Man kommt überall hin, wo man möchte. In Bayern habe ich in einer ländlichen Gegend gewohnt und ohne Führerschein ging da gar nichts. Zwar besitze ich einen, aber ich finde den öffentlichen Nahverkehr sehr wichtig. Zudem ist es schön, dass es hier mehr als nur drei Mathestudierende in meinem Studiengang gibt.“

„Man ist direkt im Geschehen, ich habe viele Freunde hier“

Mara Schneider kam nach dem Studium aus Wiesbaden nach Berlin.
Mara Schneider kam nach dem Studium aus Wiesbaden nach Berlin. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Mara Schneider (24), aufgewachsen in Wiesbaden, arbeitet zurzeit in einem Klamottenladen und wohnt momentan im Wedding. „Mir gefällt, dass in Berlin immer Leute da sind und auch so viele verschiedene. Man tritt auf die Straße und es ist immer was los. Man ist direkt im Geschehen und umgeben von Menschen oder Geschäften. Es gibt hier sehr viel Diversität und man kann jederzeit etwas machen. Warum ich hierhergekommen bin? Ich habe in Berlin sehr viele Freunde und nach meinem abgeschlossenen Studium wollte ich hier Arbeit finden. Allerdings ist das leider in meiner Branche gar nicht so einfach.“