Berlin. Viele Hotels in Berlin wollen Energie und Ressourcen sparen. Doch das hat Grenzen. Auch, weil Gäste gute Vorsätze zu Hause lassen.

Tina Brack (55) ist Chefin eines der besten Häuser am Platz in Berlin-Mitte unweit des Gendarmenmarkts. Und wie es sich für die Direktorin eines Hotels wie dem „The Westin Grand Berlin“ gehört, spricht man nicht über Gäste. Doch, weil ihr Nachhaltigkeit ein Anliegen ist, macht Brack in dieser Hinsicht nun mal eine Ausnahme.

Mitunter gebe es Gäste, die so lange duschen, dass das ganze Zimmer voller Wasserdampf sei. Zuhause mache man so etwas doch auch nicht, moniert sie.

Nachhaltigkeit im Hotel: Gäste vergessen gute Vorsätze mitunter zu Hause

Eigentlich wüssten doch alle, wie wichtig, es sei Wasser oder Energie zu sparen. In den eigenen vier Wänden mache man ja schließlich auch mal die Heizung aus. „Es kommt durchaus vor, dass der Hotelgast nicht so sehr darauf achtet – und das finde ich wirklich schade“, erzählt die Westin-Direktorin.

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Das Haus, 1987 eröffnet, hat sich selbst hohe Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Seit Mai ist das Hotel mit dem „GreenSign“-Label zertifiziert. Einige Tausende Euro hat das gekostet. „Jetzt wissen wir, wo wir stehen und können gezielt daran arbeiten, uns Schritt für Schritt zu verbessern“, so Brack.

„The Westin Grand Berlin“: Noch gibt es viel zu tun in Sachen Nachhaltigkeit

Luft nach oben besteht dem Zertifizierungsergebnis zufolge schon: In Level 3 von 5 wurde das Westin eingruppiert. „In nahezu allen Hotelbereichen wird das Nachhaltigkeits- konzept umgesetzt und gelebt“, heißt es dazu auf der Internetseite des Zertifizierungsanbieters. Die Nachhaltigkeit sei vorbildlich. „Hervorragend“ (Level 4), ist das Westin aber noch nicht und ein „Nachhaltigkeitsprofi“ (Level 5) auch nicht.

Noch kein Nachhaltigkeitsprofi: Das „The Westin Grand Berlin“-Hotel an der Behrensstraße.
Noch kein Nachhaltigkeitsprofi: Das „The Westin Grand Berlin“-Hotel an der Behrensstraße. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Aber die 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben sich Mühe. Einige von ihnen haben Anfang des Jahres eine Arbeitsgruppe gebildet, um das Thema Nachhaltigkeit voranzubringen. Brack hatte seit ihrem Dienstbeginn im vergangenen Jahr aber darüber hinaus schon einiges angestoßen. Gäste dürften das in den Zimmern – und auch davor – sofort wahrnehmen.

Nachhaltigkeit: Schlüsselkarten aus Holz, nachfüllbare Shampoo-Spender und eingesammelte Seifenreste

Denn im Westin bekommt man statt einer Plastikkarte nun Holz als Schlüsselkarte zum Öffnen des Zimmers. Innen verzichtet das Haus nunmehr auf die 15-seitige, ausgedruckte Gästemappe. Die Informationen gibt es jetzt vollständig digital – abrufbar mit dem Smartphone über einen QR-Code. Im Bad befinden sich in der Dusche nun ausschließlich große Plastikflaschen, die bald auch nachfüllbar sein sollen. So habe man allein im August 5000 der zuvor kleinen Fläschchen gespart. Übrig geblieben Seife aus dem Bad schickt das Westin an das Start-up reBubble, das aus Seifenresten neue Seifen herstellt.

Anstatt aus Plastik sind die neuen Schlüsselkarten des Hotels aus Holz.
Anstatt aus Plastik sind die neuen Schlüsselkarten des Hotels aus Holz. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Dem Reinigungsteam schreibt das Westin vor, zertifizierte Bio-Reinigungsmittel zu nehmen. Auch die Mengen, die verwendet werden sollen, sind vorgegeben. Gäste können zudem selbst entscheiden, wie nachhaltig sie sein wollen. Einige würden dann auch mal auf eine Zimmerreinigung verzichten. Dass Handtücher nicht jeden Tag getauscht werden müssen, sei bei viele Hotelbesuchern ohnehin bereits angekommen.

Bettwäsche wird per Lkw über die Straße bis nach Polen gefahren

Problematisch in Sachen Nachhaltigkeit ist für das Westin aber die Reinigung der Bettwäsche und Handtücher. Dafür nämlich arbeitet das Haus mit einem externen Dienstleister zusammen, der die Wäscheberge mit Lastwagen nach Polen in eine Großwäscherei bringt. Jeweils 150 Tonnen Bett- und Frotteewäsche seien allein im Jahr 2022 angefallen, so das Hotel. Nachhaltig und CO2-vermeidend ist das sicher nicht. Eine Alternative hat Hotelchefin Brack allerdings nicht in der Hinterhand. Von dem langjährigen Partner, der Wäscherei, wolle man sich nicht trennen. Gästewäsche und Gardinen wasche man aber immerhin hier im Keller des Gebäudes.

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Mit Blick auf das Essen versuche das Westin vor allem regionale Produkte einzukaufen, beteuert Tina Brack. Auch das hat aber Grenzen. Im Wannsee wurden schließlich noch keine Garnelen entdeckt. Das Küchenteam erntet Kräuter und Salat aus dem eigenen Garten. Auf dem Dach produzieren Bienen den Honig für das Frühstücksbuffet. Auch dabei versucht das Westin, neue Wege im Sinne der Nachhaltigkeit zu gehen.

„Sicherlich haben unsere Gäste hohe Ansprüche an die erste Mahlzeit des Tages und können von einem Luxushotel auch kurz vor Frühstücksende ein volles Buffet erwarten. Es ist aber doch klar, dass davon auch viel weggeschmissen werden muss“, sagt sie. Und um weniger entsorgen zu müssen, arbeitet das Westin seit einiger Zeit mit dem Anbieter „Too good, to go“ zusammen. Das Hamburger Unternehmen hat sich vorgenommen, noch genießbare Lebensmittel vor der Entsorgung zu retten. Für ein paar Euro kann man dann kurz vor dem Ende des Frühstücks eine Portion vom Buffet mitnehmen.

Große Teile der Beleuchtung hat das Westin schon auf LED umgerüstet

Um die Energiesparziele nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs und darauf folgenden Diskussion in Deutschland über Versorgungssicherheit zu erreichen, hatte das Westin bereits im vergangenen Jahr Anstrengungen unternommen. So habe man fast 19 Prozent weniger Strom verbraucht, der Wasserverbrauch sank um ein Drittel. Die 400 Zimmer hatte man erst kürzlich renoviert und Lampen auf energiesparende LED-Beleuchtung umgerüstet. Teile der Außenbeleuchtung sind weiterhin aus. Perspektivisch will das Westin den derzeit noch geschlossenen Pool- und Saunabereich über eine eigene Photovoltaikanlage betreiben. Planungen dazu liefen derzeit, versichert Tina Brack.

Geheizt wird mit Fernwärme. Hier ist das Hotel in Sachen Dekarbonisierung vom Anbieter abhängig. Derzeit laufen Gespräche über den Verkauf des Fernwärmenetzes von Vattenfall an das Land Berlin. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) hatte bereits angekündigt, dass sie in der Dekarbonisierung der Infrastruktur einen wichtigen Hebel sieht, um Berlins Klimaziele zu erreichen.