Berlin. Berlins SPD-Chef stellt die Einführung des 29-Euro-Tickets zum 1. Januar in Aussicht – zur Not auch ohne den VBB. Das kommt nicht gut an.
Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) hat am Mittwoch zurückhaltend auf Äußerungen des Berliner SPD-Chefs Raed Saleh reagiert, wonach das 29-Euro-Ticket in der deutschen Hauptstadt zum 1. Januar eingeführt werden könnte.
„Das 29-Euro-Ticket ist zurzeit eine rein politische Initiative zu der wir uns nicht äußern. Grundsätzlich ist es auch nach wie vor so, und hat sich nicht geändert: alle tariflichen Dinge im ÖPNV für Berlin und Brandenburg müssen vom VBB-Aufsichtsrat beraten und genehmigt werden. Wie Herr Saleh sich das vorstellt, ist bei ihm persönlich zu erfragen“, teilte ein VBB-Sprecher auf Anfrage der Berliner Morgenpost mit.
Ein unbefristetes 29-Euro-Ticket ist Ziel des Senats in Berlin
Ein unbefristetes 29-Euro-Ticket für alle ist ein Ziel des Koalitionsvertrags von CDU und SPD in Berlin. Umstritten ist noch die Ausgestaltung. Derzeit stehen zwei Möglichkeiten zur Diskussion: Entweder rabattiert der Senat das bestehende Deutschlandticket auf eigene Kosten für alle Berliner auf 29 Euro oder die Umweltkarte für Berlin-AB kostet künftig dank Zuschüssen des Landes nur noch diesen Betrag.
SPD-Chef Raed Saleh hatte am Dienstagabend die Diskussion um die Zukunft des günstigen Monatstickets neu befeuert. Der Morgenpost hatte Saleh gesagt, das Ticket komme zum 1. Januar 2024. Noch laufe die Abstimmung mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Sollte der kein grünes Licht geben, werde Berlin das Vorhaben mit der Fortführung des bundesweiten 49-Euro-Tickets verknüpfen.
Saleh: „Niemand will ein solches Ticket am VBB vorbei machen“
Am Mittwoch präzisierte der SPD-Politiker, er sehe die Gespräche beim VBB auf einem guten und konstruktiven Weg. „Ich gehe davon aus, dass sich Berlin und Brandenburg mit dem Verkehrsverbund auf ein Gesamtkonzept einigen. Niemand will ein solches Ticket am VBB vorbei machen“, untermauerte er.
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Gleichzeitig nannte er eine alternative Variante, die aber nicht die Präferenz der SPD sei: „Das wäre das Modell Mecklenburg Vorpommern, wo das Land das bundesweite 49-Euro-Ticket auf 29 Euro herunterrabattiert. Dabei gibt es aber Unsicherheiten, unter anderem weil nicht klar ist, wie es mit dem 49-Euro-Ticket künftig weitergeht und die Länder und der Bund hier noch Klärungsbedarf haben“, so Saleh weiter.
CDU sieht auch Haushaltsrisiken für Berlin
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Johannes Kraft, sagte, mit Blick auf das 29-Euro-Ticket für Berlin sei „noch sehr viel unklar“. Kraft plädierte aber dafür, das Umland miteinzubeziehen. Ansonsten würde es zu noch mehr Pendelverkehr in den Außenbezirken kommen. „Dann fahren viele Brandenburger mit dem Auto zum ersten Berliner Bahnhof, um dann hier mit dem günstigen Ticket weiterzufahren“, so Kraft. Mit Blick auf eine Rabattierung durch das Land Berlin wies auch er auf mögliche Haushaltsrisiken hin. Grundsätzlich sei die Finanzierung des Deutschlandtickets nur für dieses Jahr vollständig geklärt, nicht aber für die kommenden Jahre. „Was ist, wenn der Bund sagt, wir erhöhen auf 69 oder 59 Euro?“, fragte der CDU-Mann.
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Von den Grünen gab es am Mittwoch Kritik an den Äußerungen Salehs. Schwarz-Rot gefährde mit der Ankündigung des SPD-Chefs, im Zweifel auch ohne Abstimmung mit Brandenburg den Berliner Alleingang beim 29-Euro-Ticket zu erzwingen, den Fortbestand des VBB. „Ein länderübergreifendes, einheitliches Tarifsystem ist eine große Errungenschaft, die nicht für die teuren und unnötigen Wahlversprechen der SPD geopfert werden darf“, so die verkehrspolitische Sprecherin Oda Hassepaß. Aus Sicht der AfD würde ein 29-Euro-Ticket nur Sinn ergeben, wenn es mit dem VBB abgestimmt als Metropolenticket auch das Umland, also den Tarifbereich C, einschlösse. Alles andere sei nachgeholte Wahlkampf und Partei-Symbolpolitik.
VBB-Aufsichtsrat wird wohl Ende September entscheiden
Erwartet wird eine Entscheidung zum 29-Euro-Ticket auf der nächsten Aufsichtsratssitzung des VBB, die turnusmäßig für den 28. September geplant ist. Berlins Verkehrsverwaltung und das Verkehrsministerium in Brandenburg wollten am Mittwoch den Stand der Gespräche darüber nicht kommentieren.